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Hot Summer

Hot Summer

Titel: Hot Summer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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tanzte ich eine Minute mit der Person, die herauskam, bis wir uns in unterschiedliche Richtungen entfernten.
    Am Ende des Flurs war die Tür zu meinem Schlafzimmer nicht länger geschlossen. Sie stand ein paar Zentimeter offen. Ich legte meine Hand auf den Türknauf, aber als ich von drinnen Stimmen hörte, zögerte ich.
    „… Nun, kein Wunder“, sagte eine mir nur allzu bekannte Stimme. „Und diese Schwester von ihr ist schwanger, das ist so offensichtlich. Ich habe aber auch an ihrem Finger keinen Ring gesehen. Und der Vater! Ich wusste, dass er irgendwelche … Probleme … hat, aber ich hatte ja keine Ahnung, dass er ein Trunkenbold ist.“
    Gott. Benutzten die Leute heutzutage wirklich noch dieses Wort? Offensichtlich benutzte es zumindest Evelyn Kinney.
    Etwa zehn Sekunden verharrte ich und wäre beinahe wieder gegangen. Hätte es auf sich beruhen lassen. Zehn Sekunden, in denen ich darüber nachdachte, einfach das gute und stille Mädchen zu sein, das immer lächelte. Einfach wieder zu gehen. In der elften Sekunde schob meine Hand die Tür auf.
    Und es wurde noch schlimmer. Viel schlimmer. Unermesslich viel schlimmer.
    Evelyn stand neben dem kleinen Schreibtisch unter dem Fenster. Einst hatte dieser Schreibtisch James’ Großmutter gehört, und obwohl ich nicht oft an ihm saß und etwas aufschrieb, hob ich meine private Korrespondenz in den Schubladen auf. Sentimentale Karten, die James mir geschrieben hatte, bestimmte Fotos und meinen Kalender. Nicht den Kalender, der an der Küchenwand hing und auf dem ich Termine notierte wie einen Arzttermin oder wann es an der Zeit war, die Winterreifen aufzuziehen. Es war ein kleiner, tagebuchähnlicher Kalender mit einer halben Seite für jeden Tag. In diesen Kalender schrieb ich kurze Notizen oder Zusammenfassungen der Ereignisse des Tages. Nur ein paar Zeilen, um mich daran zu erinnern, was ich getan hatte. Was ich fühlte. Es war das Beste, was ich machen konnte. Es war ein bisschen wie ein Tagebuch.
    Evelyn ließ den Kalender sinken, als ich den Raum betrat. Margaret, die ein Brownie aß, ohne einen Teller drunterzuhalten, damit keine Krümel auf den Fußboden fielen, war zumindest so gnädig, schuldbewusst dreinzublicken.
    „Anne. Hallo.“
    Einen Moment sah ich nichts außer Weiß. Wie ein Lichtblitz, der verblasste und ein blau leuchtendes Bild hinterließ. Und in diesem Moment hörte ich auf, ein gutes Mädchen zu sein.
    „Was macht ihr in meinem Zimmer?“
    „Oh.“ Sie kicherte. „Nun, deine Schwester Patricia hat uns erzählt, es gibt ein Album für deine Eltern, in das sich alle Gäste eintragen sollen.“
    „Es liegt im Wohnzimmer auf dem Tisch.“
    „Ja, das hat sie uns nicht gesagt.“ Mrs. Kinneys Nasenflügel blähten sich, und das passte nicht zu ihrem zuckersüßen Lächeln.
    „Also seid ihr in mein Schlafzimmer gegangen, um es zu suchen?“
    „Ich wollte Margaret den Schreibtisch zeigen. Vielleicht möchte sie ein paar der Möbelstücke haben. James hat gesagt, wir sollten schon mal vorgehen.“
    Ich versuchte nicht mal, ihr zu glauben. Margaret schluckte den letzten Bissen Brownie herunter und wischte sich die Finger an der Serviette ab. Mit geröteten Wangen schob sie sich zur Tür, aber sie musste an mir vorbei, um zu entkommen. Ich bewegte mich nicht. Sie schob sich seitlich an mir vorbei und floh.
    Feigling .
    „Dann seid ihr also in mein Schlafzimmer gegangen und habt euch selbst bedient?“
    Sie hatte diese Konfrontation nicht erwartet, und ich verstand ihre Überraschung. Bisher hatte ich lange den Mund gehalten, wenn mir etwas nicht passte. Und sie hatte ebenso wenig erwartet, erwischt zu werden.
    „Ich habe nach dem Album gesucht.“ Sie richtete sich auf.
    „Und du hast gedacht, ach, es könnte ja auch in meinem Schreibtisch sein? Klingt das nach einem wahrscheinlichen Ort, um es dort hinzulegen?“ Jedes Wort kam scharf und betont, aber ich hob meine Stimme nicht.
    Innerlich zitterte ich, aber ich hielt meinen Rücken gerade, die Hände locker an meiner Seite. Es kostete mich große Überwindung, die Hände nicht zu Fäusten zu ballen.
    „Anne, wirklich. Das ist doch nicht nötig.“
    Sie prallte zurück, als ich lachte. „Doch, ich denke, es ist nötig. Sag mir eins, Evelyn. Sieht das für dich wie ein Album aus?“
    Sie machte eine kurze Pause. Ich schaute sie erwartungsvoll an. Niemand mochte es, wenn ihm seine Vergehen ins Gesicht geschleudert werden. Ich hätte sie weit mehr respektiert, wenn sie mir frei heraus

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