Hüftkreisen mit Nancy
Schimpfwort. Dorit sagte, das Schlimmste sei, dass sie mich kenne und dass sie mir sogar glaube, dass ich nicht fremdgehen «wolle», aber «wollen» hätte in meinem Leben doch noch nie irgendeine Rolle gespielt. Für mich gäbe es überhaupt keine Entscheidungen, alles fließe so ineinander …
«Du kennst mich nicht», sagte ich, «ich kann Entscheidungen treffen, und ich habe gerade ein paar getroffen.» Das war mehrdeutig. Dorit sah mich forschend an, doch als ich weiter ausholen wollte, kam Konrad herein, Kaugummi kauend, mit einem (hundertmal verbotenen) Trinkglas voll Terpentin in der Hand. Er bemalte irgendwelche Panzer.
«Ach so, Papa», sagte er, «irgendeine Frau hat für dich angerufen. Du kannst sie föhnen, wie du willst, aber erst danach oder so.» Ich hätte die Neuigkeiten gern etwas verteilter gehabt. Dorit sah schwer atmend um sich, als bestünde die ganze Wohnung nur noch aus Betrug. Ich legte mein Gesicht in die Hände und schüttelte den Kopf. Konrad schlurfte wieder in seine Pubihöhle, um inmitten seiner Armeen ein Mann zu werden. Dorit stürzte aus dem Zimmer, riss ihren Mantel vom Haken und war aus der Wohnungstür. Mascha guckte aus dem Kinderzimmer, und ich sagte so unbefangen wie möglich, dass Mama noch schnell was aus der Kaufhalle holen müsse.
Nach dem schweigenden Abendbrot setzte sich Dorit an den Computer und schrieb tastenhämmernd einen Brief. Kommentarlos gab sie ihn mir und ging dann ins Wohnzimmer, fläzte sich auf die Couch und las betont interessiert ihren Krimi. Der Brief war überraschenderweise nicht an mich adressiert und auch sonst nicht eben das, was man eine Diskussionsgrundlage nennen würde.
Für das Fräulein Nancy!
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Gebrauchtmann!
Damit Sie lange Freude an ihm haben, hier einige Hinweise zum Umgang mit Max:
Max schläft in Doppelbetten nicht zur Türseite, wie es sich für einen Beschützer und Ernährer gehört, sondern auf der abgewandten Seite. Etwaigen Verbrechern müssen Sie also selbst entgegentreten. Zum Ausgleich hat Max den berühmten grünen Daumen sowie einen sicheren Blumengeschmack, kurz, er wird sich bei der Grabpflege auszeichnen.
Nicht erschrecken: Max schimpft im Schlaf. Meistens: «Halt die Schnauze!», «Halt die Fresse!» Es ist nicht ganz klar, wen er meint. Es könnten geträumte Widersacher, sein geliebter Vater, das Gewissen oder seine bisweilen auftretenden Herzrhythmusstörungen (Sex nach Mitternacht ist Gift für sein Herz!) sein. Versuchen Sie gar nicht erst, gleich wieder einzuschlafen. Wenn er einmal damit angefangen hat, schimpft er gerne mal eine Viertelstunde in unterschiedlichen Abständen vor sich hin. Wecken Sie ihn nicht. Sonst fängt alles bloß nach einer Weile wieder von vorn an.
Falls Sie dann endlich eingeschlafen sind: Max leidet unter einer Reizblase, die ihn nachts mindestens einmal, bei höherer Anspannung auch bis zu zehn Mal zur Toilette treibt. Er ist so rücksichtsvoll, seine Gänge im Dunkeln zu absolvieren, stößt dabei allerdings öfter an Möbel und Kleiderständer. Wenn Sie das Geräusch nicht stört, stellen Sie ihm doch einfach einen Nachttopf hin.
Max’ Verdauung ist nicht beste, was er aber nicht wahrhaben will. Obwohl es sichere Hinweise dafür gibt, dass er Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Zwiebeln nicht verträgt, quält er die ganze Familie mit den unbefriedigenden Ergebnissen seiner Ernährung, die er auch in Großserie für «Zufall» hält. Das Phänomen tritt weniger in der Öffentlichkeit auf als vielmehr in der häuslichen Sphäre, wo er nach eigenen Worten «entspannen kann». Viel Spaß also beim Relaxen!
Max leidet unter Nierensteinen (siehe Reizblase). Um den Calzium-Oxalat-Grieß zu lösen, setzt er sich bisweilen auf die schleudernde Waschmaschine und trinkt warmes Bier. Das sieht nicht sehr sexy aus, und man kann sich dabei auch nicht richtig mit ihm unterhalten, aber wenigstens ist es nicht die perverse Stimulation, für die eine junge, unerfahrene Frau es halten könnte.
Im Großen und Ganzen ist Max noch recht gesund, und Sie werden noch einige Jahre Spaß an ihm haben. Seine Zähne sind allerdings kariös, und es sieht so aus, als wäre nach der anstehenden Verschrottung seiner noch aus Ostzeiten stammenden Brücken wenigstens ein Teilgebiss fällig. Aber mit viel Liebe werden Sie sicher diesen unschönen Übergang in die Welt des altersbedingten Replacements gemeinsam bewältigen.
Es folgte eine Liste mit
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