Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
Vom Netzwerk:
Lizenz zum Töten«, sagte der Dicke. »Zeit zum Essen. Wir werden an den Bakterienkulturen sehen, wo Donowitz seine Finger zuletzt drin hatte, bevor er versucht hat, diesen armen urämischen Schlump umzubringen.«
    Der Dicke hatte recht. Farbenfrohe und auserlesene Bakterien wuchsen in der Wunde, darunter eine Sorte, die nur im Darm unserer heimischen Enten vorkommt. Begeistert wollte der Dicke den »Fall Entenarsch-Donowitz« publizieren. Der Patient flirtete heftig mit dem Tod, kam aber durch. Er wurde einen Monat später entlassen und hielt es für einen normalen, ja notwendigen Teil seiner erfolgreichen Behandlung im
House of God,
daß ihm von seinem geliebten Arzt ein Stück Haut aus dem Arm gerissen worden war.
    Als der Dicke zum Essen ging, kam die Angst zurück. Maxine bat mich, ein Rezept für Aspirin gegen Sophies Kopfschmerzen auszuschreiben, und als ich gerade meinen Namen daruntersetzen wollte, fiel mir ein, daß ich für jede Komplikation verantwortlich war, und hielt inne. Hatte ich Sophie gefragt, ob sie auf Aspirin allergisch war? Nein. Ich tat es. Sie war es nicht. Ich schrieb das Rezept und hielt wieder inne. Aspirin fördert Magengeschwüre. Wollte ich riskieren, daß diese arme LAD in GAZ verblutete und an Magengeschwüren starb? Ich wartete auf den Dicken.
    »Ich habe eine Frage, Dickie.«
    »Ich habe eine Antwort. Ich habe immer eine Antwort.«
    »Ist es in Ordnung, Sophie zwei Aspirin gegen ihre Kopfschmerzen zu geben?«
    Er sah mich an, als sei ich von einem anderen Stern und sagte:
    »Haben Sie gehört, was Sie mich gerade gefragt haben?«
    »Ja.«
    »Roy, hören Sie zu. Mütter geben ihren Babys Aspirin. Sie nehmen selbst Aspirin. Was soll das also?«
    »Ich glaube, ich habe einfach Angst, meinen Namen unter das Rezept zu setzen.«
    »Sie ist unzerstörbar. Immer ruhig bleiben, ich bin hier, OK ?« Er legte die Füße auf den Tresen und schlug das
Wall Street Journal
auf. Ich schrieb das Rezept für Aspirin, kam mir blöd vor und ging zu einem Gorilla namens Zeiss. Er war zweiundvierzig, bösartig, hatte ein schweres Herzleiden und benötigte einen neuen Zugang. Ich stellte mich vor und versuchte mein Bestes. Meine Hände zitterten, und in dem warmen Zimmer begann ich zu schwitzen; Schweißtropfen fielen auf das sterile Feld. Ich fand die Vene nicht, und Zeiss stöhnte auf. Ein zweites Mal ging ich langsamer vor, und er grunzte, stöhnte und schrie:
    »Hilfe, Schwester! Schmerzen in der Brust! Geben Sie mir mein Nitroglyzerin!«
    Na prima, Basch, dein erster Herzpatient und du verhilfst ihm gerade zu einem Anfall.
    »Ich habe einen Herzanfall!«
    Wunderbar. Ruf einen Arzt. Halt – du bist ja der Arzt.
    »Sind Sie nun ein richtiger Arzt, oder was? Mein Nitro! Schnell!«
    Ich legte ihm eine Pille unter die Zunge. Er sagte, ich sollte mich verziehen. Vernichtet wünschte ich, ich könnte es. Angefüllt mit Sternstunden der Medizin ging der Tag weiter. Potts und ich klebten an dem Dicken wie Entenkücken an der Mutterente. Dickie saß da und las, die Füße hochgelegt, sichtlich in die Welt der Aktien, Bonds und Vermögenswerte vertieft, und doch schien er ein Gespür für jedes Problem auf der Station zu haben. Wie ein König, der sein Reich kennt wie seine Westentasche, der das Rauschen einer fernen Flut im Pulsieren der eigenen Nieren spürt und eine gute Ernte im eigenen vollen Leib. Er gab uns Anweisungen, warnte uns, half uns. Und einmal, nur einmal, bewegte er sich schnell, ganz und gar ein Held.
    Eine planmäßige Aufnahme namens Leo war für Potts angekommen. Hager, weißhaarig, freundlich, ein wenig atemlos stand Leo vor dem Aufnahmetresen, seinen Koffer neben sich. Potts und ich stellten uns vor und plauderten mit ihm. Potts war erleichtert, daß hier endlich ein Patient kam, der mit ihm sprechen konnte, der nicht todkrank war und der ihn nicht schlagen würde. Was Potts und ich nicht wußten: Leo war im Begriff zu sterben. Während er über einen Scherz von Potts lachte, lief er plötzlich blau an und fiel zu Boden. Potts und ich standen stumm da, erstarrt, unfähig, uns zu rühren. Mein einziger Gedanke war: »Wie peinlich für den armen Leo.«
    Dickie sah zu uns herüber, sprang auf die Füße und schrie:
    »Faustschlag!«
    Wir waren dazu viel zu erschrocken, und ich glaubte, es wäre auch viel zu melodramatisch. Er kam angerannt, schlug Leo auf die Brust, beatmete Leo, gab Leo eine extrathorakale Herzmassage, legte Leo einen Zugang und dirigierte mit kühler Virtuosität Leos

Weitere Kostenlose Bücher