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Hostage - Entführt

Titel: Hostage - Entführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crais Robert
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Bündeln geschnürt und an den Küchenwänden, auf dem Tresen und in den Schränken zu schwankenden Türmen aufeinander geschichtet. Jede Schachtel war auf die gleiche Weise beschädigt: Dem strahlend seine Milchzähne zeigenden Kleinkind war mit der Zigarette ein kohlschwarzer Fleck auf die Nasenspitze gebrannt. Später verstanden sie auch, warum.
    Dreyer, dem der Anblick nicht so unheimlich war wie Mikkelson, versuchte es mit einer launigen Bemerkung.
    »Ob er dafür eine Treueprämie bekommen hat?«
    »Zieh die Handschuhe an.«
    »Was?«
    »Die Handschuhe. Hier müssen wir vorsichtig sein.«
    »Das ist doch nur Zwieback.«
    »Jetzt zieh die Handschuhe an.«
    »Meinst du, er hat die alle gegessen?«
    »Was?«
    »Die ganzen Zwiebacks? Meinst du, der isst Zwieback? Vielleicht hat er die Schachteln irgendwo abgestaubt. Da sind bestimmt Treuepunkte drauf – dreißig Bons, und man bekommt eine Cornflakes-Schüssel oder so.«
    Der Caravan bestand aus drei Abteilen – rechts die Küche, in der Mitte das Wohnzimmer, wo sie reingekommen waren, links das Schlafzimmer. Alle waren bis zum Anschlag voll gestopft und mit Anzeigenblättern, Hamburger-Schachteln, schmutzigen Klamotten und leeren Bierdosen zugemüllt. In der kleinen Küche befanden sich ein winziges Spülbecken, ein Elektroherd und ein schmaler Kühlschrank.
    Mikkelson ging auf Dreyers Spekulationen nicht ein, sondern wandte sich nach links zum Schlafzimmer und streifte sich dabei die Handschuhe aus Vinyl über. Sie fragte sich, woher der Geruch kam. An der Tür blieb sie stehen, leuchtete mit der Taschenlampe aufs Bett und sah fleckige Laken zerknittert auf der Matratze liegen. Und auf dem Boden Zeitungen und Klamotten. Und Konservengläser.
    »Dreyer – ich glaube, wir sollten Bescheid sagen.«
    Der trat hinter Mikkelson und ließ seine Taschenlampe durchs Zimmer schweifen.
    »Auweia – was ist das denn?«, fragte er leise.
    Mikkelson ging ins Zimmer und leuchtete umher. An allen Wänden standen riesige, dickbauchige Gewürzgurkengläser, und zwar in mehreren Reihen übereinander bis zu den Fenstern hoch, die verriegelt waren, damit keine Luft eindrang. In den Gläsern schwammen irgendwelche Tiere in einer gelben Flüssigkeit – in einigen so viele, dass kaum Flüssigkeit drin war.
    »Verdammt – ich glaube, das sind Ratten.«
    »Meine Güte.«
    Mikkelson hockte sich hin, um mehr erkennen zu können. Wegen des Gestanks hätte sie gern eine Gasmaske gehabt.
    »Mann – das sind Eichhörnchen. Der hat das Zimmer voller Eichhörnchen.«
    »Jetzt reicht's – ich sag Bescheid.«
    Dreyer verließ fluchtartig den Wohnwagen und meldete sich über Funk bei der Zentrale.
    Mikkelson ging rückwärts aus dem Schlafzimmer und blieb in der Tür stehen. Was tun? Ihr war klar, dass sie nach Dingen suchen sollte, die Krupcheks Identifizierung ermöglichten. Und nach Telefonnummern von Verwandten. Das konnte Talley am Tatort helfen. Sie ging in die Küche, wo das Telefon stand, und hoffte, dort zu finden, was sie brauchte.
    Doch dann starrte sie auf den Herd. Ihr war durch und durch unheimlich zumute. Sie habe sich einfach nur furchtbar gegruselt, gab sie später zu Protokoll – der Geruch, die Eichhörnchen, die ganzen Schachteln mit Brandflecken. Sie atmete tief ein wie vor einem Kopfsprung vom Dreimeterbrett und öffnete den Herd mit einem Ruck.
    Noch mehr Zwiebackschachteln.
    Mikkelson lachte laut auf – was hatte sie denn sonst erwartet?
    Jetzt, wo die Anspannung weg war, öffnete sie einen Schrank nach dem anderen – überall Stapel des strahlenden Zwieback-Kleinkinds mit der verbrannten Nase. Sie ging wieder zum Telefon, zögerte aber erneut. Unwillkürlich blieb sie vor dem Kühlschrank stehen.
    Dreyer rief: »Kommst du auch raus?«
    »Alles in Ordnung.«
    »Warte lieber hier draußen. Die Sheriffs haben die Spurensicherung losgeschickt.«
    »Dreyer?«
    »Was denn?«
    »Ist dir schon aufgefallen, dass der Kühlschrank wie ein senkrechter Sarg aussieht?«
    »Mensch – kommst du jetzt endlich da raus?«
    Der Kühlschrank ging ganz leicht auf. Er war leer und merkwürdig sauber, verglichen mit dem Dreck im Wohnwagen. Keine Limonadenflaschen, keine Bierdosen, keine Essensreste, nur weiß lackierter Kunststoff, der liebevoll blank gewienert war. Später gab Mikkelson zu Protokoll, der Kühlschrank sei das Sauberste im ganzen Wohnwagen gewesen.
    Das Tiefkühlfach lag hinter einer dünnen Metalltür. Ihre Hand machte sich einfach selbstständig, langte hoch

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