Hotel
Annehmlichkeit, die Keycase dazu veranlaßte, unverzüglich im Hotel anzurufen und seine Reservierung zu bestätigen. Er beschloß, sein Glück nicht ungebührlich dadurch herauszufordern, daß er noch länger im Flughafengebäude verweilte. Der Start war vielversprechend gewesen, gegen Abend würde er sich im Bahnhof auf die Lauer legen und in ein paar Tagen noch einmal dem Flughafen einen Besuch abstatten. Im übrigen gab es noch andere Mittel und Wege, um zu Hotelschlüsseln zu kommen, und er hatte gestern abend einige diesbezügliche Vorkehrungen getroffen.
Nicht ohne Grund hatte ein New Yorker Staatsanwalt vor Jahren während einer Verhandlung gesagt: »Alles, womit sich dieser Mann befaßt, Eurer Ehren, wird zum Schlüsselfall. Für mich ist er, offen gestanden, allmählich zum Schlüsselfall Milne geworden.«
Die Anmerkung gelangte bis in die Polizeiakten, und der Name »Keycase« – Schlüsselfall – Milne blieb an ihm hängen. Sogar Keycase selbst benutzte ihn nun mit einem gewissen Stolz. Es war ein Stolz, der seine Würze erhielt durch die erfahrungsmäßig belegte Tatsache, daß die Chance groß war, mit ein wenig Zeit, Geduld und Glück, einen Schlüssel zu so ziemlich jedem Schloß zu ergattern.
Die Spezialkenntnisse, die Keycase derzeit anwandte, stützten sich auf die Gleichgültigkeit der Leute gegenüber Hotelschlüsseln – eine Einstellung, die Hoteliers in der ganzen Welt zur Verzweiflung brachte. Theoretisch sollte jeder abreisende Gast beim Bezahlen der Rechnung seinen Zimmerschlüssel abliefern.
Aber die Praxis sah anders aus. Unzählige Schlüssel wurden versehentlich in Taschen und sonstigen Behältnissen aus dem Hotel getragen. Gewissenhafte Menschen warfen sie in den Briefkasten, und ein großes Hotel wie das St. Gregory zahlte wöchentlich fünfzig Dollar und mehr an Porto für zurückgeschickte Schlüssel. Aber es gab auch Leute, die einen versehentlich mitgenommenen Schlüssel entweder behielten oder einfach wegwarfen.
Diese letzte Gruppe sorgte dafür, daß die Geschäfte von professionellen Hoteldieben wie Keycase Milne ständig florierten.
Vom Flughafengebäude aus begab sich Keycase zum Parkplatz und zu seinem fünf Jahre alten Ford, den er in Detroit gekauft hatte und mit dem er zunächst nach Kansas City und dann nach New Orleans gefahren war. Für Keycase war der Wagen ideal – unauffällig, dunkelgrau und weder zu alt noch zu neu, um übertriebene Aufmerksamkeit zu erregen oder im Gedächtnis behalten zu werden. Nur eine Sache beunruhigte ihn ein wenig. Das Nummernschild von Michigan – ein attraktives Grün auf weißem Grund war ein wenig zu auffällig. Kennzeichen anderer Staaten waren zwar in New Orleans nichts Ungewöhnliches, aber er hätte dennoch gern auf das kleine charakteristische Merkmal verzichtet. Er hatte die Benutzung eines gefälschten Nummernschildes von Louisiana in Erwägung gezogen, jedoch erschien ihm dieses Risiko noch größer. Außerdem war Keycase schlau genug, sich nie allzu weit von seinem Spezialgebiet zu entfernen.
Der Motor sprang sofort an und brummte gleichmäßig, das Resultat einer Generalüberholung, die Keycase selbst vorgenommen hatte. Diese Kunst hatte er sich auf Staatskosten während einer seiner zahlreichen Gefängnisstrafen angeeignet.
Er fuhr die vierzehn Meilen in die Stadt, die Geschwindigkeitsbeschränkungen sorgsam beachtend, und steuerte das St. Gregory an, das er am Tag zuvor ausfindig gemacht und ausgekundschaftet hatte. Er parkte unweit der Canal Street, einige Blocks vom Hotel entfernt, und holte zwei Koffer aus dem Wagen. Den Rest seines Gepäcks hatte er in seiner Motelkabine zurückgelassen, die er auf mehrere Tage im voraus bezahlt hatte. Ein solcher Unterschlupf lief ins Geld, war aber eine wohlüberlegte Vorsichtsmaßnahme. Die Kabine würde ihm als Versteck dienen für alles, was er erbeutete, und konnte notfalls völlig preisgegeben werden. Keycase hatte darauf geachtet, daß nichts in ihr zurückblieb, was ihn verraten konnte. Der Kabinenschlüssel war im Luftfilter des Vergasers seines Fords versteckt.
Mit zuversichtlicher Miene betrat er das St. Gregory, überließ sein Gepäck einem Türsteher und trug sich als B. W. Meader aus Ann Arbor, Michigan, ein. Der Empfangschef, beeindruckt von dem gut geschnittenen Anzug und den festen, scharfen Gesichtszügen, die von Autorität zeugten, behandelte den Neuankömmling mit Respekt und wies ihm Zimmer 830 an. Jetzt besaß er drei Schlüssel des St. Gregory,
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