Hotel
Beteiligung Mr. Dempsters und der Anwälte kurz diskutiert. Dann ging man sie Punkt für Punkt durch. Bei der folgenden Debatte blieben Warren Trent und Albert Wells nur Zuschauer; der erstere sann vor sich hin, der kleine Mann saß zusammengesunken in seinem Sessel, als wolle er sich darin verkriechen. Nicht ein einziges Mal verwies Mr. Dempster auf Albert Wells oder streifte ihn auch nur mit einem Blick. Offenbar respektierte der Mann aus Montreal den Wunsch seines Arbeitgebers, unbeachtet zu bleiben, und war daran gewöhnt, selbst Entscheidungen zu treffen.
Peter McDermott und Royall Edwards beantworteten verwaltungstechnische und finanzielle Fragen, die sich während der Debatte ergaben. Zweimal verließ Christine den Raum und kehrte mit Dokumenten aus den Hotelakten zurück.
Trotz seiner Wichtigtuerei leitete der Bankier die Konferenz gut. In einer knappen halben Stunde herrschte über die wichtigsten Punkte Klarheit. Die offizielle Übergabe wurde auf den folgenden Dienstag festgesetzt. Die Entscheidung nebensächlicher Details überließ man den Anwälten.
Emile Dumaire warf einen schnellen Blick in die Runde. »Falls jemand noch etwas bemerken möchte …?«
»Ja, da wäre noch eine Kleinigkeit.« Warren Trent beugte sich in seinem Sessel vor. Alle Augen wandten sich ihm zu. »Zwischen Gentlemen ist die Unterzeichnung eines Vertrages eine Formalität, die lediglich dazu dient, eine bereits getroffene mündliche Vereinbarung zu bekräftigen.« Er sah Albert Wells an. »Ich vermute, Sie pflichten mir bei.«
»Gewiß«, sagte Mr. Dempster.
»Dann bitte ich Sie, Ihre Tätigkeit sofort zu beginnen.«
»Danke.« Mr. Dempster nickte anerkennend. »Es gibt in der Tat einige Dinge, die wir sofort in die Wege leiten möchten. Unmittelbar nach der Übergabe am Dienstag wird auf Wunsch von Mr. Wells der Aufsichtsrat zusammentreten und Ihre Wahl zum Vorsitzenden beschließen, Mr. Trent.«
Warren Trent neigte liebenswürdig den Kopf. »Es wird mir eine Ehre sein, den Posten zu akzeptieren. Ich werde mich bemühen, ihn mit der angemessenen dekorativen Würde auszufüllen.«
Mr. Dempster gestattete sich ein leichtes Lächeln. »Ferner ist es Mr. Wells’ Wunsch, daß ich den Posten des Präsidenten übernehme.«
»Ein Wunsch, den ich verstehen kann.«
»Mit Peter McDermott als geschäftsführendem Vizepräsidenten.«
Ein Chor von Glückwünschen tönte Peter von allen Seiten entgegen. Christine lächelte. Wie die anderen schüttelte auch Warren Trent ihm die Hand.
Mr. Dempster wartete, bis wieder Ruhe herrschte. »Dann ist da noch ein anderer Punkt. Ich war gerade in New York, als der unselige Zwischenfall hier im Hotel von der Presse ausgeschlachtet wurde. Ich möchte die Versicherung haben, daß sich das nicht wiederholt.«
Alles schwieg.
Der ältere Anwalt machte ein verwirrtes Gesicht. In gut vernehmbarem Flüsterton erklärte ihm der jüngere: »Es war wegen eines Farbigen, der aus dem Hotel gewiesen wurde.«
»Aha!« Der ältere Anwalt nickte verständnisvoll.
»Lassen Sie mich eines ganz klarmachen.« Mr. Dempster nahm die Brille ab und fing an, sie sorgsam zu putzen. »Ich rate nicht zu einer grundlegenden Änderung der Hotelpolitik. Meine Meinung als Geschäftsmann ist, daß lokale Anschauungen und Bräuche respektiert werden müssen. Es geht mir nur darum, zu verhindern, daß es in einer ähnlichen Situation wieder zu einem Skandal kommt.«
Niemand sagte etwas.
Dann merkte Peter plötzlich, daß sich die allgemeine Aufmerksamkeit ihm zugewandt hatte. Es überlief ihn kalt, denn ihm schwante, daß er vor einer Entscheidung stand – vielleicht der wichtigsten in seinem neuen Amt. Seine Haltung würde die Zukunft des Hotels und seine eigene Zukunft beeinflussen. Er wartete, bis er sich absolut klar darüber war, was er sagen wollte.
»Das, was soeben gesagt wurde« – Peter wies mit einem Nicken auf den jüngeren Anwalt –, »ist leider wahr. Ein Kongreßteilnehmer mit einer bestätigten Reservierung wurde vom Hotel abgewiesen. Er war Zahnarzt, offenbar auch ein bedeutender Gelehrter – und außerdem Neger. Bedauerlicherweise war ich es, der ihn fortschickte. Ich habe seitdem den festen Entschluß gefaßt, daß so etwas nicht noch einmal vorkommt.«
Emile Dumaire sagte: »Als Vizepräsident dürften Sie kaum jemals in die Lage kommen …«
»Das gilt auch für die Angestellten. In einem Hotel, das ich leite, werde ich eine solche Handlungsweise nicht mehr gestatten.«
Der Bankier
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