Hot Summer
Leute hier wohnten, aber es müssen mindestens zwölf gewesen sein. Die anderen Gäste kannten sich so gut in dem Haus aus, dass sie sich verhielten, als ob sie auch dort wohnten. Sie nahmen sich wie selbstverständlich Essen aus dem Kühlschrank und Alkohol aus der Vorratskammer. Verglichen mit den wilden Partys der Studentenverbindung, an denen ich normalerweise teilnahm, war diese Zusammenkunft wie eine Cocktailparty, bei der die Leute einfach herumsaßen und diskutierten, während im Hintergrund Musik von The Cure und Depeche Mode gespielt wurde. Gitarrenlastige Musik mit schwermütigen Texten, die sich um Liebe, Leidenschaft und das Leben drehten.
Sie schenkten Wein aus, den ich erst ablehnen wollte. Doch um nicht wie ein Streber zu wirken, nahm ich schließlich auch ein Glas. Es fühlte sich schrecklich an und erinnerte mich an früher, als ich dastand und mich an dem zerbrechlich wirkenden Glas festhielt. Darum nippte ich immer wieder am Wein. Mein Glas wurde immer wieder aufgefüllt, bevor es leer war. Ich war schon bald vom Wein beduselt. Statt herumzulärmen, wurde ich immer ruhiger, und so fiel ich nicht auf, während um mich herum die anderen über Schauspielerei und Stückeschreiben redeten.
Ich wusste nichts über das Theater, und als der große, junge Mann mit dem langen dunklen Haar mich frage, ob ich mir Warten auf Godot anschauen wollte, blinzelte ich langsam, bevor ich antwortete.
„Ich weiß es nicht“, war meine Antwort. Es klang klüger, als ich mich fühlte.
Er grinste. Sein Name war Matt. Auch er war Schauspielschüler, und er hatte vor, später irgendwas mit Special Effects zu machen. Er bot an, mir einige der Figuren zu zeigen, die er für ein unabhängiges Filmprojekt bastelte, das er mit ein paar seiner Freunde plante. Er nannte sie seine kleinen Monster, und bis ich die kleinen Figuren sah, die aus Ton und Draht gefertigt waren, dachte ich, er würde über seine Freunde reden.
Wir redeten eine lange Zeit und saßen in seinem dunklen Zimmer, das lediglich von einer Schwarzlichtlampe beleuchtet war. Er hatte mit Samt bedruckte Plakate von Elvis und Einhörnern an die Wand gehängt, die im Schwarzlicht geheimnisvoll in allen Regenbogenfarben schimmerten. Als er sich zu mir herüberlehnte und mich küsste, war ich überrascht. Ich hatte aufgehört, über mich als die Art Mädchen nachzudenken, die Jungs küssen wollten. Und das, obwohl ich auch immer wieder tastende Hände und Aufforderungen zu mehr abwehren musste. Ich hatte ihr Interesse auf das Bier und die Dunkelheit zurückgeführt. Denn wer sollte schon an jemandem interessiert sein, mit dem er bisher nicht ein Wort gesprochen hatte?
Matt hatte Kondome in der Nachttischschublade neben seinem Bett, und ich brachte ihn nicht davon ab, sie zu benutzen, obwohl ich seit meinem ersten Semester am College regelmäßig die Pille nahm. Er zog mich an sich und küsste mich, seine Hände glitten über meinen Körper. Ich schwebte auf einer Wolke aus Wein und sanfter Musik und den Sonetten, die er mir ins Ohr flüsterte. Auf seiner Selbstsicherheit, die überhaupt nicht großspurig wirkte. Als er die Hand zwischen meine Beine schob, öffneten sich meine Schenkel beinahe ohne meinen Willen, als hätte mein Körper so lange darauf gewartete, berührt zu werden, dass er kurzerhand die Kontrolle über meinen Kopf übernahm.
Wir schliefen miteinander. Es hatte keine schlimmen Konsequenzen. Ich wurde nicht wieder schwanger oder holte mir eine Krankheit. Er brach mir nicht das Herz.
Ich hatte wieder Sex, und es hatte mein Leben nicht auf den Kopf gestellt.
Es war das letzte Mal, dass ich überhaupt mehr als ein paar Schlucke Alkohol trank. Es war nichts Schlimmes passiert, aber wenn ich nüchtern gewesen wäre, dann wäre gar nichts passiert. Es war nicht allzu schwer, das herauszufinden.
Zwei Jahre und einige Liebhaber später traf ich James. Ich war in meinem letzten Jahr am College und machte ein Praktikum in einem Frauenhaus. Er arbeitete den Sommer über als rechte Hand im Immobilienbüro seines Onkels, das im Gebäude direkt neben uns lag. Den Rest seiner Zeit verbrachte er damit, sein erstes Bauprojekt zu betreuen. Wir waren diejenigen, die jeden Tag zum Lunch- und Kaffeeholen geschickt wurden, und so liefen wir uns oft vor der Tür über den Weg, die Arme voll mit Papiertüten von den Restaurants um die Ecke.
Ich verliebte mich nicht Hals über Kopf in James. Das klingt zu sehr, als könnte es wehtun. In Michael hatte ich mich Hals
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