Hotel Cosmos
sich Osmond eifrig.
Harrison schüttelte bedauernd den Kopf. „Es tut mir leid, aber ich fürchte, nein. Ich wage nicht, die Barriere auch nur eine Sekunde lang zu heben. Und selbst jetzt besteht noch die Möglichkeit, daß Sie eine äußerst gerissen gespielte Imitation sind. Sie ist unwahrscheinlich, aber sie existiert trotzdem.“
Er überblickte die versammelte Menge. Ihre ursprüngliche aggressive Formation hatte sich aufgelöst, und während einige sich ärgerlich niedergelassen hatten, durchmaßen andere rastlos den Raum.
Ein Mann in mittlerem Alter beugte sich in seinem Sessel vor und bemerkte mit überbetonter Stimme:
„Ich muß gestehen, daß mir die Aussichten dieses Abends zusagen. Er ähnelt in gewisser Hinsicht den Geschichten von Canterbury, finden Sie nicht auch? Obgleich man uns wahrscheinlich kaum als Pilger bezeichnen könnte.“ Er blickte strahlend in die Runde. „Ich persönlich befinde mich nicht in Eile. Ich freue mich auf eine angenehme Unterhaltung. Natürlich darf man dabei nicht vergessen –“
„Wer sind Sie?“ unterbrach ihn Harrison, den der gönnerhafte Ton reizte. „Wie lautet Ihr Ziel?“
„Ich kehre zu meiner bedauernswerten Aufgabe zurück, die in dem ständigen Versuch gipfelt, den widerspenstigen Köpfen junger Leute Wissen zu vermitteln. Dieser aufregende Zwischenfall stellt eine ausgezeichnete Entschuldigung dafür dar, dem Lehrstuhl noch länger fernzubleiben, auf den ich gehöre.“
Die Stimme redete weiter, aber Harrison hörte ihr nicht mehr zu. Er überdachte Steve Osmonds Geschichte, und dann kehrte sein Blick zu Marilyn zurück. Osmond hatte seiner Frau vergeben. Osmond war bereit gewesen, die Vergangenheit zu begraben und weiterzuleben, bis ihn sein Weg wieder mit seiner Frau zusammenführte.
Verbarg sich hier nicht eine Lektion für ihn? Harrison begegnete Marilyns Lächeln und empfand, daß er sich wie ein Narr benommen hatte. In ihren Augen stand die Bereitschaft geschrieben, zu ihm zurückzukehren. Wenn es ihnen gelang, die Vergangenheit zu überwinden …
Das ärgerliche Murren in dem Raum schwoll erneut an, und Harrison erwachte aus seinen Tagträumen. Ein scharfer, schneller Blick über die versammelten Gäste zeigte ihm, daß der Aldebaraner immer noch nicht erschienen war.
Er ging zur Tür und öffnete sie.
„Brady!“
Keine Antwort ließ sich vernehmen. Coleman wollte sich in Bewegung setzen, aber Harrison winkte ab.
„Brady!“ rief er erneut.
Diesmal erscholl ein antwortender Ruf. Einen Augenblick später erschien Brady auf dem Treppenabsatz.
„Holen Sie den Aldebaraner herunter“, befahl ihm Harrison. „Wir haben lange genug gewartet.“
„Sofort, Chef.“
Harrison schloß die Tür und wandte sich wieder den im Gesellschaftsraum Versammelten zu.
Augenblicklich wurde er sich Marilyns bewußt, und das mit schmerzlicher Deutlichkeit. Sie hatte nicht lange gebraucht, um den scheinbar aufrichtigen Zug wie eine lästige Maske abzustreifen und ihn durch einen anderen zu ersetzen. Sie schenkte ihre volle Aufmerksamkeit einem stutzerhaften, arrogant aussehenden jungen Mann, der neben ihr saß. Harrison empfand Abscheu. Hatte sie sich also nicht geändert? War alle Reue nur Theater, das sie ihm vorgespielt hatte?
Harrison machte sich bemerkbar. „He – Sie.“
Der junge Mann beendete den Satz, den er gerade zu Marilyn sagte, und wandte sich dann gleichmütig um.
„Meinen Sie mich?“
„Allerdings.“
„Dann möchte ich Sie darauf hinweisen, daß Ihr Status als Hüter des Gesetzes Sie nicht berechtigt, irgend jemanden in der Öffentlichkeit so anzureden.“
Harrison schnitt ihm das Wort ab: „Ich darf Sie um Ihren Namen bitten. Außerdem um Angaben über den Grund Ihres Aufenthaltes hier und –“
„Und über mein Ziel? Und woher ich komme, und ob ich imstande bin, mich auf Kommando in eine Wolke aufzulösen?“
„Alles, was Sie mir darüber zu sagen beabsichtigen“, erklärte Harrison, „wird gewissenhaft registriert werden.“
Er bemerkte, daß Marilyns ein wenig furchtsamer Blick auf ihm ruhte, als hätte sie die Warnung in seinen Worten vernommen und erwartete nun Schwierigkeiten. Zu gleicher Zeit prägte sich jedoch Ungewißheit in ihren Zügen aus, als wäre sie nur zu bereit, auf jede versöhnende Geste von seiner Seite einzugehen. Sie war wetterwendisch und unberechenbar.
Der junge Mann entgegnete: „Mein Name ist Koechel. Ich bin der Sohn des Lewis Koechel von den Transgalaktischen Linien.“
Ein
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