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Huete dich vor deinem Naechsten

Titel: Huete dich vor deinem Naechsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Wir wurden von einer großen, schlanken Frau mit blondem Kurzhaarschnitt entdeckt; sie näherte sich uns und brüllte unverständliches Zeug. Ich sah nichts als die Pistolenmündung. Bemerkte, wie Rick sich die Hände an den Kopf legte, das Kinn senkte und die Augen schloss.
    Ich dachte: Er hat darauf gewartet, er hat gewusst, dass es so kommen wird. Was haben er und Marcus getan? Ich stand wie betäubt da. Meine Finger berührten die kalte Schreibtischkante, und ich hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen verloren zu haben und ohne jeden Halt durchs Weltall zu schweben.
     
    Als ich Marc kennenlernte, hatte ich mich längst mit der Rolle als alleinstehende alte Tante abgefunden. Ehrlich gesagt hatte ich meinen Frieden damit gemacht; vielleicht war ich nach all den Losern und Spinnern, die durch mein Leben gezogen waren, sogar erleichtert. Ich hatte angefangen, mich als das ewige fünfte Rad am Wagen zu betrachten, als die Frau, die es einfach nicht schaffte, sich in eine Beziehung zu fügen. Auch wenn sich viele New Yorkerinnen beklagen - es war mir nie schwergefallen, Männer kennenzulernen . Ehe ich mich’s versah, hatte ich jemanden getroffen - beim Einkaufen, in einem Buchladen oder Café, in der U-Bahn. Das Problem war nur, dass nichts je von Dauer war, dass sich nie etwas entwickelte, egal wie vielversprechend es begonnen hatte. Ab einem gewissen Punkt beschlich mich jedes Mal dieses kalte, apathische Gefühl, ich fürchtete mich vor Anrufen und schweifte während eines Dates gedanklich ab. Und falls es einmal anders kam, hörte der Mann bald auf, sich zu melden, und irgendwann verschwand er ganz. Noch nicht einmal bis zu einer traurigen Trennung hatte ich durchgehalten. Meine Beziehungen verliefen sich einfach im Sande.
    »Weißt du, Izzy«, sagte meine Schwester Linda (verheiratet, zwei süße Kinder, sehr erfolgreich als Fotografin, fünf Jahre älter als ich, Gott sei Dank , andernfalls müsste ich sie ermorden) eines Abends bei einem gemütlichen Glas Pinot Grigio zu mir, »hast du dich schon mal gefragt, ob du auch geben kannst? Ob du auf der Suche nach einem Mann bist, der in dein Leben passt, wie es jetzt ist? Du bist überhaupt nicht bereit, dich in irgendeiner Weise zu verbiegen oder zu verändern!«
    Ich regte mich über diese Vermutung auf, hielt sie für grundfalsch. »Wenn der Richtige kommt, wird das auch nicht nötig sein«, gab ich trotzig zurück.
    Ein kurzes Augenrollen, ein Schlückchen Wein.
    »Oder?«
    Sie wich meinem Blick nicht aus und zuckte nur die Achseln. »Na ja, in gewisser Hinsicht vielleicht. Aber wahrscheinlich würde dich ein bisschen Verbiegen und Verändern nicht stören, wenn der Richtige kommt.«
    »Nicht aufgeben, Iz!«, rief uns Erik, der perfekte Ehemann, aus der Küche zu. » Die sollen sich verbiegen!«
    »Psst«, machte meine Schwester, als Erik hereinkam. »Du weckst sie auf.« Die Kinder: Emily und Trevor.
    »Hast du dich verbogen?«, fragte ich Erik.
    »O ja, und wie! Und ich bin noch längst nicht fertig!« Er schwang seinen schlanken Körper auf den niedrigen Wildledersessel vor uns, um am Schwesterngespräch teilzuhaben. Um den Effekt zu verstärken, warf er dramatisch den Kopf in den Nacken.
    »Also bitte.« Meine Schwester lächelte ihn mit glänzenden Augen an und streckte einen nackten Fuß aus, um an sein Knie zu stupsen. Manchmal war ich peinlich berührt, wenn sie ihn so ansah - die unverhohlene Bewunderung. Sie bewunderten sich gegenseitig. Bei ihnen gab es kein heimtückisches Sticheln und keinen Sarkasmus, keine gemurmelten Beleidigungen und versteckten Vorwürfe, wie sie bei meinen verheirateten Freunden an der Tagesordnung waren. Doch, manchmal stritten sie sich - und wie sie sich stritten. Aber sie waren dabei immer ehrlich, ernstlich bemüht, dass es schnell vorüber war. Gesund - ihre Beziehung war gesund. Manchmal machte mich das krank.
    Ich weiß noch, dass ich an jenem Abend dachte: So etwas werde ich nie haben. Es wird nicht passieren. Bei diesem Gedanken fühlte ich keine Verzweiflung; stattdessen strömte eine seltsame Erleichterung durch meinen ganzen Körper. Ich war achtundzwanzig Jahre alt und hatte aufgegeben. Es fühlte sich gut an, ich ergab mich aus gutem Grund.
    »Was ist mit Jack?« Meine Schwester hatte mir diese Frage schon so oft gestellt, dass ich, statt sie zu beantworten, einfach aufstand und mir kommentarlos Wein nachschenkte.
     
    Und dann kam Marcus.
    Seine ersten Worte: »Ich bin ein großer Fan von Ihnen.«
    Ich

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