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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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gesehen hatte: Seine andere Hand umklammerte den elektrischen Weidezaun. Ich bekam so eine gewischt, dass ich herumsprang wie ein Klingelmützenjoker aus der Box. «Genau so», sagte Nancy.
    «Das kann ich nicht», erwiderte ich, «das ist unwürdig!»
    «Würde ist dein kleinstes Problem», sagte Nancy. «Los, mach mal! Ich mache auch mit!» Sie grimassierte, schüttelte mit heraushängender Zunge den Kopf und hampelte los. Ich sah sie zwei Sekunden entgeistert an, dann hampelte ich hinterdrein.
    «Los, schüttel deine Eingeweide!», rief Nancy. Es war halb elf am Vormittag. Zwei Menschen aus zwei verschiedenen Generationen hüpften und hampelten durch eine grimmige Eisenklinik, während anderswo ernsthaft gearbeitet wurde. Kein Wunder, dass ich es liebte.
     
    Am Abend ließ ich Konrad die Eierkuchen machen. Ich sagte ihm die Zutaten und Mengen und erörterte den 12 3-Gramm - und 27 4-Milliliter -Wahnsinn von Kochrezepten (es geht um Konsistenz, Junge), er rührte zögerlich in der Schüssel herum. Konrad mied alles Neue, selbst wenn es Eierkuchenteigwar. Ständig fragte er, ob das jetzt genug oder schon zu viel wäre. Dann beobachtete er argwöhnisch, wie der Teig in der Pfanne gelb und braun wurde. Hob ihn an, machte ihn kaputt, wollte, dass ich übernehme, aber ich weigerte mich. Der Erste wurde zu schwarz, und Konrad war wütend, wollte hinschmeißen. «Komm, mach einfach weiter!», sagte ich.
    «Ich kann das aber nicht!», rief Konrad, fettsträhnig, picklig, grobmotorisch und unsicher. Komisch, dass Coolness in der Jugend, wenn man sie am dringendsten braucht, so schwer zu haben ist. Ich musste ihn ein paar Minuten überreden, bis er die nächste Kelle in die Pfanne schippte. Mascha spielte brav, was sie immer tat, wenn sie dicke Luft roch. Glückliches Zweitkind. Still beobachten und lernen. Dann stopften wir uns mit Eierkuchen voll, leckten uns die Finger und gossen Bionade drauf, das Süßgetränk der diplomierten Süßgetränkverächter. Ich schickte Mascha Zähne putzen und fragte Konrad, wie es in der Schule so laufe. Er maulte ein «Allesgut» und verzog sich. Mascha kam und fletschte ihre geputzten Zähne. «Können wir jetzt Mama anrufen?», fragte sie.
     
    Am nächsten Tag machte Matze «Schädelspalter», das sind schwere Überzüge mit der Langhantel, und ließ sich von Meikel «spotten», sprich helfen. Rodscher ruderte vornübergebeugt – auf seiner Langhantel der Rest aller in diesem Stadtbezirk verfügbaren Hantelscheiben – und machte dabei Geräusche, als würde ihm gerade bei vollem Bewusstsein ein Organ entfernt. Ich trat ein, unschlüssig, ob ich mein Training tatsächlich in Anwesenheit der Herren mit Nancys Wunderübungen beginnen sollte. Aber da Meikel undMatze die Ereignisse der letzten Nacht durchsprachen und Rodschers Konzentration von wenigstens vier Zentnern Eisen vollständig gebunden war, fasste ich mein Handtuch mit beiden Händen, hob es hoch über den Kopf, ging in die Knie und watschelte im Entengang los.
    Meikel erklärte Matze, die «Bitch» hätte bloß «Sorry» gesagt, er dagegen: «Ja, nich, sorry! Das ist Scheiße, Alte, verstehste! Das ist richtig Scheiße!» Die «Alte» hätte dann «sooo eine Fresse gezogen» und «tut mir leid» gemault und erklärt, sie würde die Schnapspulle ja draußen lassen, aber er, Meikel, habe sie gefragt: «Du denkst, das ist so einfach, ja? Ja, denkst du das?», und dann hätten schon «die anderen Schlampen dazwischengekeift», er solle sie in Ruhe lassen. Aber er, Meikel, hätte gesagt: «Ich will was hören von dir, ist das klar?», und da hätte Matze aber mal sehen sollen, wie die «Tusse» plötzlich rumgedruckst hätte. Dann half er dem dunkelrot vor sich hin pressenden Matze bei den letzten beiden Wiederholungen. Matze setzte sich auf. «Ja», sagte Matze, «da musst du sie hinkriegen, dass sie nicht mehr die große Fresse haben. Das merken die sich.» Meikel, von dem Lob angefeuert, berichtete jetzt, er hätte Druck gemacht, bis sie endlich «Ich möchte mich dafür entschuldigen!» gesagt hätte, aber er hätte nachgefragt, wofür sie sich entschuldigen wolle, und sie wieder: «Für das mit der Flasche.» Er, Meikel, hätte dann gefragt, ob sie nicht im ganzen Satz sprechen könne. Da hätte die «Bitch» beinah losgeflennt und hätte sich in aller Form dafür entschuldigt, dass sie versucht habe, eine Flasche mit in den Klub zu schmuggeln. «Aber nur so geht’s», bestätigte Matze, während ich im Entengang an den

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