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Hostage - Entführt

Titel: Hostage - Entführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crais Robert
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dass die Farben ganz verblichen – die Polizisten erschienen grau, der Rettungswagen rosa, die Straße blau. Dennis beobachtete, wie der Krankenwagen sich langsam einen Weg durch die Menschen bahnte und verschwand. Da erst fiel ihm ein, dass er doch hätte mitfahren können, wenn er das nur ausgehandelt hätte. Dann hätte er sich den Geldkoffer geschnappt, seine Pistole genommen und sie Smith an den Kopf gesetzt, den Wagen in seine Gewalt gebracht und die Sanitäter gezwungen, ihn über die mexikanische Grenze zu fahren. Warum kamen ihm die besten Ideen immer zu spät?
    Neben ihm tauchte Mars auf und hatte für Dennis den gleichen Blick wie für die Mexikaner auf der Baustelle: Ich durchschau dich; ich weiß, was du denkst; vor mir hast du keine Geheimnisse.
    »Die hätten dich im Rettungswagen sofort umgelegt. Hier zu bleiben ist besser.«
    Dennis sah Mars an und zog Leine. Dass der ihn so leicht durchschaute! Mars begann ihm immer mehr auf die Nerven zu gehen. Dennis setzte sich an Smiths Schreibtisch und legte die Füße hoch.
    »Hier zu bleiben macht mich fertig, Mars. Dir gefällt's vielleicht, aber ich will endlich raus. Ich hab uns etwas Zeit erkauft – jetzt müssen wir eine Lösung finden. Vorschläge?«
    Er sah erst Mars, dann Kevin an, doch beide schwiegen.
    »Na klasse. Wirklich klasse! Wenn einer von euch sich doch noch aufraffen kann – nur zu!«
    Dennis wandte sich an das Mädchen und spreizte die Hände.
    »Gut – dein Alter ist draußen. Zufrieden?«
    Jennifer runzelte nur die Stirn und schwieg.
    »Ich hab einen Riesenhunger. Geh in die Küche und mach was Neues. Aber wirf es diesmal nicht auf den Boden. Und koch Kaffee, starken Kaffee. Wir bleiben die ganze Nacht auf.«
    Mars brachte das Mädchen in die Küche zurück.
    Als sie gegangen waren, merkte Dennis, dass Kevin ihn anstarrte.
    »Was ist denn?«
    »Wir kommen hier nicht raus.«
    »Hör endlich auf – bitte!«
    »Mars und mir ist das Geld egal. Du willst nicht drauf verzichten – darum sitzen wir noch hier. Wir können nicht mit dem Geld fliehen, Dennis. Wir sind umstellt. Wir sind im Fernsehen. Wir sind erledigt.«
    Dennis kam so schnell aus dem Stuhl hoch, dass Kevin einen Satz zurück machte. Diese ewige Schwarzmalerei von Kevin und Mars – Dennis hatte die Schnauze gestrichen voll davon.
    »Wir sind erledigt, solange uns kein Ausweg einfällt, du Blödmann. Aber wenn wir einen finden, sind wir reich.«
    Dennis umrundete den Schreibtisch und ging ins Herrenzimmer. Dort roch es stark nach dem Benzin, das im Flur stand, aber Dennis wollte einen Schluck trinken. Und er wollte im Herrenzimmer sein. Da gefiel es ihm am besten. Die dunkle Holztäfelung und die vornehme Ledergarnitur ließen ihn sich reich fühlen. Als wäre er in der Lobby eines feinen Hotels. Und die Bar war herrlich – getriebenes Kupfer, das hell glänzte und aussah, als sei es tausend Jahre alt; darüber Hängeschränke mit Milchglasscheiben; und Edelstahlarmaturen, die im Deckenlicht funkelten. Dennis entschied sich für einen teuren Wodka, nahm Eis aus dem Kühlschrank unterm Tresen und ein Glas aus dem Rauchglasregal. Er schenkte sich einen Kurzen ein, kam hinter der Theke vor, um sich an die Bar zu setzen, zog einen 100-Dollar-Schein aus dem Geldbündel in seiner Tasche und warf ihn auf den Tresen.
    »Der Rest ist für Sie.«
    Dennis kippte den Wodka fast auf einen Zug. Wie herrlich der den Rachen putzte! Wie schnell der in den Kopf stieg! Er schenkte sich gleich nach. Der klare, kalte Schnaps brannte in seiner Nase und trieb ihm das Wasser in die Augen. Er rieb sich die Lider, konnte die Tränen aber nicht aufhalten.
    Dennis, Kevin und ihre Mutter Flo Rooney lebten in einer Ein-Zimmer-Wohnung über einer Tankstelle. Dennis war elf, Kevin neun. Wie alt seine Mutter war, wusste er damals so wenig wie heute. Der Vater – ein Kiffer namens Frank Rooney – war schon lange verschwunden. Er war Elektriker und zahlte keinen Unterhalt. Aber sie waren ohnehin nicht verheiratet gewesen, sondern hatten einfach zusammengelebt.
    Dennis schob Kevin Richtung Schlafzimmer. Kevin mit den Kulleraugen – als würden sie ihm gleich aus dem Kopf springen. Er wehrte sich und wollte zurück, denn er hatte Angst. Sie sollten eigentlich schlafen. Alles war dunkel.
    »Sie treiben's.«
    »Nein. Hör auf damit.«
    »Bist du taub? Die treiben's miteinander. Gehen wir doch mal gucken.«
    Sie hatten in so vielen Wohnungen gelebt, dass Dennis sie nicht mehr auseinander halten

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