House of God
was er immer noch die Große Erfindung der Amerikanischen Medizin nannte. Ich schaltete ab und war bald mit Berry an einem Junistrand, voller Lust und erregt von den Gedanken an all das, was wir miteinander anstellen konnten. Englische Landschaft. Auge in Auge, Seesalz auf unseren küssenden Lippen …
»Basch, vergessen Sie das. Wenn Sie länger wegbleiben und dann in dieses Scheißloch zurück müssen, kippen Sie um.«
Wie konnte er das wissen? Was hatten sie sich dabei gedacht, mich mit diesem Verrückten zusammenzutun?
»Ich bin nicht verrückt«, sagte der Dicke, »ich spreche nur aus, was jeder andere Arzt fühlt, aber die meisten unterdrücken es und lassen sich die Eingeweide zerfressen. Im vorigen Jahr habe ich Gewicht verloren. Ich! Da habe ich zu mir gesagt: Nicht deine Magenschleimhaut, Dickie Baby, nicht für dieses Gehalt. Kein Magengeschwür für dich. Und hier bin ich.« Gesättigt wurde er milder. Er fuhr fort: »Wissen Sie, Roy, diese Gomers haben ein außergewöhnliches Talent: Sie lehren uns Medizin. Wir beide gehen jetzt runter, und Anna O. wird Ihnen in einer Stunde mehr nützliche ärztliche Behandlung beibringen, als Sie von einem zerbrechlichen jungen Patienten in einer Woche lernen können. Regel Nr. 6 : Es gibt keine Körperhöhle, die nicht mit einer 14 er Kanüle und einem sicheren, starken Arm erreicht werden kann. Sie lernen an den Gomers, damit Sie, wenn ein junger Mensch sterbend ins
House of God
kommt …«
Mein Herz stolperte.
»… wissen, was zu tun ist. Es gut machen und ihn retten. Dieser Teil der Sache ist aufregend. Warten Sie, bis Sie die Spannung fühlen, wenn Sie eine Nadel blind in einen Brustkorb stechen, um eine Diagnose zu stellen, die einem jungen Menschen das Leben rettet. Ich sage Ihnen, das ist phantastisch. Gehen wir.«
Und das taten wir. Unter der Leitung des Dicken lernte ich, einen Brustkorb zu punktieren, ein Knie zu punktieren, Braunülen zu legen, eine LP korrekt durchzuführen und viele andere invasive Arbeitstechniken. Er hatte recht. Je besser ich mit der Nadel umzugehen lernte, um so besser und sicherer fühlte ich mich, und in mir glomm die Hoffnung auf, daß ich vielleicht doch ein kompetenter Arzt werden könnte. Langsam verließ mich die Angst, und als ich das spürte, durchzog mich tief drinnen ein Strom von Wärme, Ungeduld und Spannung.
»Gut so«, sagte Dickie, »so viel, was die Diagnose angeht. Jetzt die Behandlung. Was tun wir gegen ihre Herzinsuffizienz? Wieviel Lasix?«
Wer sollte das wissen? Auf der BMS hat man mir die empirische Seite der Medizin nicht beigebracht.
»Regel Nr. 7 : Alter + Serum-Harnstoff = Lasixdosis.«
Das war glatter Blödsinn. Obwohl Harnstoff ein indirektes Maß für Herzinsuffizienz war, spielte der Dicke mir offensichtlich wieder einen Streich, und ich sagte:
»Diese Gleichung ist Blödsinn.«
»Gewiß ist sie das. Aber sie funktioniert immer. Anna ist fünfundneunzig und ihr Serum-Harnstoff ist achtzig. Das macht hundertfünfundsiebzig Milligramm. Fünfundzwanzig als Zugabe, und es werden runde zweihundert. Tun Sie, was Sie wollen, sie wird erst pinkeln, wenn sie an die zweihundert herankommt. Oh, und denken Sie daran, Basch, frisieren Sie ihre Akte. Ein Rechtsstreit ist lästig, also geben Sie Anna O.s Akte eine hübsche kleine Politur.«
» OK «, sagte ich, »muß ich erst ihre Herzinsuffizienz beheben, bevor ich einen Großen Darmangriff starte?«
»Großer Darmangriff? Sind Sie beknackt? Sie ist kein Privatpatient, sie ist Ihre Patientin. Lassen Sie bloß die Finger von ihrem Darm.«
Ich war dankbar, war froh, daß dieser medizinische Zauberer bei mir war, und sagte:
»Wissen Sie, was Sie sind, Dickie?«
»Was?«
»Sie sind ein Großer Amerikaner.«
»Und mit etwas Glück bald ein reicher Mann. Zeit zum Schlafengehen für Dickie. Und denken Sie daran, Roy,
primum non nocere
und
hasta la vista,
muthafucka.«
Natürlich hatte er recht. Während ich die Schreibarbeit für meine Aufnahmen dieses Tages erledigte, hatte ich auch die Akten frisiert. Bei Anna O. hatte ich es zunächst mit kleineren Dosen Lasix versucht, und es war überhaupt nichts passiert. Ich saß in der Stationszentrale und horchte auf die vom Piep-Piep der Herzmonitoren untermalten Geräusche der Gomers. Ein beruhigendes Schlaflied:
Piep Piep Klumpen Raus Piep Piep Ruuuudl Ruuuudl Geh Weg Geh Weg Ruuuudl Ruuuudl Klumpen Raus Piep Piep Piep Piep …
Les Brown und seine berühmte Gomer-Band spielten mir auf, während ich
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