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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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irgendetwas passiert, es macht dich jedes Mal fertig. Du ackerst und schwitzt und kämpfst. Und trotzdem siehst du manchmal nur noch rot.
    Piloten werden systematisch aus- und fortgebildet, auch wenn sie längst ihre Fluglizenz haben, um auf jeden denkbaren Ernstfall vorbereitet zu sein. Jede Belastungssituation, in die sie geraten könnten, wird trainiert. Für all diese Fälle und noch viel mehr gibt es Vorgaben, wie du reagieren solltest. Gut, wenn du weißt, was zu tun ist, wenn dann wirklich einmal ein Triebwerk ausfällt oder ein Passagier verrücktspielt.
    Gute Vorbereitung ist die halbe Miete. Deshalb werden auch beim Militär ständig alle denkbaren Szenarien durchgespielt. Nicht nur im Kalten Krieg lagen die Pläne fertig in den Schubladen. Auch heute ist für den Ernstfall vorgesorgt: Wenn China dies tut, reagieren wir mit Plan A. Wenn die Nordkoreaner jenes tun, dann tritt Plan B in Kraft. Und so weiter. Wenn erst einmal der Ernstfall eingetreten ist, ist keine Zeit mehr, sich über mögliche Strategien auszutauschen.
    Wie reagieren wir, wenn ein Großbrand unsere Produktionsstätte in Schutt und Asche legt? Was können wir tun, wenn eine stark ansteckende Infektionskrankheit unsere Belegschaft arbeitsunfähig macht? Auch jede Organisation und jede Körperschaft muss ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie sich fragt: Wie können wir verhindern, dass ein Stromausfall das ganze Krankenhaus lahmlegt? Wie werden wir reagieren, wenn ein Zusammenbruch unserer Computersysteme alle Daten über die Rentenansprüche unserer Beitragszahler löscht? Allein die Konfrontation mit solchen Szenarien wirft so manchen Entscheider in Unternehmen aus der Bahn.
    Bei den Politikern sieht es noch schlimmer aus. Natürlich wird auch hier vorausgedacht. Gelegentlich. Was passiert, wenn die Generation der Erben plötzlich keine Lust mehr hat, zu arbeiten? Wie schaffen wir es, in einer weltweiten Krisensituation die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln aufrechtzuerhalten? Und dann gibt es Szenarien wie die Euro-Krise. Ist es wirklich nicht vorhersehbar, dass Schulden irgendwann zurückgezahlt werden müssen? Ist es wirklich überraschend, wenn ein Kernkraftwerk von einem Tsunami überrollt wird, wenn das Kraftwerk direkt an der Küste liegt und die Küste nur wenige hundert Kilometer von einer tektonischen Verwerfung entfernt ist? Ich weiß nicht, wann man in der Schule lernt, dass Erdbeben und tektonische Verwerfungen irgendwie zusammenhängen, aber es ist sicher lange vor dem Abitur …
    Ein bisschen übertrieben? Kriegsspiele für unterbeschäftigte Manager und Generäle? Ich denke nicht. Ich würde gerne wissen, ob sich die großen deutschen Energieunternehmen vor 2010 jemals die Frage gestellt haben, was sie wohl tun können, wenn die Regierung sie über Nacht zwingt, aus der Atomkraft auszusteigen. Oder ob der Spezialglashersteller Schott sich schon vor ein paar Jahren ausgemalt hat, wie man reagiert, wenn die Chinesen kristalline Photovoltaik-Produkte zum halben Preis auf den Markt werfen. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie es getan hätten. Denn das Unternehmen hat sich Anfang 2013 sehr gefasst und sehr strukturiert aus der Photovoltaik zurückziehen können, obwohl sie eine der umsatzstärksten Sparten war.
    Es ist nicht nur müßige Spielerei, sondern sehr professionell, sich Horrorszenarien aller Art auszudenken. Was sich die Leute davon versprechen, liegt auf der Hand: Wenn all diese Situationen schon längst durchdacht sind, steht man nicht wie der Ochs vor dem Berg, wenn plötzlich der Ernstfall eintritt. Im besten Fall hat man rechtzeitig Vorsorge treffen können. Oder Strategien entwickelt, die das Ereignis weniger gefährlich machen.
    Wenn du gut bist, denkst du dir Horrorszenarien aus.
    Auch die meisten kleineren Unternehmen sind nicht viel vorausschauender. Sicher machen sie Zukunftspläne, aber ihre Welt ist ohne Störfälle. Welcher Dachdecker hat sich ernsthaft Gedanken darum gemacht, was er tun wird, wenn sein wichtigster Mitarbeiter abgeworben wird? Oder wenn seine Montagehalle abbrennt? Klar, er hat eine Versicherung. Aber was
tut
er? Wie kommt er mit seinen Kunden, mit seinen Lieferanten ins Gespräch? Was machen seine Mitarbeiter, bis die Arbeit wieder aufgenommen werden kann? Wie wird er neu bauen? Und wo? Tausend Fragen. Wenn er mit ihrer Beantwortung erst dann anfängt, wenn die Asche noch warm ist, verliert er viel Zeit und trifft aus Zeitnot wahrscheinlich die falschen

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