Hostage - Entführt
Job hatte er bestimmt nur bekommen, weil er jedem Lover vorgesäuselt hatte, er wäre auf die Universität von Südkalifornien gegangen. Ein schwuler Schleimer war das, garantiert, aber das behielt Seymore für sich. Die Journalistenmeute jammerte schon den ganzen Abend, dass es keine Klos gab, und die Bullen versprachen ständig, der Toilettenwagen käme gleich. Aber bis jetzt: Fehlanzeige.
Seymore fragte den Schönling, ob er hinterm Ü-Wagen eine Runde schiffen durfte.
Der lachte. »Klar, aber pass auf – da hocken zwanzig Vollmatrosen.«
Stockschwul, dachte Seymore. Trinkt Likörchen bestimmt mit abgespreiztem Finger.
Hinterm Ü-Wagen, wo ihn niemand sehen konnte, gönnte Seymore sich zwei Löffelchen Koks. Ein kühler Windstoß fuhr ihm durchs Hirn, und seine Augen begannen zu glühen – das Zeug würde ihn fit halten. Es war bald Mitternacht, und allen steckte der lange Tag in den Knochen. Seymore bemerkte, dass die scharfe Asiatin mit dem heißen Hintern sich noch immer in ihrem Wagen rumdrückte, und fragte sich, ob er ihr mit seinem leckeren Pulver einen Besuch abstatten sollte.
Als er wieder hinterm Ü-Wagen hervorkam, sah er, dass der Channel-Eight-Reporter mit Regisseur und Kameramann sprach; Letzterer hatte wahre Muskelpakete an den Armen. Die drei sahen aufgeregt aus.
Seymore sagte: »Danke, Kumpel.«
»Schon gehört? Sie kriegen eine Geisel frei.«
Seymore hielt an.
»Wirklich?«
»Den Vater, glaube ich. Er ist verletzt.«
Als eine Sirene ertönte, war ihnen klar: Das ist der Krankenwagen. Alle Kameraleute auf dem Parkplatz hetzten zur Straße und hofften auf ein paar Bilder, doch der Rettungswagen nahm einen anderen Weg.
Als der Sirenenton leiser und tiefer wurde, klingelte Seymores Handy. Er ging ans Telefon und entfernte sich dabei von den anderen. Zwar sprach er leise, doch seinen Ärger konnte er nicht verbergen. Er wusste, wer anrief, und legte gleich los.
»Warum hör ich das erst von einem Reporter? Dieser Smith wird freigelassen, und ich erfahr als Letzter davon!«
»Glaubst du, ich kann jederzeit telefonieren? Ich misch hier ganz vorne mit – ich muss vorsichtig sein.«
»Schon gut. Also – hat er was gesagt? Ich hab gehört, er ist verletzt.«
»Ich weiß es nicht. Ich konnte nicht nah genug rankommen.«
»Hat er die Disketten? Vielleicht hat er ja die Disketten dabei?«
»Keine Ahnung.«
Seymore merkte, dass er die Beherrschung verlor. Solche Schlafmützen konnten ihn den Kopf kosten.
»Wenn jemand das wissen muss, dann du! Wofür bezahlen wir dich denn?«
»Sie bringen ihn ins Canyon Country Hospital. Und jetzt leck mich am Arsch.«
Aufgelegt.
Seymore hatte nicht die Zeit, sich darüber aufzuregen. Er rief Glen Howell an.
DRITTER TEIL
Der Kopf
17
Freitag, 23:36
Pearblossom, Kalifornien
Mikkelson und Dreyer
Es war spät, als Mikkelson und Dreyer Krupcheks Wohnwagen ausfindig gemacht hatten. Neun Meter lang und sehr heruntergekommen, wartete er auf die beiden Polizisten am Ende einer befestigten Straße in Pearblossom, einem von Obstplantagen umgebenen, überwiegend von Tagelöhnern bewohnten Dorf, das im sanft welligen Talgrund des Antelope Valley lag. Dass der Wohnwagen auf sie warte, war Mikkelsons Eindruck, als er nach langer Suche endlich breit, flach und verstaubt vor ihnen lag – wie eine Eidechse, die in der Wüste auf Insekten lauert.
Dreyer richtete den Scheinwerfer an der Beifahrerseite auf den Wohnwagen, unter dessen Staubschicht sich eine verblichene blaue, schon rostfleckige Lackierung zeigte.
Dreyer, der von Natur aus eher vorsichtig war, fragte: »Sollten wir nicht auf Nachricht aus Palmdale warten?«
Mikkelson war darauf aus, möglichst schnell in den Wohnwagen zu kommen, und meinte: »Warum haben wir uns denn die Mühe gemacht, einen Durchsuchungsbefehl zu beantragen? Doch nicht, um jetzt Däumchen zu drehen. Lass das Licht an.«
Die Straße zu Krupcheks Wohnwagen führte durch einen Hohlweg zwischen zwei flachen Hügeln. Hier draußen gab es weder Straßenbeleuchtung noch Kabelfernsehen. Nichts außer Strom und Telefon. Wenn die Sonne unterging, herrschte tiefe Nacht.
Mikkelson – groß und durchtrainiert – stieg als Erste aus. Sie hatte am Steuer gesessen, weil ihr bei Dreyers Fahrkünsten immer schlecht wurde. Der kleine, vierschrötige Dreyer schloss zu ihr auf. Unter ihren Sohlen knirschte Schotter. Nun standen sie mit ihren Taschenlampen da, musterten den Wohnwagen und waren ein bisschen nervös.
»Ob jemand zu
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