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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gesessen und sich gelangweilt, weil er von der in Englisch geführten Unterhaltung kaum etwas mitbekommen hatte. Außerdem brauchte er dringend ein Gebüsch, hinter das er sich zurückziehen konnte, denn eine Toilette würde er in dieser Umgebung wohl umsonst suchen.
    Mit Jimmy an der Hand, dessen Finger und Gesicht von der aufgeweichten Schokolade verschmiert waren, was allerdings bei seiner Teintgrundierung kaum auffiel, führte William seine Gäste zuerst zur Moschee. Klein war sie, vermutlich der geringen Bevölkerungsdichte angepaßt, und Lautsprecher hatte sie auch nicht, wie Tinchen sofort feststellte. Aber hübsch sah sie aus mit den blauen Verzierungen im weißen Mauerwerk und dem winzigen Minarett, das kaum über das Dach hinausragte.
    Danach ging es zum Dorfkrämer, wo Karsten für alle Cola kaufte, denn auf das abgekochte Wasser, das ihnen Mary zum Trinken angeboten hatte, hatten sie doch lieber verzichtet. Jimmy bekam von Frau Antonie eine Wasserpistole, mit der er sie als erste bespritzte.
    Sogar einen Fischhändler gab es im Dorf. Er stand im Freien vor einem hölzernen Tisch, auf dem er seine Ware kunstgerecht zersäbelte, bevor er sie in einen auf dem Boden stehenden Blecheimer warf. Fliegen umschwirrten ihn, jedoch nicht ganz so zahlreich wie den Metzger, der ein paar Schritte weiter seinen Laden hatte. Auch er stand hinter einem blutbespritzten Tisch, vor sich einige unappetitlich aussehende Fleischbrocken und daneben ein Berg von Innereien, die hauptsächlich aus Därmen bestanden. Ekel würgte Tinchen, als sie das sah. Schnell wandte sie sich ab. Auf ihre Frage, ob denn auch William bei diesem Metzger kaufen würde, schüttelte der nur den Kopf. Fleisch sei viel zu teuer, das könne er nicht bezahlen. An hohen Feiertagen, wenn der Ramadan zu Ende sei, oder auch zu Weihnachten lade sein Onkel die ganze Familie immer zum Essen ein, da gäbe es dann Fleisch. Nur Fisch hätten sie manchmal, der koste nicht soviel. Wenn er Glück habe, bekäme er sogar welchen umsonst. Auf dem Fischmarkt bliebe öfter mal welcher liegen.
    In der Dorfkneipe, dessen Besitzer sich durch ein Schild auch als Fachmann für Fahrräder und Transistorradios auswies, machten sie Rast. Diesmal spendierte Florian die Getränkerunde. Jimmy schielte begehrlich zu dem Kasten mit den bunten Limonaden. Er durfte sich eine aussuchen und wählte nach langem Überlegen die Flasche mit dem orangefarbenen Inhalt. Jetzt stand auch Florian hoch in seiner Gunst.
    Frau Antonie wollte die Schule sehen. Die gab es nicht. Alle schulpflichtigen Kinder mußten ins Nachbardorf laufen, also dorthin, wo auch die Bushaltestelle war. Vier bis fünf Kilometer schätzte Karsten, ein ganz schöner Marsch für die Knirpse.
    Zum Schluß führte sie William noch ins Neubaugebiet. Dort hatte man ein paar Bäume gerodet, um Platz für drei neue Hütten zu schaffen. Zum erstenmal sahen sie einen Rohbau. Wie ein Flechtmuster wirkten die biegsamen, ziemlich dünnen Holzstämme, die senkrecht im Boden steckten und von ebensolchen Hölzern durchzogen waren. Die Zwischenräume würden mit Lehm verstopft und später innen und außen mit einer weiteren Lehmschicht verkleidet werden, erklärte William. Als Dach verwende man Palmblätter einer ganz bestimmten Sorte. Man könne sie fertig zugeschnitten kaufen. Tinchen habe sie bestimmt schon liegen sehen.
    Tinchen hatte sie liegen sehen, nur hatte sie diese ungefähr einen Quadratmeter großen grauen Bündel für Feuerholz gehalten und nicht für Dachpappe.
    Sie bummelten weiter, bestaunt von Kindern aller Altersstufen und freundlich gegrüßt von den Erwachsenen. Karsten wunderte sich, daß sie noch von niemandem angebettelt worden waren, wie es in den Dörfern entlang des Highway und erst recht in Mombasa üblich war, doch William hatte eine plausible Erklärung: Es kämen ja niemals Weiße in dieses Dorf, und ein Schwarzer würde nie einen anderen Schwarzen anbetteln, so gut es gehe, helfe man sich untereinander. Betteln sei unwürdig.
    Als William vor einer Hütte stehenblieb, merkten sie erst, daß sie den Rundgang beendet hatten und wieder am Ausgangspunkt angekommen waren. Niemals hätten sie zwischen all den gleich aussehenden Häuschen Williams Heim wiedergefunden, zumal inzwischen der vorher so sorgfältig geharkte Vorplatz total zertrampelt war.
    Florian hätte sich jetzt recht gern verabschiedet, doch sie mußten alle noch einmal ins Haus kommen und Opa begrüßen. Der thronte auf dem einzigen noch

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