Hotel Cosmos
und je.
Aber die Situation war absurd. Die achtzehn oder neunzehn Jahre Altersunterschied – ich hegte nicht den Wunsch, sie auf den Monat genau zu bestimmen – bildeten eine unüberwindliche Barriere.
Sie forschte: „Du willst mich nicht mehr, nicht wahr?“
Ich fragte: „Weshalb bist du hierhergekommen und hast auf mich gewartet?“
Es klang wie eine Herausforderung, und sie zuckte zusammen. „Ich konnte nicht anders. Ich mußte kommen. Ich redete mir ein, ich würde mit einem Blick auf dich zufrieden sein und nicht versuchen, dich anzusprechen. Aber als ich dich sah, konnte ich nicht anders handeln. Ich hatte fast vergessen, wie du aussahst. Und plötzlich schienen nur Stunden seit deinem Abflug vergangen zu sein. Er schien erst gestern stattgefunden zu haben.“
„Er fand nicht erst gestern statt“, entgegnete ich grimmig.
„Nein. Es tut mir leid.“ Sie trocknete sich die Augen und holte tief Atem. „Ich bin nicht hierhergekommen, um deine Verzeihung zu erbitten. Ich wollte nicht an dein Mitleid appellieren, und ich spiele dir keine Szene vor. Es ist alles zu Ende – ich weiß es selbst.“
„Wirklich?“ fragte ich.
Ich sah, daß sie keine Hoffnung mehr hegte. „Natürlich“, entgegnete sie. „Welche Möglichkeit sollte es für uns beide noch geben? Du kannst mich nicht wieder jung machen. Zwanzig Jahre lassen sich nicht auslöschen.“
„Nein“, bestätigte ich, „aber es gibt einen Weg, um die Kluft zu überbrücken, wenn du verstehst, was ich meine.“
Es dauerte einige Minuten, bis sie begriffen hatte, worauf ich hinauswollte. Und dann wollte sie nicht daran glauben. Sie lachte unsicher und sagte, das wäre unmöglich, ich könnte und würde es nicht tun, sie wäre es nicht wert. Aber ich wußte, daß sie es wert war.
Einen Augenblick lang, während wir auf die Treppe der Schlafhalle zugingen, wollte ich sie vor dem großen, schlummernden Gebäude zurückhalten. Ich wollte sie an mich reißen, weil sie schön war und weil sie mir gehörte. Doch das stand außer Frage. Es waren nicht die Jahre selbst, die uns trennten, sondern die Erfahrungen, die diese Jahre ihr gebracht hatten. Ich fühlte mich unreif und unbeholfen neben ihr. Leidenschaft und Leid hatten sie von mir entfernt. Einst waren wir zusammen jung gewesen, aber wenn ich sie wieder begehrte, dann gab es nur einen Weg, um sie zu erreichen. Und ich begehrte sie.
Automatisch zögerte sie vor dem Eingang.
„Ich werde dich einholen“, bemerkte ich sanft.
Sie nickte, und ich sah, daß sie immer noch nicht an eine Lösung glaubte.
„Während du hier schläfst“, fuhr ich fort, „durchlebe ich auf den Planeten von Rigel und Aldebaran und wohin sie mich auch immer schicken werden, die trennenden Jahre.“
Sie erkennen mein Vorhaben, nicht wahr? Ja, ich nahm den Auftrag an, der mir am Tage meiner Rückkehr angeboten worden war. Ich werde Rigel erblicken und alle Sonnen und Welten, die das Auge des Menschen schauen kann. Alissa erwartet mich dort, wo sie die ganze Zeit über hätte warten sollen. Ich werde einmal ihr Alter überschreiten, und bis dahin bin ich nicht mehr jung und unerfahren. Ich werde jeden Monat in Gedanken auf meinem Kalender abstreichen, und einmal werde ich die Schlafhalle wieder betreten und Alissa aufwecken.
Ich höre immer noch die letzten Worte, die sie zu mir sagte. Sie klangen ängstlich. „Ich bin mir nicht so sicher, daß du mich noch haben willst, wenn du zurückkehrst“, flüsterte sie. Und ich antwortete: „Vielleicht wirst du mich nicht haben wollen. Ich spreche jetzt nicht für den, der ich dann sein werde. Es wird eine lange Zeit vergehen.“
„Ich habe so viel Zeit vergeudet“, erwiderte sie. „Solange du zurückkehrst, ist das alles, was ich verlange.“
„Nun, darüber gibt es keinen Zweifel. Ich möchte hier wegkommen und die Arbeit fortsetzen, für die ich verpflichtet worden bin. Dabei sollen die Jahre verfliegen. Und ich werde zurückkehren. Darüber braucht sie sich keine Sorge zu machen. Ich werde zurückkehren.“
5. KAPITEL
„Nun“, fragte der venusische Geschäftsmann scharf, „was ersehen Sie daraus, Mister?“
Harrison gab zur Antwort: „Ich bin bereit, Mr. Osmond im Augenblick von der Liste zu streichen.“ Er sprach erst, nachdem er einen bestätigenden Blick von Coleman erhalten hatte. Wenn Osmond während seiner Erzählung nicht einmal geflimmert hatte, konnte er vermutlich ausgeschaltet werden.
„Sie meinen, ich kann gehen?“ vergewisserte
Weitere Kostenlose Bücher