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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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Wie ihre Kleidung bereits nahelegte, stammte sie ursprünglich aus Paris und hatte nicht schlecht gelebt, bis die neue Freundin ihres Exmannes ihre Nase in die Unterhaltszahlungen steckte. Seitdem die Schecks nur noch unregelmäßig oder überhaupt nicht mehr eintrafen, hatte sie Probleme. Nicole Bouvier hatte das Gefühl, in einer Notlage zu stecken, zumindest aber, daß eine solche bevorstand. Das Geld so weit zu strecken, daß sie das Haus in Brassière und ihre kleine Wohnung an der Place des Vosges halten konnte, wurde immer schwieriger, und ein garagiste mit so schamlos überzogenen Rechnungen kam da ziemlich ungelegen. Sie überlegte, ob sie nicht einfach abfahren und erst beim nächsten Mal bezahlen sollte, aber die Neugier hielt sie davon ab. Porsche waren selten in Brassière, und der Besitzer dieses Wagens war kein unattraktiver Mann; ein wenig zerknittert, gewiß, und außerdem unrasiert, aber er hatte ein interessantes Gesicht. Sie ging ein paar Schritte auf die beiden Männer zu, so daß sie hören konnte, was sie sagten.
    Es war, wie Duclos bereits vermutet hatte. Er hatte telefoniert — Duclos hielt die ölverschmierte linke Hand ans Ohr, wobei er den Daumen und den kleinen Finger abspreizte — , um den neuen Auspuffsatz zu bestellen. Malheureusement würde er frühestens in drei Tagen, vielleicht auch erst in einer Woche ein treffen. Aber so sei das eben bei ausländischen Autos. Würde Monsieur einen vernünftigen Wagen, einen französischen Wagen, fahren, hätte sich diese unangenehme Sache in vierundzwanzig Stunden von selbst erledigt.
    Simon dachte einige Augenblicke nach und fragte dann Duclos, ob er ihm nicht einen Wagen leihen könne.
    Duclos zuckte bedauernd mit den Schultern und schnalzte dabei mit der Zunge gegen die Zähne. »Beh non. Il faut aller à Cavaillon.«
    »Und ein Taxi?«
    Duclos rieb sich mit dem Handrücken die Stirn, so daß eine Ölspur auf der Haut zurückblieb. Für solche Fälle gab es Pierrot mit seinem Sanitätswagen, aber er war wahrscheinlich draußen im Weinberg. »Non.«
    Madame Bouvier musterte Simon, der mit den Händen in den Hosentaschen dastand und sich nachdenklich auf die Lippe biß. Ein angenehmes Gesicht, dachte sie, und vielleicht auch ein angenehmer Mann. Er tat ihr leid.
    » Monsieur?« Simon drehte sich um und sah sie an. »Je peux vous amener à Cavaillon. C’est pas loin.«
    »Mais madame, c’est...«
    »C’est rien.« Sie ging zu ihrem Auto. » Allons-y.«
    Bevor Simon noch widersprechen oder Duclos den Streit über die Rechnung wieder aufnehmen konnte, stieg Madame Bouvier in ihren Wagen und lehnte sich über den Sitz, um die Beifahrertür zu öffnen, wobei unter ihrem Seidenhemd ein schön gebräunter Brustansatz sichtbar wurde. Simons hastiger Abschiedsgruß und Duclos’ Antwort hingen noch in der Luft, als der Wagen mit Vollgas losfuhr.
    Wie freundlich die Leute hier unten sind, dachte Simon, während er sich seiner Retterin zuwandte. »Madame, c’est vraiment très gentil.«
    Sie schaltete ruckartig, als sie den Berg hinunterfuhr und wechselte die Sprache. »Sie sind Engländer, non ? Die Kennzeichen an Ihrem Wagen.«
    »Stimmt.«
    »Ich war drei Jahre in England, in London, in der Nähe von ‘Arrods.« Sie sprach mit einem deutlichen Akzent, und Simon hoffte, sein Französisch hätte den gleichen Charme wie ihr Englisch.
    »Ich habe dort ein Büro, in Knightsbridge.«
    »Ah bon? Und wo wohnen Sie in der Provence?«
    »In der Penthouse-Suite des Cafés von Brassière.«
    In einer theatralischen Geste des Erstaunens nahm Madame Bouvier beide Hände vom Steuer, so daß der Wagen umschwenkte und auf den Graben zurollte. »Mais c’est pas vrai! Sie können dort doch nicht bleiben.«
    Simon klammerte sich ans Armaturenbrett, als Madame Bouvier wieder die Kontrolle über das Auto übernahm und auf die Mitte der Straße zurückkehrte. »Ich dachte, ich würde heute nachmittag etwas anderes finden«, erwiderte er, »wenn ich ein Auto aufgetrieben habe.«
    »Bon.« Sie trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad und trat entschlossen das Gaspedal tiefer durch. »Ich kenne da einen kleinen Ort — die Domaine de L’Enclos, direkt oberhalb von Goldes. Sehr tranquille, und das Restaurant ist auch gut. Ich fahre Sie dorthin, und dann geht’s nach Cavaillon.«
    Simon wandte den Blick von der Straße, die immer enger zu werden schien, je schneller der Wagen wurde, und betrachtete Madame Bouviers feingliedriges Profil unter der blonden Haarmähne.

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