Hotel
Haarschopf war hochrot, sein Mund eine dünne Linie. »Mr. McDermott, sollten Sie und Ihr Hotel auf diesem unerhörten Affront beharren, dann möchte ich Sie jetzt schon darauf vorbereiten, daß Sie sich damit eine Menge Ärger auf den Hals laden.« Die Augen des kleinen Doktors funkelten zornig, seine Stimme schwoll an. »Dr. Nicholas ist ein hochgeachtetes Mitglied unseres Verbandes. Wenn Sie ihm ein Zimmer verweigern, betrachte ich das als eine persönliche Kränkung und als eine Verunglimpfung sämtlicher Tagungsteilnehmer.«
Wäre ich nur Statist und nicht unmittelbar betroffen, dachte Peter, dann würde ich jetzt vermutlich Hurra rufen. Aber man muß den Tatsachen ins Gesicht sehen. Er war betroffen, und sein Job verlangte, daß er alles tat, um einen Skandal zu verhindern. »Vielleicht würden Sie und Dr. Nicholas« – sein Blick schloß den Neger höflich mit ein – »in mein Büro kommen, wo wir die Angelegenheit in aller Ruhe besprechen können.«
»Nein, Sir! Wir werden hier darüber sprechen. Wir haben nichts zu verbergen.« Der zornige kleine Doktor wich und wankte nicht. »Also geben Sie nun meinem Freund und Kollegen Dr. Nicholas ein Zimmer oder nicht?«
Köpfe wandten sich um. Mehrere Leute blieben auf dem Weg durch die Halle stehen. Der Mann in der Tweedjacke, der noch immer Interesselosigkeit vortäuschte, schob sich näher heran.
Welch ein Verhängnis hatte es gefügt, daß er sich gerade einem Mann wie Dr. Ingram widersetzen mußte, fragte sich Peter McDermott niedergeschlagen, einem Mann, den er instinktiv bewunderte. Und es war eine besondere Ironie des Schicksals, daß er erst am Tage zuvor gegen Warren Trents Vorurteile Sturm gelaufen war, die diesen Zwischenfall praktisch heraufbeschworen hatten. Einen Moment lang war Peter versucht, die Frage des ungeduldigen kleinen Doktors mit einem Ja zu beantworten und auf die Konsequenzen zu pfeifen. Aber er wußte, daß es sinnlos gewesen wäre.
Er konnte dem Empfang alle möglichen Befehle erteilen, nur nicht, daß er einem Neger ein Zimmer anwies. Diesbezüglich existierte ein strenges Verbot, das nur vom Hotelbesitzer selbst aufgehoben werden konnte. Eine Auseinandersetzung mit dem Empfang würde die peinliche Szene nur verlängern, ohne daß etwas dabei herauskam.
»Ich bedaure es ebensosehr wie Sie, Dr. Ingram«, sagte er, »daß ich zu solch einem Schritt gezwungen bin. Die in diesem Haus geltenden Satzungen verbieten es mir leider, Dr. Nicholas hier unterzubringen. Ich wollte, ich könnte sie ändern, aber das steht nicht in meiner Macht.«
»Dann bedeutet Ihnen eine bestätigte Reservierung also gar nichts?«
»Doch, sehr viel sogar. Aber es gibt da gewisse Einschränkungen, auf die wir hätten hinweisen müssen, als Ihr Kongreß bei uns buchte. Daß wir es unterließen, war unser Fehler.«
»Hätten Sie’s getan«, fauchte der kleine Doktor, »dann wären wir nicht zu Ihnen gekommen. Im übrigen können wir den Kongreß auch jetzt noch verlegen.«
Der stellvertretende Manager warf dazwischen: »Ich erbot mich, woanders eine Unterkunft zu besorgen, Mr. McDermott.«
»Wir sind nicht interessiert!« Dr. Ingram wandte sich wieder Peter zu. »McDermott, Sie sind ein junger Mann und intelligent, sollte man meinen. Was empfinden Sie eigentlich bei dem, was Sie da gerade tun?«
Warum ausweichen, dachte Peter und erwiderte: »Offengestanden, Doktor, ich habe mich selten mehr geschämt.« Und im stillen fügte er hinzu: Falls ich den Mut meiner Überzeugung hätte, würde ich kündigen und auf der Stelle gehen. Aber seine Vernunft wandte ein: Wäre damit irgend etwas gewonnen? Dr. Nicholas würde sein Zimmer trotzdem nicht bekommen, und Peter verlöre jede Möglichkeit, auf Warren Trent einzuwirken. War es nicht schon aus diesem Grund besser zu bleiben und auch weiterhin alles zu tun, was man tun konnte? Er wünschte jedoch, er wäre seiner Sache sicherer.
»Gottverdammt noch mal, Jim!« Die Stimme Dr. Ingrams klang tief bekümmert. »Auf diese Art lass’ ich mich nicht abspeisen.«
Der Neger schüttelte den Kopf. »Es tut weh, das kann ich nicht leugnen, und meine streitbaren Freunde würden mir vermutlich sagen, ich sollte mich stärker zur Wehr setzten. Aber –« er zuckte mit den Schultern – »ich bin ein Mann der Wissenschaft und kein Kämpfer. Am Nachmittag geht eine Maschine nach dem Norden. Ich werde versuchen, mit ihr zurückzufliegen.«
Dr. Ingram sah Peter an. »Begreifen Sie denn nicht? Dieser Mann ist ein bekannter
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