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Hotel

Hotel

Titel: Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Hailey
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Bestechung ein Gefühl der Unsauberkeit in ihm hinterlassen hatte.
    Oder nicht? Er dachte: Mach dir nichts vor. Es hatte einen Moment gegeben, als er das Geld in Händen hatte, in dem er nahe daran war, es zu nehmen. Fünfhundert Dollar waren nicht zu verachten. Peter gab sich keinen Illusionen hin über seine eigenen Einkünfte im Vergleich zu denen des Chefportiers, der zweifellos jeden Monat ein kleines Vermögen zusammenscharrte. Falls es sich um einen anderen als Chandler gehandelt hätte, wäre er der Versuchung vielleicht erlegen. Oder nicht? Er wünschte, er könnte sich dessen sicher sein. Auf jeden Fall wäre er nicht der erste Hotelmanager gewesen, der sich von Untergebenen bestechen ließ.
    Es lag eine gewisse Ironie des Schicksals darin, daß trotz Peters nachdrücklichem Hinweis noch gar nicht feststand, ob die Beweise gegen Herbie Chandler Warren Trent jemals vorgelegt werden würden. Falls das Hotel plötzlich den Besitzer wechselte, und das konnte jeden Moment geschehen, ginge die Affäre Warren Trent nichts mehr an. Auch Peter selbst war dann vielleicht nicht mehr da. Ein neuer Personalchef würde zweifellos die Führungszeugnisse der leitenden Angestellten examinieren und bei Peter den widerlichen alten Waldorf-Skandal ausgraben. Oder war mittlerweile Gras über die Affäre gewachsen? Nun, wahrscheinlich würde die Antwort darauf nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    Peter wandte sich wieder den nächstliegenden Aufgaben zu.
    Flora hatte ihm einen Vordruck mit den letzten Gästezahlen auf den Schreibtisch gelegt. Aus der Aufstellung ging hervor, daß sich das Haus füllte und am Abend mit Sicherheit wieder voll besetzt sein würde. Falls das St. Gregory vor einer Niederlage stand, dann ging es wenigstens mit fliegenden Fahnen unter.
    Anschließend sah er die Post und einen Stapel von Berichten durch und entschied, daß nichts dabei war, das nicht bis morgen Zeit hatte. Unter den Memoranden lag ein großer gelber Umschlag mit einem Hefter, den er aufschlug. Es war der Hauptverpflegungsplan, den der Souschef André Lémieux ihm gestern überreicht hatte. Peter hatte bereits am Vormittag darin gelesen.
    Nach einem Blick auf die Uhr beschloß er, seine Lektüre fortzusetzen, bevor er zu seinem abendlichen Rundgang durchs Hotel aufbrach. Er machte sich über den mit der Hand geschriebenen Text und die sorgsam gezeichneten Pläne her, die vor ihm ausgebreitet lagen.
    Je weiter er kam, desto mehr wuchs seine Bewunderung für den jungen Souschef. Die Darstellung war meisterhaft und verriet ein umfassendes Verständnis für die Probleme des Hotels und die Möglichkeiten seines Restaurationsbetriebs. Es erboste Peter, daß der Chef de Cuisine, M. Hébrand – laut Lémieux – sämtliche Vorschläge zurückgewiesen hatte.
    Gewiß, einige Schlußfolgerungen waren strittig, und Peter pflichtete nicht allen Ideen von Lémieux bei. Auf den ersten Blick kamen ihm auch die Kostenvoranschläge zum Teil recht optimistisch vor. Aber all das war unwesentlich. Wichtig war, daß ein frischer und offensichtlich fähiger Kopf über die derzeitigen Mängel in der Nahrungsmittelbewirtschaftung nachgedacht und Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet hatte. Ebenso klar war, daß sich André Lémieux demnächst ein anderes Wirkungsfeld suchen würde, wenn das St. Gregory von seinen Talenten keinen besseren Gebrauch machte.
    Peter verstaute Plan und Tabellen wieder in dem Umschlag. Es freute ihn, daß jemand im Hotel mit soviel echter Begeisterung bei der Arbeit war wie Lémieux. Er sagte sich, daß er dem jungen Souschef seine Eindrücke gern mitteilen würde, selbst wenn er im gegenwärtigen unsicheren Stadium sonst nichts konnte.
    Ein Telefonanruf verschaffte ihm die Information, daß der Chef de Cuisine heute abend krankheitshalber abwesend war und von M. Lémieux vertreten wurde. Vorschriftsmäßig ließ Peter ausrichten, daß er sich auf dem Weg in die Küche befände.
    André Lémieux erwartete ihn an der Tür des Hauptspeisesaals.
    »Nur ‘erein, Monsieur! Sie sind willkommen.« Als sie die von Lärm und Dunst erfüllte Küche betraten, rief der junge Souschef Peter ins Ohr: »Sie finden uns, wie Musiker sagen, kurz vor dem Crescendo.«
    Im Gegensatz zum gestrigen Nachmittag, an dem es relativ ruhig gewesen war, herrschte heute abend ein Höllenspektakel. Eine volle Schicht war im Dienst, und Köche in gestärkten weißen Kitteln mit ihren Assistenten und Gehilfen schienen wie Gänseblümchen aus der Erde zu

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