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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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Herzstillstand und Leos Rückkehr aus der Welt des Todes. Viele Leute waren hinzugekommen, um zu helfen. Potts und mich hatte man zur Seite geschoben. Ich fühlte mich beschämt und unfähig. Leo hatte über unsere Scherze gelacht, sein Versuch zu sterben war surreal, und ich hatte mich geweigert, ihn zu erkennen. Dickie war großartig, sein Umgang mit dem Herzstillstand ein Meisterwerk.
    Als Leo ins Leben zurückgekehrt war, begleitete Dickie uns zurück zur Stationszentrale, legte seine Füße hoch, öffnete die Zeitung und sagte:
    »Alles in Ordnung, auch wenn Sie in Panik geraten sind und sich beschissen fühlen. Ich kenne das. Es ist furchtbar, und es wird nicht das letzte Mal sein. Aber vergessen Sie nicht, was Sie gesehen haben. Regel Nr.  3 : Bei Herzstillstand zuerst den eigenen Puls fühlen.«
    »Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, weil er eine geplante Aufnahme war, keine Notaufnahme«, sagte Potts.
    »Geplant bedeutet hier gar nichts«, sagte Dickie. »Leo wäre gestorben. Er ist jung genug, um zu sterben, verstehen Sie?«
    »Jung?« fragte ich. »Er sieht aus wie fünfundsiebzig.«
    »Zweiundfünfzig. Herzinsuffizienz ist schlimmer als die meisten Krebsfälle. Leute in seinem Alter sterben. Der wird nie ein Gomer, nicht mit einem solchen Leiden. Und da liegt die Herausforderung für die Medizin: Gomers, Gomers, Gomers, für die du nichts tun kannst, und dann, PENG ! kommt plötzlich Leo, ein netter Kerl, der sterben kann, und du mußt dich ranhalten, um ihn zu retten. Das ist genau, was Joe Garagiola gestern abend über Luis Tiant gesagt hat: Er zeigt dir seinen ganzen Dribble-Zirkus und dann, wenn er mit seinem Hammer kommt, sieht das einen ganzen Zahn schneller aus.«
    »Mit seinem Hammer?« fragte Potts.
    »Oh, Jesus«, sagte Dickie. »Sein Schuß, sein Schuß! Woher kommt ihr beiden eigentlich?«
    Damals dachten Potts und ich dasselbe. Wir fühlten uns beide unfähig. Aus irgendeinem Grund war Chuck anders. Er brauchte keine Hilfe. Er wußte, was zu tun war. Später am Nachmittag fragte ich ihn, wieso er sich schon so gut auskannte.
    »Ganz einfach, Mann. Ich hab nix gelesen. Einfach nur alles gemacht.«
    »Du hast nie etwas gelesen?«
    »Nur über diese roten Ameisen. Aber ich weiß, wie man ’ne große Braunüle legt, ’nen Brustkorb punktiert, was du willst, hab’s alles gemacht. Du nich?«
    »Nein, nichts«, sagte ich und dachte an meine Anstellerei wegen Sophies Aspirin.
    »He, Mann, was habt ihr denn auf der BMS gemacht?«
    »Bücher gelesen. Ich weiß alles, was man über Medizin wissen muß, aus Büchern.«
    »He, sieht so aus, als wäre das dein Fehler, genau das. Meiner war, nich zur Armee zu gehn. Vielleicht …«
    Eine Schwester stand im strahlenden Sommerlicht, die Schwester der Nachmittag- und Abendschicht. Sie stand breitbeinig da, die Hände in den Hüften, und las die Krankenakten, dabei erst den einen Fuß zur Seite wiegend, dann den anderen. Das helle Sonnenlicht machte ihre Uniform nahezu durchsichtig, und ihre Beine flossen in weichen Linien von ihren schmalen Knöcheln und Waden den ganzen Weg nach oben, wo alles in einer geheimnisvollen Naht zusammentraf. Sie trug keinen Slip, und durch ihr gestärktes weißes Kleid konnte ich die hellen Muster auf ihrer Strumpfhose sehen. Sie wußte, daß man sie sehen konnte. Man sah auch das Gummiband ihres BHs mit diesem verführerischen, unaufhakbaren Verschluß. Sie stand mit dem Rücken zu uns. Wie sie wohl von vorne aussah? Ich wünschte beinahe, sie würde sich niemals umdrehen, um meine Vorstellungen von ihren Brüsten, von ihrem Gesicht nicht zu verderben.
    »He, Mann, das is was!«
    »Ich liebe Krankenschwestern«, sagte ich.
    »He, Mann, was is nur dran an Schwestern?«
    »Es muß das viele Weiß sein.«
    Sie drehte sich um. Ich schnappte nach Luft. Wurde rot. Von ihrer zerknitterten Vorderseite, die über die Kerbe zwischen den
claviculae
hinaus aufgeknöpft war und tiefe Einblicke gewährte, bis zu den vollen, eng zusammengehaltenen Brüsten, vom Rot ihres Nagellacks und ihres Lippenstifts bis zum Blau ihrer Lider und dem Schwarz ihrer Wimpern, sogar bis zu dem glitzernden Gold des kleinen Kreuzes von der katholischen Schwesternschule, war sie wie ein Regenbogen in einem Wasserfall. Nach einem Tag in dem heißen, stinkenden
House,
nach einem Tag, an dem uns
Privates
und Schlecker und Gomers geschunden hatten, war sie wie eine saftige Orangenscheibe, die einem in den Mund spritzt. Sie kam zu uns herüber.
    »Ich bin

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