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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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Der Pilot der Concorde nicht.
    Du kannst dich also nicht gut genug auf solche Fälle vorbereiten.

KAPITEL 9
Zahltag: Was du dir nicht schenken kannst
    »Der Zufall trifft nur einen unvorbereiteten Geist.« LOUIS PASTEUR
     
    Schon beim Start hatte es Schwierigkeiten gegeben – deine Sicht war durch Nebel stark eingeschränkt. Dazu kam noch eine vereiste Startbahn. Trotzdem musstest du deine Maschine starten. Ein Flugzeug in die Luft zu bekommen braucht immer volle Konzentration, aber unter diesen Bedingungen geht die Pulsfrequenz gleich noch ein paar Punkte nach oben. Kurz bevor du genug Geschwindigkeit hattest, um die Nase deines Flugzeugs hochzuziehen, fiel plötzlich eine Kontrollleuchte aus. Doch du hast richtig reagiert: Diese Leuchte war von untergeordneter Bedeutung, also hast du den Start durchgezogen. Sobald du deine Reise-Flughöhe erreicht hättest, würde genug Zeit sein, sich um diese Leuchte zu kümmern.
    Aber es wird nicht ruhiger. Auch in den folgenden zwei Stunden hast du kaum eine ruhige Minute. Du kämpfst mit vereisten Tragflächen, musst mit dem dauernden Wechsel der Funkfrequenz zwischen den Bodenstationen klarkommen, mit Fluglotsen, deren Englisch nur schwer zu verstehen ist, Informationen austauschen. Dann die Meldung aus der Kabine, dass einer der Passagiere betrunken ist. Und die ganze Zeit auch Probleme mit einem Triebwerk. Obwohl es noch nie so stressig war wie heute, hast du dich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Alles im Griff. Noch eineinhalb Stunden. Du freust dich schon auf ein kühles Bier nach der Landung.
    Dann auf einmal der Ausfall der Höhenruder-Hydraulik. Schock! Mechanisch versuchst du alles, was du in deiner Ausbildung gelernt hast, um die Kontrolle über das Ruder wieder zu bekommen. Nichts funktioniert. Das heißt, dass du dein Flugzeug zwar noch über Quer- und Seitenruder lenken kannst. Aber du kannst nicht mehr über die Höhenruder die Flughöhe bestimmen. Wie kannst du da landen?
    Hastiger Austausch mit der Bodenstation. Die Checks bestätigen, dass die Hydraulik nicht aktiviert werden kann. Du entscheidest, den nächsten Flughafen anzufliegen. Die Höhe kannst du jetzt nur noch über die Triebwerke steuern. Mehr Leistung, der Flieger steigt, weniger Leistung, der Flieger sinkt. Theoretisch sollte das klappen. Praktisch schwitzt du Blut und Wasser. Vor allem, weil du das noch nie gemacht hast.
    Der Flughafen leitet alle anderen Flugzeuge um. Du hast freie Bahn. Aber du kommst mit der Steuerung nicht zurecht. Das Flugzeug fliegt sich wie ein Schwamm. Das linke Triebwerk bringt viel mehr Leistung als das rechte. Dadurch hängt das Flugzeug schief. Du versuchst auszugleichen, machst es nur noch schlimmer. Deine Bewegungen werden immer hektischer. Plötzlich merkst du, dass du viel zu langsam geworden bist. Die Luftströmung droht abzureißen. Du versuchst noch, das über die Trimmung auszugleichen, aber es ist zu spät. Der Flieger kippt über die rechte Seite weg, kommt ins Trudeln. Der Boden rast auf dich zu.
    Du schreist: »Bullshit! Das war Bullshit!«
    Plötzlich ist die Cockpitscheibe knallrot. Das heißt: Das war’s. Touchdown. Unkontrolliert. In der Realität wärst du jetzt tot.
    Du reißt die Hände hoch und schreist: »Bullshit! Das war Bullshit!« Die Tür hinter dir öffnet sich und dein Simulator-Instructor schaut rein. Er ist von deiner Reaktion völlig unbeeindruckt. Zu oft hat er so etwas schon erlebt. Nüchtern sagt er: »Ihr nächster Termin ist morgen früh um vier Uhr.«
Als ob
    Vier Stunden dauert so ein Flug im Simulator. Hier trainieren Piloten Extremfälle. Hier stellen sie ihre Fähigkeit, auch in schwierigsten Situationen kühlen Kopf zu bewahren und richtig zu handeln, unter Beweis. Im Simulator geht es nicht nur um technisches Können, sondern auch um die Fähigkeit, strukturiert Entscheidungen treffen. Schönwetter-Piloten gibt es viele, die Zahl derjenigen, die in zeitkritischen und komplexen Situationen ruhig Blut bewahren, ist deutlich geringer.
    Ein Flugsimulator ist keine Playstation. Da kannst du nicht zwischendurch auf die Pause-Taste drücken und dir einen Kaffee holen. Hier kommst du regelmäßig an deine Grenzen. Du weißt, jedes Mal sind massenweise Gemeinheiten einprogrammiert, und deshalb gehst du schon mit Puls 130 in den Test. Das Schlimmste ist, wenn nichts passiert. Denn das heißt normalerweise, du hast irgendetwas übersehen und gleich fliegt dir alles um die Ohren. Auch wenn du noch so sehr erwartest, dass

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