House of God
der Los Angeles Rams in der Hand. »Ich habe ihr das hier verschrieben.«
»Wofür ist der?« fragte Potts.
»Für Ina«, sagte der Dicke und stülpte ihn ihr über den Kopf.
»Regel Nummer 2 : Gomers gehen zu Boden.«
»Was heißt das?« fragte ich.
»Sie fallen aus dem Bett. Ich kenne Ina vom letzten Jahr. Sie ist ein vollkommen verrückter, ausgetrockneter Gomer. Egal wie sicher sie auch angeschnallt ist, sie wird immer wieder rausfallen. Im letzten Jahr hat sie sich zweimal den Schädel gebrochen und war monatelang hier. Deshalb kamen wir auf die Idee mit dem Helm. Oh, übrigens, obwohl sie dehydriert ist: Was auch immer Sie mit ihr machen, Potts, hydrieren Sie sie nicht. Ihre Dehydration hat nichts mit ihrer Demenz zu tun, auch wenn es so im Lehrbuch steht. Wenn Sie sie hydrieren, bleibt sie verrückt, wird aber unglaublich aggressiv.«
Potts sah den Dicken an, und kaum war Inas linke Hand frei, schlug sie wieder zu. Instinktiv hob Potts die Hand, um zurückzuschlagen, hielt aber inne. Der Dicke bog sich vor Lachen.
»Ho, ho, habt ihr das gesehen? Ich liebe sie, ich liebe diese Gomers, wirklich …« Und lachend ging er aus der Tür.
Der Helm auf ihrem Kopf machte, daß Ina noch lauter kreischte: »Geh weg geh weg geh weg …«
Wir ließen sie sorgfältig angeschnallt allein, über ihren Ohren die gedrehten Widderhörner, und gingen zur Visite.
Im
House of God,
einem der BMS angeschlossenen Lehrkrankenhaus, gab es eine Visite für jedes Stationsteam: jeden Tag hielt ein Mitglied der
Privates
oder der Schlecker diese Lehrvisite ab. An unserem ersten Tag erschien George Donowitz, ein
Private,
der vor dem Zeitalter des Penicilin ziemlich gut gewesen war. Vorgestellt wurde ein gesunder junger Mann in gutem Allgemeinzustand, der zu einer Routineuntersuchung seiner Nierenfunktion aufgenommen worden war. Levy, mein BMS , stellte den Fall vor, und als Donowitz ihn drängte, eine Diagnose zu stellen, tippte er rasch aus der Liste obskurer Diagnosen auf »Amyloidose«.
»Typisch«, brummte der Dicke, als wir uns um das Krankenbett versammelten, »typisch BMS . Ein BMS hört draußen vor seinem Fenster Hufschläge und denkt als erstes an ein Zebra. Der Junge ist urämisch. Häufige Infektionen in seiner Kindheit haben seine Nieren geschädigt. Außerdem gibt es keine Behandlung für Amyloidose.«
»Amyloid?« fragte Donowitz. »Guter Gedanke. Lassen Sie mich Ihnen einen Nachweis für Amyloidose zeigen. Wie Sie wissen, bekommen Menschen mit diesem Leiden leicht Blutergüsse, sehr leicht, wirklich.«
Donowitz zwickte die Haut am Unterarm des Patienten. Nichts passierte. Verwirrt sagte er etwas wie: »Manchmal muß man ein bißchen fester zugreifen«, und er packte die Haut, drehte sie zusammen und kniff mit aller Kraft hinein. Der Patient schrie auf, fuhr hoch und begann vor Schmerz zu weinen. Donowitz sah hinunter und stellte fest, daß er ein großes Stück Haut vom Arm des Jungen gerissen hatte. Blut spritzte aus der Wunde. Donowitz wurde blaß und wußte nicht, was er tun sollte. Beschämt versuchte er, das Stück Haut wieder an seinen Platz zu bringen, drückte es auf die Wunde, als könnte er es wieder ankleben. Schließlich murmelte er: »Es … es tut mir leid«, und lief aus dem Zimmer.
Kühl und gelassen legte der Dicke einen Druckverband an. Dann gingen wir.
»Was haben Sie heute gelernt?« fragte der Dicke. »Sie haben gelernt, daß urämische Haut dünn und verletzlich ist und daß
House Privates
nichts taugen. Was noch? Worauf müssen wir jetzt bei dem armen Kerl achten?«
Der BMS versuchte es mit verschiedenen Zebras, und der Dicke hieß ihn schweigen. Potts und ich hatten keine Ahnung.
»Infektion«, sagte Chuck. »Bei Urämie muß man auf Infektionen achten.«
»Genau«, sagte der Dicke. »Bacteria-City, Infektionen angesagt. Wir müssen an alles denken. Ohne Donowitz wäre der Junge morgen nach Hause gegangen. Jetzt wird es Wochen dauern, wenn er am Leben bleibt. Und wenn er Bescheid wüßte, hieße das hier ärztlicher Kunstfehler.«
Bei diesem Gedanken muckte der BMS wieder auf, er wolle den Patienten aufklären, damit er klagen könne.
»Das wird nicht klappen«, sagte der Dicke, »denn je schlechter der
Private,
desto mehr kümmert er sich und wird von den Patienten geschätzt. Wenn schon ein Arzt auf das Fernsehklischee eines Arztes reinfällt, dann erst recht der Patient. Kann er denn wissen, welches die 00 -
Privates
sind? Natürlich nicht.«
» 00 ?« fragte ich.
»Mit der
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