Huehnerhoelle
entfernt.«
Hufeland nickte und dachte mit wenig Begeisterung an die Beerdigung in Vennebeck, die er und Kevin sich morgen Vormittag würden ansehen müssen.
»Nicht dass der Saal in Dinkel leer gewesen wäre. Nee, nee!«, versicherte Köttering. »Alle Stuhlreihen voll besetzt.«
»Aber?«, fragte Hufeland.
»Es gab Ãrger«, brüllte ihm Köttering ins Ohr. »Mit so einem Lokalpatrioten.«
Hufeland sah ihn ratlos an.
»Dieser Typ aus dem Publikum stellt sich doch glatt nach der Lesung hin und sagt ⦠also er â¦Â« Köttering bekam einen weiteren Klaren hingestellt, haute ihn weg wie Wasser und stierte dann wild vor sich hin.
»Was hat er denn nun gesagt, dein Leser?«, erinnerte ihn Hufeland.
»Ach so, ja, der stellt sich hin und behauptet, ich hätte falsche Angaben in meinem Buch gemacht.«
Das Buch hieà âºBammel in Bahnhausenâ¹ und war der Nachfolger von âºArglos in Ahausâ¹, âºHaltlos in Halternâ¹, âºReglos in Rekenâ¹ und âºStickum in Stockumâ¹. Hufeland hatte die Bücher zwar gelesen, konnte sich an ihren genauen Inhalt aber momentan nicht mehr erinnern, im Grunde glichen sie sich alle, nur die Ãrtlichkeiten wechselten.
»Der Typ, dieser Leser, ja«, ereiferte sich Köttering wieder, »er ärgert sich, bloà weil ich geschrieben habe, die Skyline von Banausen würde vom Fernmeldeturm neben dem Bahnhof dominiert. Dass man den noch kilometerweit sehen könne.«
»Und? Kann man?«, fragte Hufeland etwas lustlos und bereits halb aus seinem Bierglas heraus. Wohl wissend, dass Köttering mit Absicht von Banausen sprach, wenn er Bahnhausen meinte.
»Natürlich kann man!«, rief Köttering erbost, als wäre es Hufeland gewesen, der ihn angegriffen hatte. »Neunzig Meter ist der dumme Sendemast hoch. Aber dieser Lokalfanatiker â er wohnt nicht mal in Banausen, obwohl er einer ist , wenn du verstehst, was ich meine! â der will das nicht wahrhaben. Könne gar nicht sein, meint er. âºWaren Sie mal da?â¹, frage ich ihn. âºDort drauÃen, Richtung Zwischenlager? Haben Sie sich mal hingestellt und zurück auf die Stadt geschaut?â¹Â« Köttering machte gekonnt einen Entenschnabel: »Nö, hat er nicht, braucht er nicht, weià er besser, ohne dass erâs gesehen hat. â Haach!« Ein weiterer Schnaps verschwand in seinem Schildkrötenhals.
»Warum ärgert dich der Typ eigentlich so?«, piekte Hufeland ihn ein bisschen. »Immerhin hat er dein Buch gekauft.«
Köttering rammte sein Schnapsglas auf die Theke und fraà Hufeland mit seinem wilden Blick. »Was mich an dem ärgert? Dass er von aller Welt die gleiche Kuhstallatmosphäre fordert, wie sie in seinem Hirn herumwabert! Andere Leute in der Region, solche mit Grips zwischen den Ohren, wissen aber ganz genau, dass es sich dort nicht mehr wie vor zwanzig oder dreiÃig Jahren lebt.«
»Wie meinst du das?« Das interessierte Hufeland jetzt. Indirekt hatte das Thema auch mit seinem aktuellen Fall zu tun.
»Das heiÃt: Schluss mit der Bauernromantik!« Er kippte sein Glas, musste aber feststellen, dass er es schon geleert hatte, und bestellte frustriert Nachschub. »Was wollte ich sagen?«, kratzte er sich unwirsch die Stirn.
»Dass das Land, die Region, sich verändert hat, wenn ich dich richtig verstanden habe«, half Hufeland nach.
»Ja, ganz schön scheppernd hier!«, missverstand ihn Köttering wenigstens zur Hälfte. »Die Wahrheit ist doch«, setzte er noch mal neu an, »dass wir es auch auf dem Land mit einer Industrie region zu tun haben. Bauernhöfe, die noch aussehen wie früher, mit glücklichen Hühnern, Schweinen, Gänsen, Kühen, das sind doch Museumsstücke. Klatschmohn und Kornblumen an den Feldrändern musst du heute mit der Lupe suchen. Landwirtschaft, das ist eine moderne Industrie wie Energiewirtschaft oder Müllwirtschaft. Und âºmodernâ¹ darfst du getrost mit rücksichtslos übersetzen!« Der nächste Schnaps kam und verschwand in einem Rutsch hinter Kötterings hüpfendem Adamsapfel. »ÃuÃerlich«, kam Köttering wieder in Fahrt. »mag manches noch so gemütlich aussehen wie vor fünfzig oder sogar hundert Jahren. Aber die Zeiten sind vorbei. Auf dem Land gehtâs zu wie überall in der globalisierten Welt. Hektisch und
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