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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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ein gummigesichtiger Sechziger, ein bißchen schnapsnasig, Wohlstand in den Gesten und Entschiedenheit in der Miene. Selbst inmitten dieser Herde war er gelassen. Pearl stellte mich vor und ging. Sofort wurde ich von den Nicht-Nate-Zocks bedrängt. Jeder wollte gefüttert werden, mit Diagnose, mit Prognose und dem neuesten Lagebericht zu dem sich anbahnenden Notfall: daß Nate am Ende nicht das beste Zimmer im
House of God
bekommen könnte. Darauf hackte vor allem Trixie herum und schrie mir ständig den Namen Zock ins Ohr und:
    »Wissen Sie eigentlich, wer Nate Zock ist? Haben Sie mal was vom Zock-Flügel gehört?«
    Nachdem sie ungefähr drei Minuten lang an mir herumgesabbert hatten, reichte es mir, und ich sagte laut:
    » OK , alle außer Nate verlassen jetzt das Zimmer!«
    Schock. Keiner rührte sich. Wie konnte jemand wagen, so mit den Zocks zu sprechen?
    »Einen Augenblick mal, mein junger Dr. Kil …«
    »Trixie, halt die Klappe und geh raus!« sagte Nate, und wenn Nate sprach, hörten selbst die anderen Zocks zu. Das Zimmer leerte sich rasch. Während der Untersuchung sagte Nate:
    »Sie sind zu fett. Wir haben alles versucht, aber es half nichts. Wissen Sie, Dr. Pearlstein hat mir von Ihnen erzählt, Dr. Basch, er hat mich gewarnt, er hat gesagt, Sie seien ein zäher Bursche, ich sollte nicht versuchen, mich mit Ihnen anzulegen. Sagte, Sie seien sehr gut, aber sehr direkt. Das gefällt mir. Ärzte sollten stark sein. Wenn man so reich ist wie ich, fassen einen die Leute nicht hart genug an.«
    Ich nickte, fuhr mit der Untersuchung fort und fragte ihn, was er geschäftlich mache.
    »Schrauben und Muttern. Hab während der Depression mit fünfhundert Piepen angefangen, und jetzt... Millionen. Schrauben und Muttern, nicht das beste, aber das meiste.«
    Ich sagte ihm, daß sein blutender Darm wahrscheinlich heilen würde, wenn wir möglichst wenig damit anstellten. Als ich fertig war, steckte Trixic ihren Kopf herein. Sie war empört darüber, daß Nate tatsächlich nur das zweitbeste Zimmer des
House of God
bekommen würde. Nate riet ihr, zu verschwinden.
    »Na und? Ich bekomme sonst immer das beste Zimmer. Niemand besucht dich im besten Zimmer. Also lebe ich eben mal eine Nacht lang primitiv, was ist dabei? So geht es diesen Kindern, immer das Beste, und dann? Fett. Verdammt zu fett.«
    789 hatte einen harten Tag gehabt. In einem Labyrinth von Untersuchungen verfangen, die Olive O.s
Private
angeordnet hatte, Klein-Otto, dessen Name in Stockholm immer noch – immer noch! – keinem ein Begriff war, hatte er die Hoffnung aufgegeben, je mit den Höckern weiterzukommen. Bei seiner ersten Aufnahme des Tages hatten er und der Radiologie
-Resident
auf der Röntgenaufnahme des Brustkorbs etwas Auffälliges gesehen. Als er mir den Fall vorstellte, verschreckte ich ihn mit einer Hausregel: Wenn der Radiologe und der BMS etwas Auffälliges auf einer Thoraxaufnahme sehen, kann dort nichts Auffälliges sein. Obwohl 789 nicht nachgab, stellte sich heraus, daß es das Armband der technischen Assistentin war, und Sieben brach zusammen. Ich versuchte, ihn aufzumuntern, aber es brachte nichts, und ich gab es auf. In dieser Nacht wollte ich bei niemandem mehr etwas versuchen.
    »Sieben«, sagte ich und schwang mich vom oberen Bett ins untere. »Ich will jetzt schlafen. Ich möchte, daß du dein OP -Zeug nimmst und es gleich anziehst, damit du nachher hier nicht reinplatzt und herumkramst, das Licht anmachst und mich weckst.«
    Mit halbgeschlossenen Augen sah ich den kleinen, bärtigen Gelehrten sich ausziehen, seinen pickeligen und schon schlaffen Körper im Neonlicht entblößen, rasch in seinen leichengrauen OP -Kittel schlüpfen und innehalten. Ich fragte ihn, was los sei. Nach einer für ihn typischen, gedankenvollen Pause sagte er:
    »Dr. Basch, ich habe in dieser Nacht noch einige Stunden Arbeit vor mir und Sie nicht. Wieso gehen Sie immer schlafen, und ich bin immer wach?«
    »Ganz einfach. Du bist Mathematiker, richtig? Ich bekomme ein festes Gehalt von der BMS , egal wie viele Stunden ich auf bin. Du zahlst eine feste Studiengebühr an die BMS , egal wie viele Stunden du auf bist. Also, je länger ich schlafe, um so mehr verdiene ich pro wache Stunde, und je mehr du wach bist, desto weniger zahlst du pro wache Stunde. Kapiert?«
    Pause. Dann Siebens
q.e.d.:
»Sie werden also fürs Schlafen bezahlt, und ich zahle, um wach zu bleiben.«
    »Du hast es erfaßt. Mach das Licht aus, wenn du gehst, sei ein guter Junge.

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