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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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weit aufsprang. Wir mühten uns ab, um sie wieder zu schließen.
    »Keine Panik, okay?«, sagte Alex. »Wir sind ihnen gegenüber im Vorteil, wenn sie rauskommen. Wir müssen das Geräteteil loslassen und uns seitlich postieren. Eröffnet das Feuer, sowie die Menge den Durchbruch schafft. Gebt erst mal ein paar Warnschüsse ab, aber falls das nicht wirkt, spart euch die Patronen.«
    Obwohl sein Ton sachlich war, wusste ich, wie sehr er das alles hassen musste. Er verabscheute den Gedanken, auf Menschen zu schießen. Und da war er nicht der Einzige. Ich stellte mir vor, wie ich abdrückte und jemand vor meinen Augen zusammensackte. Meine Lippen wurden trocken. Ich glaubte nicht, dass ich das schaffte.
    »Gib mir deine Waffe und geh hinter mir in Deckung, wenn es losgeht«, sagte Seb zu mir.
    Ich schluckte. »Seb, nein … das kann ich nicht zulassen …«
    Seine Stimme klang angestrengt. »Bitte, tu’s einfach. Du glaubst nicht, dass du schießen kannst, aber ich kann’s.«
    »Seb hat recht«, sagte Alex knapp. »Bleib hinter uns.«
    Und als unsere Blicke sich trafen, sah ich darin, was ich schon wusste: Liz hatte ebenfalls recht. Es waren einfach zu viele, wir würden nicht gewinnen können. Und ihrem Gebrüll nach zu urteilen würden sie sich von Warnschüssen nicht lange aufhalten lassen. Wenn uns nicht irgendetwas einfiel, und zwar schnell, würden wir alle sterben.
    »Okay, auf drei«, sagte Alex laut, um sich Gehör zu verschaffen. Das Geschrei war mittlerweile ohrenbetäubend, die Tür knallte auf und zu, wie ein schlagendes Herz. »Eins.«
    Ich blickte wild um mich und versuchte fieberhaft irgendetwas zu entdecken, was den anderen möglicherweise entgangen war. Ein Fahrstuhl, beispielsweise, wäre uns jetzt ganz gelegen gekommen. Mein Blick fiel auf die Dachkante des Gebäudes und verharrte dort. Ich starrte sie an, während sich meine Gedanken überschlugen.
    Das Metallteil machte beinahe einen Satz, als es von der Tür zurückgeschoben wurde. »Zwei«, presste Alex zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus.
    Mein Traum. Der Turm, von dem ich herabgeflogen war. Meine Flügel, die sich so schwer angefühlt hatten. Seb drehte den Kopf, als er mitbekam, was ich dachte. Und das, was ich dachte, war so vollkommen verrückt, dass ich wusste, es war unsere einzige Chance.
    »Dr –«
    »Nein, warte!«, schrie ich. »Ich habe eine Idee!«
    Es dauerte ungefähr eine qualvolle Minute, bis Seb und ich uns vorbereitet hatten. Währenddessen versuchte ich, mich nicht von dem Metallteil, das langsam aber sicher nach hinten rutschte, oder von der Tür, die sich Zentimeter für Zentimeter aufschob, in meiner Konzentration stören zu lassen. Ich hörte die anderen vor Anstrengung grunzen. Über unseren Köpfen schwebten Sebs und mein Engel, und Sebs stummer Kampfan meiner Seite verriet mir, dass er das Ganze augenscheinlich ebenso schwer fand wie ich.
    Schließlich hob ich die Hand und berührte den Fuß meines Engels. Ihr Gesicht, das auf mich herunterblickte, war mein Gesicht und so weiß wie Marmor. Ihre Flügel fächelten sanft durch die Luft, ihr Fuß fühlte sich kühl und fest an. Es war außerordentlich sonderbar, sein eigenes, anderes Selbst zu berühren.
    Ich schaute kurz zu Seb. Sein Engel wirkte ebenso massiv. Er nickte. »Wir sind so weit«, schrie ich mit erhobener Stimme, der meine Angst nicht anzumerken war. Falls ich mich irrte, waren wir kurz davor, uns zu Tode zu stürzen.
    Alex standen Schweißtropfen auf der Stirn, während er mit dem Metallteil kämpfte. »Okay, ich zähle bis drei – dann gebt ihr dem Ding noch mal einen ordentlichen Schubs und rennt los. Eins – zwei – drei? «
    Noch einmal gaben wir alles und wurden mit Geheul belohnt, als wir die Leute zurückdrängten. Dann stürzten wir auf die Dachkante zu, die zwei Engel folgten uns. Mit einem lauten Knirschen gab das Klimaanlagenstück nach und die Menge wälzte sich ins Freie.
    Wir hatten bereits entschieden, wie wir uns aufteilen wollten. Der menschliche Seb war stärker als ich, also würde er zwei von den anderen festhalten müssen. Alex und Sam wären allerdings zu schwer für ihn – und ich konnte den stämmigen Sam auf keinen Fall tragen.
    Also war es nur vernünftig, dass ich Alex nahm. Trotzdem schlug mir das Herz bis zum Hals, als wir die Dachkante erreichten und das hatte nur zum Teil mit dem zu tun, was wir vorhatten. Einen winzigen Augenblick lang zeigte sich ein Riss in Alex’ Fassade. Wir sahen uns an, und der Ausdruck in

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