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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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Entscheidungen.
    Ich habe einmal einen Workshop mit Gastronomen gemacht. Mit Großgastronomen, die teilweise mehrere Millionen in ihre Betriebe investiert haben, nicht mit dem Besitzer von Bodos Dröhnstube an der Ecke. Egal, wen du fragst, was die größten Bedrohungsszenarien für Gastronomen sein könnten – eine Aussage kommt sofort: Selbst gastronomische Laien kommen auf Anhieb darauf, dass eine Lebensmittelvergiftung zum Beispiel durch Salmonellen ein ziemlich schwer zu verkraftender Schlag wäre. Es sieht vermutlich wirklich dumm aus, wenn plötzlich direkt vor dem neuen In-Restaurant hundert Leute mit einer Salmonellenvergiftung, na du weißt schon …
    Und jetzt rate mal, wie viele der Gastronomen auf dem Seminar auch nur ansatzweise einen Notfallplan für so etwas in der Tasche hatten. Wer macht was? Wer muss informiert werden? Welche Ärzte kann ich rufen? Was sage ich der Presse, die sicher bald auftaucht, und wer steht vor den Kameras und Mikrofonen? Auch hier: Fragen, Fragen, Fragen.
    Und was machen all die Generäle, Politiker, Unternehmer, wenn sie nach Hause kommen? Bereiten sie sich vielleicht wenigstens im persönlichen Umfeld auf mögliche Super-GAUs vor? Nein, das tun sie nicht. Denn da gibt es etwas, das uns davon abhält, uns beizeiten Gedanken um unsere persönliche Zukunft zu machen. Selbst wenn wir professionell Vorsorge treffen können, wenn es um unsere Verantwortung einem Land oder einem Unternehmen gegenüber geht, sind wir blauäugig, wenn wir in unsere eigene Zukunft blicken.
Rosa Brillen
    Sonntag. Ein warmer Sommerabend. Die Vögel singen in den Bäumen. Die Luft ist samtig weich. Obwohl es erst sechs Uhr ist, wird es noch ein paar Stunden hell sein. Ein Abend zum Niederknien.
    Ich fahre in meinem Porsche durch mein Viertel, vorbei an den Gärten, in denen sich nach der sommerlichen Hitze des Tages die Familien sammeln, um den Grill anzuwerfen. Hinter allen Zäunen und Hecken Lachen und Rufen. Als ich vorbeifahre, schauen die meisten Männer kurz hoch. Ich lebe auf dem Land. Manche Autos werden hier allein an ihrem Motorengeräusch schon von Weitem erkannt. Ich fürchte, meines gehört dazu. Und ich weiß, dass in manchen Gesichtern jetzt mühsam kaschierter Neid zu sehen ist. »Da fährt er wieder, der Brandl. So gut wie der möchte ich es auch einmal haben«, sagen sie und stochern noch ein bisschen heftiger als zuvor in der Grillkohle herum.
    Ich kenne die Menschen in meiner Gegend. Ich habe oft genug mit ihnen geredet und weiß, wie sie ticken. Zwei, drei Kinder, das Haus noch abzubezahlen, da liegt ein Sportwagen nicht in ihrer Reichweite. Wenn ich mit meinem Porsche vorbeirausche, tut ihnen das weh. Sie sehen nur die Zeichen eines Erfolges, haben aber keine Ahnung, was dieser Erfolg mich kostet. Würde mir ja an ihrer Stelle nicht anders gehen.
    Bei 150 Hotelübernachtungen im Jahr gehen einem auch schöne Hotels auf den Keks.
    Was sie nicht auf dem Schirm haben, ist: Ich fahre nicht an einem lauen Sommerabend spazieren, sondern zum Flughafen. Mit der letzten Maschine nach Hamburg. Um 20.30 Uhr im Hotel einchecken. Ein Hotel kann so teuer und gut sein, wie es will, bei 150 Hotelübernachtungen im Jahr gehen einem auch schöne Hotels auf den Keks. Noch eine Stunde den nächsten Tag vorbereiten. Schlafen. Um acht beim Kunden auf der Matte stehen, Vortrag vorbereiten. Um neun Seminar. Bis fünf oder sechs. Mit der 21-Uhr-Maschine weiter nach Stuttgart.
    Sosehr ich meinen Beruf liebe – ich würde jetzt tausendmal lieber mit ein paar Freunden im Garten sitzen, einen kühlen Wein im beschlagenen Glas, auf dem Grillrost ein paar Steaks. Meinetwegen auch mit einem Corsa in der Garage. Wär mir egal.
    So wie meine Nachbarn nicht wissen, wie es bei mir in Wirklichkeit aussieht, habe ich nicht viel Ahnung von ihrem Leben. Ich weiß ja gar nicht, was wirklich hinter den Kulissen los ist. Wer sagt mir denn, dass von den drei Kumpels, die den Fernseher auf die Terrasse gestellt haben, um sich ein Fußballspiel anzuschauen, nicht der eine kurz vor der Privatinsolvenz steht, der zweite Stress mit seiner Geliebten hat und der dritte verzweifelt nach einem Weg sucht, den seiner Frau versprochenen Urlaub auch wirklich von seiner Zeit abzuknapsen.
    Von außen sehe ich den Anschein eines glücklichen Familienlebens. Ich wünsche ihnen, dass er der Realität entspricht. Aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Trotzdem hadere ich mit meinem Leben, wenn ich sie im Garten sitzen sehe, während ich

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