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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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reckte sich.
    »C’est pas un grand lit, mais vous êtes seul. « Das Mädchen lächelte.
    »Malheureusement, oui.« Simon bemerkte, wie er die Achseln zuckte — dieser Tick der Franzosen war regelrecht ansteckend. Jetzt wurde das Mädchen geschäftsmäßig. Abendessen gebe es in einer Stunde, in der Küche. Das Badezimmer sei im Stockwerk darunter, die blaue Tür. Wenn Monsieur noch etwas anderes brauche, sie und Maman hielten sich unten auf.
    Simon dachte ans Telefonieren, beschloß aber, sich vor morgen um nichts zu kümmern. Er packte aus und machte sich auf, um die blaue Tür zu suchen und zu duschen.
    Die sanitären Anlagen der Franzosen, dieses genialen und auf Stil bedachten Volkes, wirken auf Fremde, die an verdeckte Rohre, diskret gedämpfte Wasserspülungen und fest verankerte Hähne gewöhnt sind, häufig wie ein Schock. Simon verbrachte einige Minuten damit, herauszufinden, wie das zerbrechlich wirkende Rohr- und Abflußsystem funktionierte. Schließlich gelang es ihm, sich stückweise mit einem seltsamen Handapparat aus Gummi zu duschen, aus dem abwechselnd kochendheißes und eiskaltes Wasser kam, wobei aus den Rohren gurgelnde Laute ertönten. Als er das Badezimmer verließ, fiel sein Blick auf ein Schild an der Tür, das aus einem Hotel am Annecy-See gestohlen worden war: Die Hotelführung heißt Hunde willkommen. Sie säubern ihre Schuhe nicht mit den Vorhängen und pinkeln nicht ins Bidet. Wir bitten unsere geschätzten Kunden, ihrem Beispiel zu folgen.
    Er stieg nach unten und folgte den Lauten einer Unterhaltung, die aus der Küche drangen. Ein langer Tisch mit einem gepunkteten Wachstuch war für vier Personen gedeckt — mit Literflaschen Wein und Wasser, einer riesigen baguette, einer Plastikschüssel von der Größe eines Swimmingpools, die mit Salat gefüllt war, und, am anderen Ende, einem Fernseher, der ohne Ton lief. Maman und das Mädchen rieben gerade Steaks mit Öl und Knoblauchzehen ein. Und der Mann, der sich die Hände an der Spüle wusch, war der Traktorfahrer mit dem ziegelroten Gesicht. Papa.
    Er wandte sich mit nassen Händen von der Spüle ab und bot Simon den Ellbogen zur Begrüßung an.
    »Bonetto.«
    »Shaw. Simon Shaw.«
    »Bieng. Un verre?«
    Er füllte zwei dicke Glasbecher mit Wein und bedeutete Simon, Platz zu nehmen. Maman stellte einen Teller mit geschnittener Wurst und cornichons zwischen die beiden, und so begann Simons erste sich lang hinziehende und erschöpfende Erfahrung mit der provenzalischen Gastfreundschaft.
    Nach der Wurst kam eine Pizza, dann Steak und gebratene Paprikaschoten, Salat, Käse und selbstgemachte tarte au citron. Dazu drei Liter junger, fruchtiger Rotwein aus Bonettos eigenem Weingarten. Und zwischen den Bissen eine Lektion in diesem speziellen Akzent — teils Französisch, teils unverständliches Zeug, unterbrochen von dem bellenden Gelächter Mamans und dem Kichern des Mädchens, die offensichtlich Vergnügen fanden an den verzweifelten Versuchen Simons, den polternden und genäselten Lauten der immer schneller werdenden Reden Bonettos zu folgen.
    Ab und zu tauchten wie Blitze im Nebel ein paar verständliche Brocken auf: Bonetto war nicht nur Besitzer des Cafés und mehrerer hectares Wein, sondern auch Bürgermeister von Brassière, Sozialist, Jäger, ein echter paysan du coin. Er hatte sich nie weiter als bis Marseille — das hundert Kilometer weit weg lag — von seinem Dorf entfernt. Natürlich hatte er sein Gewehr mitgenommen, denn es war allgemein bekannt, daß überall in Marseille Kriminelle hausten. In Brassière, erklärte er stolz, gebe es keine Verbrechen.
    Simon nickte und lächelte und sagte »Ah bon«, wann immer es ihm angebracht erschien. Der Alkohol und das angestrengte Zuhören machten ihn allmählich schläfrig, und als Bonetto auch noch eine Flasche gelbweißen, dickflüssigen marc anschleppte, versuchte er, abzulehnen. Aber das nützte nichts. Im Hause Bonetto ging kein Gast durstig zu Bett. Und während die Frauen das Geschirr abräumten und spülten, sank der Pegel in der Flasche zusehends, so daß Simon bald einen Zustand angenehmer Dumpfheit erreichte, in dem es keine Rolle mehr zu spielen schien, ob sie sich gegenseitig verstanden oder nicht. Schließlich durfte er, nachdem Bonetto ihn mit einem Klaps auf den Rücken verabschiedet hatte, der ihn beinahe zu Fall gebracht hätte, nach oben gehen. Er schlief wie ein Stein.
    Es war ein seltsames Gefühl, von der Sonne, die ihm ins Gesicht schien, geweckt zu werden.

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