Hotzenwaldblues
eine
nette kleine Erpressung ihr Werk.«
»Ich werd verrückt. Die alten Knacker? Sie waren sogar erfolgreich.
Es ist einiges drauf. Zweihunderttausend Franken. Fünfzigtausend Franken von
Beat Stümpfli und dreißigtausend Euro von Frank Gerber, soweit wir das bisher
nachvollziehen konnten. Beim Rest handelt es sich vermutlich um eigene
Ersparnisse. Aber wir recherchieren noch. Die Auszüge der deutschen Konten sind
noch nicht da.«
»Na, mit zweihunderttausend Franken ließe sich schon ein neues Leben
anfangen«, meinte Iris. Sie fühlte sich seltsam ausgelaugt. Es stimmte nicht,
es war nicht immer befriedigend, einen Täter zu finden und zu überführen, oder
in diesem Fall sogar drei. Sie hätte es den alten Herren irgendwie gegönnt, dass
sie ihren Familien ein Schnippchen schlugen. Aber was nicht ging, das ging nicht.
So, und nun würde sie die Bombe platzen lassen. Schade nur, dass sie das
Gesicht des Glücklichen nicht sehen konnte, wenn er es erfuhr. »Übrigens, ehe
ich es vergesse: Die drei stecken hinter dem Wächter .«
»Wie bitte? Sagen Sie das noch mal!«
»Der Wächter ist ein nicht sehr
infernalisches Trio aus drei allerdings ziemlich wütenden alten Herren. Sie
wollten mit den Bomben einer an RWE , E n BW , Schluwe, Landes-
und Bundesregierung gerichteten Erpressung Nachdruck verleihen. Sie brauchten
Geld, um sich ihre letzten Tage mit Pflegerinnen in Thailand so angenehm wie
möglich zu machen, anstatt in einem Altenheim dahinzuvegetieren. So sehen sie
das jedenfalls. Außerdem sind sie tatsächlich sehr zornig wegen der
Umweltzerstörungen hier in der Region. Sie können die drei aber selber fragen.
Sie finden sie derzeit friedlich vereint im Bad Säckinger Krankenhaus.
Vielleicht können Sie etwas Strafermäßigung aushandeln, wegen Notwehr oder so.
Immerhin war zumindest Franz Örtler in Lebensgefahr. Sein Schwiegersohn hat
schließlich versucht, ihn zu vergiften. Was meinen Sie, lässt sich da was
machen? Denn es kommt einiges zusammen. Versuchter Mord oder Totschlag,
Erpressungsversuch … das brauche ich ja nicht alles aufzuzählen. Sie
können auch gleich noch Hanspeter Gerber, seinen Bruder Frank, Fred Malzacher
und Beat Stümpfli einbuchten. Wegen Mordversuchs, Bestechlichkeit, Bestechung,
Veruntreuung … Die Beweise finden Sie in einem Schließfach der Sparkasse
Bad Säckingen.«
»Donnerwetter. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Dieser
ganze Aufwand, die Soko Wächter, Dutzende, was sag ich, Hunderte von Leuten,
die sich mit dem Fall befassen – und dann steckt ein Trio verrückt
gewordener alter Knacker dahinter? Ich werde gleich mal dafür sorgen, dass die
Kantonalbank das Konto sperrt. Das kann allerdings dauern – die Schweizer …
na ja, sie wissen schon, wenn es um Banken und das Bankgeheimnis geht, können
sie sehr bürokratisch sein.«
»Das wird schon werden. Die drei Herren sind außerdem nicht
verrückt. Auf ihre Weise war ihnen sehr wohl klar, was sie tun und warum. Das
ist jedenfalls mein Eindruck. Schaut übrigens auch mal in Forstweilers PC . Stichwort ›Waechter‹. Mit ae. Da findet ihr
vermutlich jede Menge Beweise.«
Damit legte sie auf.
Langsam begann sich ein gewisses Gefühl des Triumphs in ihr
auszubreiten. Mathias Bleich, dieser Saftsack, würde sich in den Bauch beißen,
weil ausgerechnet die Ermittlerin, die er loswerden wollte, den Wächter -Fall gelöst hatte.
Iris beschloss, sich für den Rest des Tages freizunehmen. Es war
ohnehin besser, sie war nicht zu erreichen, bis das Geständnis der Senioren in
aller Form protokolliert war. Vielleicht würde dann niemand auf die Idee
kommen, sie zu fragen, woher sie ihre Kenntnisse hatte und warum sie es zwei
von ihnen nach dem Geständnis gestattet hatte, nach Bad Säckingen zu ihrem
Kumpan zu fahren. Sie schaltete ihr Handy aus. Hoffentlich hielt Trautmann
dicht.
Und wenn nicht? Dann bekam sie eben wieder mal Ärger. Das war sie ja
gewohnt. Und das Leben als verdeckte Ermittlerin war gar nicht so schlecht.
Sie sah nach draußen. Der Rhein floss sattgrün dahin und glitzerte.
Die Sonne strahlte vom Himmel. Also erst schwimmen gehen, dann ein kräftigendes
Frühstück. Dann vielleicht ein Mittagsschläfchen. Am frühen Abend schließlich
gut ausgeruht der Besuch des Schnuppertrainings bei den Laufenburger
Gewichthebern. Sie fühlte sich stark im Moment. Stark genug, um wirklich zu
tun, was sie letzten Samstag so dahingesagt hatte, um Trautmann loszuwerden.
Und sie musste etwas für ihre
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