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Hotzenwaldblues

Hotzenwaldblues

Titel: Hotzenwaldblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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aus, als würde sie gleich anfangen zu heulen.
    »Tut es sehr weh?«
    »Als hätte mich ein Koloss für seinen Amboss gehalten. Nein, nein. Sie
haben mir ja Medizin gegeben. Ich habe keine Ahnung, was ich wieder angestellt
habe. Sportliche Tätigkeiten und ich scheinen nicht zusammenzupassen. Wollte
nur ein lächerlich kleines Gewicht reißen. Erst hab ich mir das Kreuz verrenkt,
dann ist mir das Bein einfach weggerutscht. Und dann hat es geknallt wie ein
Peitschenhieb. Achillessehne gerissen. Ich werde wohl für lange Zeit humpeln
und keinen Sport machen können. Morgen flicken sie mich erst einmal wieder
zusammen.«
    »Oh, Sie Arme. Aber Denksport. Der liegt Ihnen. Darin sind Sie die
Beste, die ich kenne.«
    Sie lachte, doch es klang nicht sehr überzeugend.
    »Ich war unglaublich beeindruckt von Ihnen und Ihrem Auftritt im
Altenheim. Ich wäre nie drauf gekommen, dass diese drei sich hinter dem Wächter verbergen.«
    »Ich war mir auch nicht sicher.« Das klang noch immer geknickt. Er
hätte sie am liebsten in den Arm genommen und getröstet. »Nun hören Sie schon
auf, von einem Bein aufs andere zu treten, Trautmann. Hier muss irgendwo ein
Hocker sein. Was knistert denn da? Die schönen Blumen. Das wäre doch nicht
nötig gewesen. Vielleicht sollten Sie das Gemüse ins Wasser stellen. Bei der
Nachtschwester erfahren Sie, wo es hier Vasen gibt.«
    Sie schluckte, das kannte er an ihr. Wenn sie nicht mehr
weiterwusste, rettete sie sich in Flapsigkeit. Hatte Sie etwa Tränen in den
Augen? Er fühlte sich plötzlich, als dringe er uneingeladen in ihre Intimsphäre
ein. Sie? Weinte? Nein, nicht sein Gänseblümchen! Er konnte den Anblick kaum
ertragen. Weil er sich so hilflos fühlte, während der Drang, sie zu trösten,
immer stärker wurde, und weil er genau wusste, dass er das nicht durfte. Sie
hätte sofort die Stacheln ausgefahren. Verdammt, eines Tages würde er sie einfach in den Arm nehmen. Und
küssen. Und …
    Er nickte und ging hinaus, um nach einer Vase zu suchen. Es war mehr
eine Flucht als ein geregelter Abgang.
     
    Seine Worte schwangen in ihr nach. »Die wussten wohl
nicht, wen sie sonst anrufen sollten, nur, dass Sie bei der Polizei arbeiten.«
Ja, so war das wohl. Es gab keine Familie, die benachrichtigt werden konnte,
wenn ihr etwas geschah. Die Polizei, das war offenbar ihre Familie. Und Max
Trautmann.
    Sie fühlte sich elend und allein bei diesem Gedanken. Konnte er sie
nicht einfach mal in die Arme nehmen und all ihre Bedenken und Ängste
wegschwemmen mit einem leidenschaftlichen Kuss? Nein, das würde er nicht tun.
Sie hatte ihn schon zu oft zurückgestoßen. Er wusste, dass sie ihm misstraute.
Dass sie annahm, er habe einen Menschen getötet. Und sie wusste, dass sie
niemals darüber sprechen konnten. Weil sie ihn nicht verlieren wollte. Sobald
sie über ihr noch immer schwelendes Misstrauen spräche, stünde es zwischen
ihnen, vollends unüberwindbar. Wie sollte er dann ein Freund bleiben? Gut, es
war möglich. Falls er unschuldig war. Und falls nicht? Dann, gestand sich Iris
zum ersten Mal ein, wollte sie es eigentlich lieber nicht wissen.
    Da kam er zurück. Er stellte die Vase mit den Blumen auf den
Nachttisch. »Wird jetzt noch was aus unserem gemeinsamen Projekt? Ich meine,
bleiben Sie verdeckt?«
    »Ich weiß nicht. Ich schätze, jetzt muss ich erst einmal hier
heraus.«
    Er ließ die Schultern hängen. »Brauchen Sie noch was? Soll ich Ihnen
was mitbringen?«
    Sie lächelte zu ihm hoch, und das warme Gefühl, das sich bei seinem Angebot
in ihrem Bauch ausgebreitet hatte, erreichte auch ihre Augen. »Danke.
Zahnbürste, Nachthemd. Im Schlafzimmer finden Sie einen Jogginganzug und …
Unterwäsche.« Sie schämte sich. Denn sexy Unterwäsche hatte sie nicht. Für wen
auch. Nun würde er das auch noch sehen. Sehen, dass sie eine einsame Jungfer
war, für die sich niemand interessierte. »Mein Hausschlüssel ist hier.« Sie zog
die Schublade der hässlichen Ess-Nachttisch-Kombination aus antiseptisch
abwaschbarem Kunststoff auf, die es in allen Krankenhäusern gab.
    Er nickte. »Mach ich. Bis morgen.«
     
    Iris war gerade eingenickt, als Mathias Bleich, ebenfalls
mit einem Blumenstrauß in der Hand, in ihr Krankenzimmer polterte.
    Sie schrak hoch, ihr Kreislauf schoss nach oben, und ihr wurde sofort
schlecht. »Was tun Sie denn hier? Wie kommen Sie hier
herein?«
    »Die Nachtschwester hat sich nur schwer erweichen lassen. Aber ich
wollte Ihnen unbedingt persönlich gratulieren. Ohne

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