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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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– «Wabbelig!» – «Und hier?» – «Zu kurz! Zu dick!» – «Und die beiden hier?» – «Sind ungleich!» – «Und das hier?» – «Hab ich noch nie nachgesehen!»)
    «Ich weiß», sagte ich neutral, ja beinahe freundlich. Es war dieser Moment, wo zwei Menschen starr in sich hineinwünschen, der andere möge zusammenklappen, heulen und um Liebe flehen. Aber Dorit und ich waren harte Brocken. Die frisch geduschte Stolzkönigin und der ausquartierte Trotzbold.
    «Na ja, ich geh dann mal ins Bett», meinte Dorit, nachdem sie eine sehr lange Weile durchaus ansehnlich an sichherumgezwirbelt hatte. Ich hätte so gern mit ihr geschlafen, aber ich wusste nicht, wie ich über die Kluft kommen sollte. Außerdem hatte Dorit mich beleidigt, sie hatte mir ihre Solidarität aufgekündigt, ja vor nicht allzu langer Zeit sogar das Ende unserer Beziehung angedroht. Dorit («Gute Nacht, Max!») schloss die Tür. Ich legte mich sofort hin und nahm das Buch vor die Augen, um darin zu lesen. Pah! Aber das Buch war plötzlich auf Finnisch und schlimmer. Ich konnte kein einziges Wort erfassen. Was war noch mal dieses Hitler? Na wunderbar! Hatte sie es also geschafft. Ich war auf hundertachtzig. An Schlaf war nicht zu denken. In einem plötzlichen Entschluss sprang ich auf, durchquerte die Wohnung, riss die Tür zum Schlafzimmer auf und legte mich neben Dorit unter die Bettdecke, als würde ich gesucht. Dorit sagte nichts und bewegte nur langsam ihren Hintern gegen meinen Unterleib. Das war gut, denn so konnte ich mir immer sagen, sie hätte angefangen.
    Zehn Minuten später war ich wieder zurück auf meinem Couchlager. Leer, verwirrt, aber wenigstens müde.

14
    Nancy schien im Übrigen der Meinung zu sein, dass in meinem Fall nur eine Mischung aus Abu Ghraib und Bolschoi-Theater dauerhaft helfe. Sie verlangte, dass ich ab jetzt immer zuerst mit erhobenen Armen eine Runde Entengang durch das Studio machte, weil das gut für meine Wirbelsäule wäre. Ich weigerte mich zunächst, aber Nancy setzte sich durch, einfach, indem sie die Arme vor der Brustverschränkte und «Los jetzt!» sagte. Gott sei Dank war niemand sonst da. Entengang, sagte Nancy, während ich mit erhobenen Händen durch den Raum watschelte, sei eine vollkommen unterschätzte Übung. Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn generell mehr Entengang gegangen würde. Ich hatte erst die halbe Runde geschafft und war koordinativ schon ziemlich herausgefordert. Ein Mann, der eine Viertelstunde mit erhobenen Händen im Entengang gehen könne, motivierte Nancy vor sich hin, gewinne nicht nur an Physis, sondern auch an Ausstrahlung. Sie stand, die Arme verschränkt, etwas breitbeinig an der Wand, und ich schwankte in halber Höhe und am Ende meiner Kräfte auf sie zu. Ich war noch nie im Entengang auf eine Frau zugegangen. Es würde mich sicher verändern, ich war mir nur nicht sicher, in welche Richtung. Zu meiner Überraschung entlockte ihr mein Gewatschel nicht das geringste Grinsen. «Da ist noch nicht viel Musik drin», sagte Nancy, als sie mir aufhalf, «aber das wird.» Sie meinte es offenbar wirklich ernst. Dann sollte ich ein Bein auf das Fensterbrett legen und mich darauf niederbeugen, wie es russische Ballerinen tun. Ich versuchte es, aber Nancy sagte, ich solle meinem Bein nicht zunicken, sondern mich vorbeugen. So stellte sich heraus, dass der Knickwinkel meiner Hüfte nur noch etwa fünfzehn Grad betrug. Dann musste ich mich rücklings auf den Boden legen und mein Becken langsam reihum drücken, wie eine Münze eiert, kurz bevor sie zum Liegen kommt. Ich forderte, dass sie mir nicht zugucken solle, aber Nancy meinte, ich hätte überzogene Vorstellungen von der Sündhaftigkeit meines Unterleibes und sie könne da schon «abstrahieren». Ich eierte mit meiner Beckenschale über den Boden. Nancy schüttelte den Kopf und sagte leise etwas, was sich wie «Robocop»anhörte. Kniete sich hin, fasste mein Os ilium und mein Os pubis und rührte damit sachte auf dem Boden rum. «Spürst du das? Du musst mehr spüren! Spür genau hin!», sagte Nancy. Meine Hüfte füllte sich mit Atem, und ich hoffte inständig, dass es mit dem Füllen sein Bewenden hatte. Am Ende sollte ich im Stand meinen Körper ausschütteln, was ich tat, aber Nancy war auch hier unzufrieden. Sie fragte, ob ich mich schon mal wirklich unkontrolliert bewegt hätte. Ich grübelte länger. Bis mir einfiel, wie mein Cousin aus Fronhagen mir mal an der Kuhweide die Hand hingehalten hatte. Was ich nicht

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