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House of God

House of God

Titel: House of God Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel Shem
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keinen, der mehr über Gomers weiß als Dickie«, sagte Chuck. »Der is ’n cooler Typ, was diese Gomers angeht. Bleib cool, Roy, bleib cool.«
    Getrieben von meiner Angst, irgend etwas zu übersehen und davon verfolgt zu werden wie Potts von dem Gelben, tat ich in den ersten Wochen mit Jo alles, was sie wollte. Ich ließ an jedem meiner Patienten jede erdenkliche Untersuchung machen, und ich trug sorgfältig alles in die Krankenakten ein. Mit Jos Hilfe schrieb ich sogar Referenzen als Fußnoten. Die Akten sahen bald großartig aus, auf Hochglanz poliert. Die Schlecker des
House of God,
der Fisch und der Leggo warfen einen Blick auf die blankgewienerten Akten, und ihre Gesichter erhellten sich in einem schönen, blanken Lächeln. Poliere die Akte, und du polierst automatisch die Schlecker. Und nicht nur das, bald merkte ich, daß die Untersuchungen immer komplizierter wurden, je mehr ich machen ließ, und die Patienten um so länger im
House
blieben. Entsprechend mehr Geld kassierten die Belegärzte. Poliere die Krankenakte, und du polierst automatisch die Belegärzte. Jo hatte recht: Je mehr du tust, um so mehr polierst du die Ärzte.
    Die Dummen dabei waren die Patienten, vor allem die Gomers. Was die Gomers betraf, lag Jo vollkommen falsch. Je mehr ich unternahm, um so schlechter ging es ihnen. Als Jo ihren Dienst antrat, war Anna O.s Elektrolythaushalt im Gleichgewicht, jedes ihrer Organsysteme arbeitete so perfekt wie es bei einem 1878 er Modell nur möglich war. Das galt meines Erachtens auch für das Gehirn, denn war Demenz nicht ein normaler und sanfter Übergang der Maschine in ihren Verfall? Sie hätte bald wieder ins
Hebrew House of Incurables
abgeschoben werden können. Nun wurde sie in den heißen Augustwochen im ganzen
House
herumgeschubst, Schädeluntersuchungen hier, LP dort. Es ging ihr immer schlechter, viel schlechter. Unter dem Stress der Demenz-Untersuchungen klappten ihre Organe eins nach dem anderen zusammen wie bei einem Dominospiel. Die radioaktive Kontrastflüssigkeit für ihre Hirnszintigrafie ließ ihre Nieren versagen, und die Kontrastflüssigkeit für die Untersuchung ihrer Nieren überlastete ihr Herz. Die Medikamente für ihr Herz ließen sie erbrechen, wodurch ihr Elektrolyt-Haushalt auf lebensgefährliche Weise gestört wurde. Dadurch verstärkte sich die Demenz, und ihr Verdauungssystem setzte aus. Eine Kolonpassage war angezeigt, aber die dafür notwendige Darmreinigung dehydrierte sie und ließ ihre gequälten Nieren vollständig versagen. Das führte zur Infektion, zur Dialyse und zu Riesenkomplikationen bei all diesen Riesenerkrankungen. Sie und ich waren erschöpft, und sie wurde sehr krank. Wie der Gelbe mußte sie durch eine Phase heftiger Krämpfe und zappelte wie ein Thunfisch am Haken. Darauf folgte eine Phase, die noch unheimlicher war, in der sie totenstill, wie sterbend in ihrem Bett lag. Ich war traurig, denn inzwischen mochte ich sie. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich fing an, lange an Annas Bett zu sitzen und nachzudenken.
    Der Dicke hatte jede dritte Nacht als verantwortlicher
Resident
mit mir Dienst, und eines Nachts, als er nach mir suchte, um mit mir zum Zehn-Uhr-Essen zu gehen, fand er mich bei Anna, der ich bei ihrem Versuch zu sterben zusah.
    »Was, zum Teufel, machen Sie hier?« fragte er.
    Ich erzählte es ihm.
    »Anna war schon auf dem Weg zurück ins
Hebrew House!
Was ist passiert – Moment, sagen Sie nichts. Jo hat beschlossen, allen Ursachen für ihre Demenz nachzugehen, richtig?«
    »Richtig. Sie sieht aus, als würde sie sterben.«
    »Sie stirbt nur, wenn Sie sie mit all dem umbringen, was Jo Sie machen läßt.«
    »Aber was soll ich denn tun, wenn Jo mir im Nacken sitzt?«
    »Ganz einfach. Tun Sie gar nichts mit Anna und verheimlichen es vor Jo.«
    »Vor Jo verheimlichen?«
    »Klar. Rein theoretisch setzen Sie die Untersuchungen fort, frisieren die Akte mit imaginären Ergebnissen imaginärer Untersuchungen, und Anna wird sich zu ihrem ursprünglichen verwirrten Zustand erholen, es sind keine heilbaren Ursachen dafür gefunden worden, und jeder ist glücklich. Und damit hat es sich.«
    »Ich bin nicht sicher, ob das anständig ist.«
    »Ist es anständig, diesen liebenswürdigen Gomer mit Ihren Untersuchungen umzubringen?«
    Darauf konnte ich nichts mehr sagen.
    »Also dann, gehen wir essen.«
    Während wir aßen, fragte ich den Dicken über Jo aus. Er wurde ernst und sagte, Jo sei furchtbar deprimiert. Er dachte über sie genauso wie über

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