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Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen

Titel: Hudson River - die Kunst, schwere Entscheidungen zu treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GABAL Verlag
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ihre Weinberge abgeholzt und neue Rebsorten angepflanzt. Warum auch? Sie haben einen Weinberg nach dem anderen umgestellt. Erst mal einen, dann haben sie geschaut, ob sie Erfolg haben. Dann die nächsten.
    Der Trick beim Losgehen ist also: Für den ersten Schritt eine Schrittlänge wählen, die dich nicht davon abhält, überhaupt loszulaufen. Ob ein Meter zwanzig oder drei Zentimeter Schrittlänge – Hauptsache, dein erster Schritt bringt dich deinem Ziel näher. Und darum geht es doch, oder? Im Trippelschritt erleichterst du dir also die Entscheidung, dich auf den Weg zu machen. Die Erfahrung lehrt, dass der zweite Schritt schon viel einfacher ist als der erste. Und ab dem dritten geht es fast schon wie von selbst.
    Manchmal kommst du auf dem eingeschlagenen Weg aber auch an Weggabelungen. Jetzt geht es nicht mehr um die Entscheidung, ob du dich auf den Weg machst oder nicht. Sondern um die Entscheidung: links oder rechts?
Ein bisschen schwanger
    Fliegen kann jeder. Aber Starten und Landen nicht. Das sind die kritischen Momente eines Fluges. Hier müssen jede Menge Entscheidungen getroffen werden. Wenn du erst einmal in der Luft bist, geht das Fliegen fast von alleine. Du darfst nur keine abrupten Steuerbewegungen machen. Das ist alles. In der kurzen Zeit des Starts geht es dagegen in einem Flugzeug vergleichsweise hektisch zu.
    Stell dir vor, du bist Pilot eines Passagierflugzeugs. Nach der Startfreigabe durch den Tower drückst du das Steuerhorn nach vorne und gibst Gas. Durch die Beschleunigung werden alle Insassen in ihren Sitz gedrückt. Deine Maschine wird schneller und schneller. Irgendwann auf der Startbahn meldet dir dein Copilot, der den Geschwindigkeitsmesser im Auge hat: »V1«. Das ist die »critical engine failure recognition speed« oder auch »takeoff decision speed«. Sie ist vom Flugzeugtyp abhängig, aber auch von der Länge der Startbahn und ein paar anderen Parametern. V1 ist die Geschwindigkeit, bis zu der du entscheiden kannst, ob du wirklich abheben oder den Start abbrechen willst. Unterhalb von V1 kannst du noch bremsen, ohne dass es dich in die Büsche haut. Sobald du von deinem Copilot das »V1« gehört hast, geht das nicht mehr. Der Rest der Startbahn reicht nicht mehr, um sicher zum Stehen zu kommen. Du musst starten.
    Was wir in diesem Kapitel gesehen haben: Du beginnst die Reise zu einem Ziel mit dem ersten Schritt. Diesen ersten Schritt zu machen, ist deine Entscheidung. Um die Entscheidung durchziehen zu können, wählst du deinen ersten Schritt möglichst klein. Wenn du ihn geschafft hast, bist du auf dem Weg und es wird immer einfacher für dich, die nächsten Schritte zu gehen.
    Wenn du aber an eine Weggabelung kommst, geht es in der Mitte nicht weiter. Sobald du an so eine Abzweigung kommst, musst du eine noch radikalere Art von Entscheidung treffen. Es heißt nun nicht mehr: Fange ich an oder nicht?, sondern: Links oder rechts?
    Wenn du in einem Flugzeug sitzt und es unterhalb der V1 ein Problem gibt, dann musst du in Zehntelsekunden entscheiden, ob du weitermachst oder den Start abbrichst. Du kannst nicht sagen: »Ich roll noch ein bisschen weiter und entscheide dann.«
    Das ist der Grund, warum diese Entscheidungen so radikal sind. Einen ersten Schritt kannst du jederzeit aufschieben. Ich möchte dir natürlich nicht raten, mit wichtigen Entscheidungen zu warten. Besser ist heute als morgen. Aber du hast die Möglichkeit. Außerdem steht es dir frei, die Schrittlänge selbst zu bestimmen.
    Wenn es aber um Weggabelungen geht, dann ist plötzlich kein Dimmer mehr am Lichtschalter. Da gibt es nur noch: An oder aus? Steuerknüppel hoch oder runter? Dazwischen gibt es nichts. Und wenn du dich einmal entschieden hast, dann gibt es kein Zurück mehr. Solche Entscheidungen sind nicht teilbar. Erst recht nicht in kleine Trippelschritte.
    Manche Entscheidungen kennen kein Kleingedrucktes.
    Du kannst nicht ein bisschen heiraten. Du stehst vor dem Altar oder beim Standesbeamten und sagst »Ja« oder du sagst »Nein«. Dazwischen gibt es nichts. Du kannst einen Menschen hinhalten, du kannst ihn betrügen. Wenn es aber zum Schwur kommt, kannst du nicht antworten: »Ja, aber mit Sternchen.« Entscheidungen wie diese kennen kein Kleingedrucktes.
    Genauso wenig kannst du ein bisschen ein Haus kaufen. Du kannst jahrelang um die Häuser herumstreichen, deinen Makler mit immer neuen Besichtigungsterminen wahnsinnig machen. Aber wenn du beim Notar sitzt, geht es nur noch darum: Unterschreibst

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