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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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ein Problem, haben Sie mal ’ne Minute Zeit?«
    Lionel zog seine Unterhose mit Spinnakermuster und seine schicke graue Hose an und ging. Wann immer einer von uns ihn jetzt traf, mußten wir an seinen unbeblazerten, verlausten Schwanz denken.
    »Das hätten Sie nicht tun sollen, Basch«, sagte der Dicke, als er mit mir zur Station ging.
    »Warum nicht?«
    »Weil Sie gegen Typen wie die Blazer nicht gewinnen können. Sobald Sie sich mit denen einlassen, verlieren Sie. Lionels Chef, dieser Speichellecker Marvin, weist den Stationen ihre Aufnahmen zu. Er wird Ihnen das Leben schwer machen. Sehen Sie mal, Roy, Sie sind älter als Hooper und Eddie. Sie könnten sich ein bißchen zurücknehmen und den Ball auch mal laufen lassen. Es ist schon schwer genug, ohne daß die Blazer und
Privates
und Schlecker es uns noch schwerer machen.«
    »Diesen Arschlöchern gegenüber nachgeben?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Was ist denn die Alternative?« fragte ich herausfordernd.
    »Lassen Sie sich nicht von ihnen benutzen, Roy. Benutzen Sie sie.«
    »Wie denn?«
    »So«, sagte der Dicke und setzte sich Jane Doe gegenüber und zog seine Stoppuhr heraus. »Beobachten.«
    »Was machen Sie da?«
    »Ich benutze sie. In zehn Minuten werde ich es Ihnen erklären.«
    »Hören Sie, ich will nach Hause. Ich muß mit Hooper Übergabe machen.«
    »Gehen Sie. Kommen Sie in zehn Minuten zurück, und ich erkläre es Ihnen.«
    Ich ging zum Dienstzimmer und übergab Hooper meine Patienten, und obwohl ich wußte, daß er kein Wort von meinem Sermon mitbekommen hatte, stand ich auf, um nach Hause zu gehen. Hooper las in dem Handbuch, das ich am Anfang des Jahres gelesen hatte,
Wie mache ich was als neuer Intern,
den Abschnitt über Pleurapunktion. Ich fand das seltsam, denn wir hatten über die Hälfte des Jahres hinter uns, und Punktionen gehörten zu den gängigen Arbeitstechniken. Da wir uns angewöhnt hatten, uns gegenseitig zu helfen, selbst wenn das bedeutete, ein bißchen länger zu bleiben, fragte ich ihn, ob er Hilfe brauchte.
    »Du meinst Lionel?« fragte er. Und ich sagte:
    »Nein, mich.« Und er sagte:
    »Nein, ich lese das hier nur noch mal nach und werde dann bei Rose Budz eine Pleurapunktion machen.«
    Er widmete sich wieder dem Buch und suchte mit den Fingern auf seiner Brust den Weg, den die Nadel bei Rose Budz nehmen sollte.
    Auf der Station ging ich zu dem Dicken, der daraufhin seine Uhr anhielt und mich dann fragte:
    »Was ist nicht passiert?«
    »Keine Ahnung.«
    »Zehn Minuten, Basch, und Jane hat nicht gefurzt.«
    »Und?«
    »Ihr Darm ist also zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses abgestellt. Dieser Extrakt könnte das Mittel gegen den VA -Durchfall sein. Eine gute Tat; ein Vermögen. Genau das, was ich und die Welt brauchen. Benutzen Sie sie, Basch, benutzen Sie sie.«
     
    »Kommst du jetzt besser mit dem Dicken aus?« fragte Berry.
    »Schlechter«, sagte ich. »Er liebt nicht nur die Gomers, er benimmt sich auch wie ein Pfadfinder. Er sagt uns, wir sollen nicht zurückschlagen, läßt mich die ganze Station nach der Brille einer dementen siebenundneunzig Jahre alten Frau absuchen, und dann verbringt er die ganze Nacht am Bett einer Frau mit Krebs im Endstadium, nachdem er ihr erzählt hat, daß sie sterben wird.«
    »Das hat er gemacht?«
    »Ja, warum?«
    »Ich hätte nie gedacht, daß er so etwas tut. So wie du ihn beschrieben hast, schien er zu zynisch, zu krank zu sein. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.«
    »Er ist nicht zynisch genug. Er ist ein richtiger Einfaltspinsel geworden. Es sieht aus, als würde er mich im Stich lassen.«
    »Er kommt mir jetzt vernünftiger vor. Du bist derjenige, der krank reagiert.«
    »Vielen Dank.«
    »Ich mache mir Sorgen, Roy. Dieses Ausagieren ist gefährlich. Vielleicht hat der Dicke recht: Jemand wird sich die Finger verbrennen.«
    Ich lag wach und kaute an Berrys Bedenken herum. Es hatte Spaß gemacht, dieses »Ich weiß es nicht« zu bringen, um den Fisch dranzukriegen, Lionel dranzukriegen, lachend und sarkastisch herumzufetzen, aber ein Tropfen Bitterkeit war in diesem wilden Cocktail, der konnte Wut auslösen, mich so traurig machen, daß ich mich umbrachte, oder so jähzornig, daß ich um mich biß. Ich versuchte, meine Sorgen in den Griff zu bekommen, aber ich war wie ein Kind, das nach den Sonnenstrahlen greift. Es öffnet die Hand, und Licht und Wärme sind fort. Ich driftete ab in einen Traum und war in einem Zirkus, sah einen Elefanten, ja, einen Elefanten und

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