hot directions (German Edition)
versenken, muss ich jetzt telefonieren. Das darf doch wohl nicht wahr sein!
»Hier ist Holger, grüß Dich, Olaf.« Na prima. Mein Chef. Tolle Wurst, ey. Wahrscheinlich hat er gerade seinen Mittagsschlaf zu Ende gebracht und will mich jetzt mal ins Wochenende verabschieden oder so. Ich weiß ja nicht, auf welche schwachsinnigen Ideen der so kommt, wenn er frei hat.
»Mhm?« frage ich ihn salopp. Der soll ruhig merken, dass er stört.
»Sorry, wenn ich störe«, sagt mein Chef. »Aber ich brauche Dich im Länderweg, am Tatort von gestern Abend. Da liegt die nächste Leiche, original die gleiche Art und Weise. Sieht nach nem Serientäter aus.« Ich verdrehe die Augen. Hallo? Ich will Sex haben, und der nächste stirbt? Wird das jetzt zur dauerhaften Einrichtung? Immer, wenn ich Sex habe, gibts irgendwo nen Toten? Mein Gott, wenn das so weitergeht, ist die Frankfurter Schwulenszene bald nicht mehr existent. Da hoff ich mir insgeheim nur, dass wenigstens nur die sterben, die passiv sind oder nichts in der Hose haben. Nennt sich »natürliche Auslese«, sage ich immer. Und umso mehr Kerle bleiben für mich übrig.
»Ist schon gut«, antworte ich meinem Chef.
»Ich bringe den Gerichtsmediziner am besten gleich mit.«
Ich weiche Timos fragendem Blick aus.
»Ein Toter. Gleicher Ort, gleicher Stil. Scheinbar ein Serientäter.« Timo seufzt und nimmt seine Hand aus meinem Hosenbund.
»Okay, erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Nimmst Du mich mit?«
»Klar. Ich will nicht das Risiko eingehen, dass Du mir derweil fortläufst«, grinse ich und bestelle ein Taxi. Den Gedanken, jetzt wieder mit der U-Bahn zurück ins Präsidium zu fahren, dort einen Wagen zu holen, mit diesem zum Tatort und danach wieder zurück zu fahren, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause zu kommen, verwerfe ich ganz schnell. Ich bezweifele, dass heute noch ein Toter im Länderweg gefunden wird, was das Mitnehmen des Dienstwagens zu mir berechtigen würde, da lege ich lieber der Spesenabrechnungsstelle das Geld für ein zweites Taxi heute vor.
Am Länderweg zeigt sich, dass es sich tatsächlich um einen Serientäter handeln muss. Der Tote liegt an genau der gleichen Stelle, hat genau die gleiche Stichwunde in der Brust, und ist ebenso sofort tot gewesen. Alles wie bei Wolfram Meyer. Das heutige Opfer ist genauso schwul, stelle ich mit Kennerblick fest. Mit dem Unterschied, dass sich in dessen schwarzer Hose etwas Mächtiges beult. Das sind gut und gerne 23x7 Zentimeter, sagt mir mein geschultes Auge, und für einen Moment verspüre ich tatsächlich so etwas wie Mitleid mit dem Toten. Wie kann nur so ein Mann einfach so sterben, schnöde dahingemeuchelt von zwanzig Zentimeter Solinger Stahl? Während ich noch über diese Ungerechtigkeit nachdenke, klopft mir der Kollege Brüller von hinten auf die Schulter.
»Genau die gleiche Nummer wie gestern«, erzählt er mir. Als wüsste ich das nicht selber. Erzähl mir mal was neues, Kollege.
»Haben wir sonst noch was?«, frage ich zurück. Kollege Brüller verdreht theatralisch die Augen und reicht mir die Geldbörse des Opfers. Wer von uns beiden ist hier die Tucke? Er oder ich? Ein Blick in das Portemonnaie des Opfers lässt mich den Kopf schütteln. Der hat fast tausend Euro einstecken. Also, ich wär bestimmt nicht so leichtsinnig. Andererseits ist das Geld noch da, was gegen einen Raubmord spricht. Dann noch ein Konzernausweis der Deutschen Bahn auf den Namen Volkmar Butter, 33 Jahre alt. Laut Personalausweis wohnt er in Bornheim. Definitiv schwul, aber auch ihn hab ich noch nie gesehen. Schade eigentlich, ich mag Typen, die ein wenig machohaft wirken. Aber warum bringt irgendjemand einen Journalisten und einen Eisenbahner um? Hatten die beiden ein Verhältnis miteinander?
Kapitel 4
Als die Spurensicherung eintrifft, beschließe ich, für heute endgültig Feierabend zu machen und das Risiko einzugehen, dass noch ein Toter gefunden wird, weil ich Sex mit Timo haben will. Um genau zu sein, ist es mir egal. Wir nehmen uns ein Taxi und fahren - zu Timo. Das ist näher, sagt er. Mir solls egal sein. Wir knutschen im Flur und fummeln auf dem Weg ins Schlafzimmer, als Timo mich zurückhält und auf die Wohnzimmercouch dirigiert.
»Wir haben Zeit, oder?« fragt er. Ich nicke.
»Dann nimm sie Dir«, schlägt Timo vor, schiebt mich ein Stück zurück und mir anschließend seine Zunge zwischen die Lippen. Nanu? Was ist denn jetzt los? Es ist verdammt lange her, dass ich mich das letzte Mal so
Weitere Kostenlose Bücher