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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gewesen.
    Ob denn der Großvater jetzt auch hier lebe, forschte Tinchen.
    Für ihn habe man ja keinen Platz, der wohne am anderen Ende des Dorfs beim Onkel, aber er käme oft her und passe auf Jimmy auf, wenn Mama aufs Feld geht und Mary unterwegs zum Markt ist.
    »Willst du dich hier häuslich niederlassen, Tina?« Karsten steckte seinen Kopf um die Ecke. »Ich hab langsam genug von der geballten Dankbarkeit. Wenn ich noch länger hierbleibe, stelle ich mich selber auf ein Podest und hänge mir einen Heiligenschein um.«
    »Ich komme.«
    Die gesamte Kauunda-Sippe begleitete ihre Gäste zum Taxi. Sogar Opa humpelte hinterher, gestützt auf einen Stock, der ihm fast bis zur Schulter reichte. Die meisten Blicke zogen diesmal nicht die Besucher auf sich, sondern Mama. Sie trug noch immer ihr Sonntagnachmittagsausgehkleid.
    Den Taxifahrer mußten sie erst wecken. Er hatte sich auf dem Rücksitz zusammengerollt, die Beine aus der offenen Tür gehängt und schnarchte. Neben dem Wagen lagen zwei leere Bierdosen. »Wenigstens kein Halleluja-Bier«, sagte Karsten, nachdem er die Etiketten geprüft hatte.
    Die seien ja gar nicht von ihm, beteuerte James, sich mühsam hochrappelnd, er habe nur Soda getrunken. Zum Beweis hielt er eine leere Flasche hoch.
    Die sei ihm schon während der Herfahrt ständig um die Füße gerollt, widersprach Karsten, stieg aber trotzdem ins Auto und drohte James an, er bekäme keinen einzigen Shilling, sofern er auch nur einen Zentimeter vom Pfad abweiche. »Dabei weiß ich gar nicht, ob es hier auch eine Promillegrenze gibt.«
    Die Rückfahrt verlief zwar bequemer, weil eine Person weniger im Wagen saß, dafür wesentlich schweigsamer. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, die jedoch erheblich voneinander abwichen. Florian fing an, seine Großzügigkeit zu bereuen; den Hundertshillingschein in Williams Hosentasche hätte er sich eigentlich gar nicht mehr leisten können. Karsten grübelte, wie er dem Finanzamt diese Urlaubsfahrt als Geschäftsreise unterjubeln könnte. Wenn er nun eine Kollektion Schmuck mitnehmen würde? Ein Sortiment Kupferarmreifen zum Beispiel und Ringe aus dem gleichen Material, vielleicht auch noch einige Korallenketten und ein bißchen was aus Türkisen, das gab es hier ebenfalls recht preisgünstig. Verkaufen könnte er sie allemal, sogar mit Gewinn, doch ob man ihm glauben würde, daß er drei Wochen zum Aussuchen gebraucht habe? Er nahm sich vor, mit Kasulke darüber zu reden, der war nämlich beim Berliner Finanzamt beschäftigt. Nur ahnte Karsten nicht, daß Bruno Kasulke lediglich in der Pförtnerloge saß.
    Tinchen versuchte sich das kärgliche Leben der Familie Kauunda auszumalen, in dem es jeden Tag Mais zu essen gab und immer zwei in einem Bett schlafen mußten. Beides erschien ihr unvorstellbar. Und Frau Antonie dachte an überhaupt nichts oder höchstens daran, ob sie noch bis zum Castle-Hotel durchhalten würde. James kam gar nicht mehr dazu, die Tür zu öffnen, da hatte Frau Antonie es schon selber getan und war quer über die Terrasse in die hinteren Gemächer gestürmt.
    Es dauerte lange, bis sie sichtlich befreit zurückkehrte. »Ich habe mir erst einmal gründlich die Hände gewaschen. Obwohl es in dieser Hütte erstaunlich sauber war, weiß man doch nie so recht, was man sich da einfängt. Und dann dieses Essen! Den Mais hat das Mädchen bestimmt mit den Fingern angefaßt.«
    Florians Hinweis, daß auch Eingeborene kaum ihre Hände in kochendes Wasser tauchen würden, ließ sie nicht gelten, gab jedoch zu, daß mangelnde Hygiene auf die doch sehr primitiven Wohnverhältnisse zurückzuführen sei. Im übrigen habe sie Hunger.
    Den hatten die anderen auch. Die Speisekarte gab nicht viel her, zumal die Mittagszeit schon lange überschritten war, und so entschieden sie sich für Spaghetti Bolognese. »Mal sehen, was man in Afrika darunter versteht«, sagte Karsten etwas pessimistisch.
    Serviert wurden ihnen auf doppelte Streichholzlänge gekürzte, weichgekochte Nudeln mit einer Flüssigkeit, die lediglich in der Farbe an Tomatensoße erinnerte.
    »Der Hunger treibt’s rein«, äußerte Florian fatalistisch und ließ sich die Ketchupflasche bringen.
    Ein mobiler Straßenhändler beugte sich über die Brüstung. Mit einer kleinen Buschtrommel wedelte er vor Tinchens Nase herum. »Mama kaufen? Ganz billig.«
    »Was soll sie denn kosten?«
    »Ganz billig. Hundertzwanzig Shilling.«
    »Hau ab, du Wucherer!« Energisch schob Karsten die Hand zurück. »Das

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