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Hüftkreisen mit Nancy

Hüftkreisen mit Nancy

Titel: Hüftkreisen mit Nancy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schwarz
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liebte sie, und ich hasste sie. Vor anderen Leuten tat sie immer Wunder wie. Klar doch, Super-Dorit hat keine Beziehungsprobleme. Alles ist in bester Ordnung.
    Die Pho Ca hielt, was ich mir von ihr versprochen hatte. Es schlürfte und nudelte nur so vor sich hin. Eine Hühnersuppe, die Schusswunden heilen konnte und einen die Gewinnzahlen von morgen träumen ließ. Die Damen prosteten sich mit Pflaumenwein zu. Die Männer zeigten einander kurz ihre Bierflaschen. Nach dem Essen legte Dorit zufriedenihre Beine über meinen Schoß. Ich hatte nicht übel Lust, sie mit einer gewissen Bestimmtheit zurückzulegen und den Gästen mitzuteilen: Dorit und ich schlafen nicht mehr miteinander! Wir schlafen auch nicht mehr beieinander! Kurz: Wir haben uns auseinandergeschlafen! Wir tun hier nur so! Ihr die leutselige Larve vom Gesicht zu zerren und aller Welt zu zeigen, wie es wirklich um uns stand. Ja, das wär’s! Der Schmerztest der Entblößung in der fiesen Hoffnung, dass es ihr mehr wehtun würde als mir.
    Inzwischen erzählte Mechthild von einer faden Stadtteilbibliothekarin, die ihren Mann mit einem ebenso faden Kollegen betrog und zur Strafe von ihrem Mann zurückbetrogen wurde. «Du würdest mich doch auch gerne mal betrügen», sagte Dorit zu mir, «aber du fürchtest die Konsequenzen.»
    «Höhö», sagte Thoralf, der offenbar Sinn für echte Tiefschläge hatte, und zückte zum Ausgleich ein paar Urlaubsfotos, und wir begutachteten King Kong und die weiße Frau unter Palmen. Einmal hatte er sogar einen Fisch auf der Harpune. Auf den Seychellen war es jedenfalls sehr schön.
     
    Als Mechthild («Du bist ein kleiner Küchengott!») und Thoralf («War wirklich lecker, Mann!») weg waren, räumte ich das Geschirr in den Spüler, wischte den Tisch und ließ meiner Empörung wenigstens im Innern freien Lauf. Betrügen wollen, aber Angst vor den Konsequenzen, das war die Höhe! Ich hasste es, wenn Dorit mir vor allen Leuten verbal über den Kopf strich. Ich war ihr Meerschweinchen. Guckt mal, das ist mein Mäxchen. Mäxchen hat gerade eine Midlife-Crisis, aber sonst fiept er ganz fröhlich. Ich war eine andere Art Mann. Dank Nancy. Ich war der Mann deseinundzwanzigsten Jahrhunderts. Sex war der Notausgang für Leute, die keine Phantasie hatten. Ich aber musste niemanden verführen, niemanden betrügen, niemanden unglücklich machen, um noch einmal richtig auf Touren zu kommen.
     
    Dorit duschte noch, also begann ich, mein Exilbett zu machen. Ich räumte wie immer mein Bettzeug vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer – morgen früh würde ich es wieder zurücktragen und brav neben Dorits legen, damit die Kinder keine Fragen stellten   –, holte meine Nachttischlampe, meinen Stapel Bücher, für jede Laune eins, meine Taschentücher, meine Funkuhr und ein Glas Wasser und die beiden Schraubzwingen, mit der ich die Designer-Lederkuben nachts zusammenschloss, damit sie sich nicht unter mir auseinanderschoben. Dann setzte ich mich auf die Sofakante und las «Hitler in Pasewalk» 1 , um ein bisschen runterzukommen .
    Die Tür ging auf, darin Dorit im Pyjamahemd. Die Hose fehlte. Deswegen hatte sie geduscht. Sie musterte meine Installation «Ein Mann campt im Wohnzimmer» und lächelte. «Komm doch mal raus aus deinem Schneckenhaus! Wie lange soll denn das noch gehen?»
    Ich blieb sitzen, das Buch auf den Knien, unbewegt wie ein jungfrauenresistenter Diakon. «Es geht so lange, wie es gehen muss», sagte ich mit der kryptischen Ausdrucksweiseim Ehestreit Erprobter. Bei Konkretem können Frauen leichter einhaken, und das wollen wir ja nicht.
    «Ich muss morgen für fünf Tage nach Stuttgart, Max. Ich hatte vergessen, es dir zu sagen. Tut mir leid. Vorabnahme, Endabnahme des
Lindenwohnpark -
Films und dann noch die Eröffnungsfeier der
ImmoWorld
. Mit Mascha habe ich schon gesprochen. Du sollst jeden Abend Eierkuchen machen, sonst bekommt sie Mamaweh», sagte Dorit betont locker.
    «Mach ich», sagte ich.
    Dorit kaute auf ihrer Unterlippe herum. «Du nimmst das alles zu schwer.»
    «Es war schwer. Es wird gerade leichter», orakelte ich weiter.
    «Wir brauchen dich. Ich und die Kinder. Ja, ich auch.» Sie sah nach links unten und zwirbelte eine Haarsträhne. Raffiniert. Sie wusste, dass das ihre gute Seite war, und sie setzte sie ein. Ach, schön war sie sowieso. Wie jede schöne Frau fand Dorit sich in fast allen Einzelteilen hässlich. Früher war ich gern über ihren Leib gekrochen und hatte sie geprüft («Wie findest du das hier?»

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