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Hueter der Daemmerung

Hueter der Daemmerung

Titel: Hueter der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. A. Weatherly
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lieber, wenn hier ein wenig mehr gestürzt als geflogen würde«, sagte er und schlug mit seinen Flügeln aus Licht nach meinem Engel, der prompt das Gleichgewicht verlor. Meine Menschenhände wurden eisig kalt, als unser Fall sich wieder beschleunigte, denn wir befanden uns immer noch dreißig Stockwerke hoch über der Erde.
    »Halt dich fest!«, schrie Alex mir ins Ohr. Mit einem Arm hielt er mich weiter fest, mit seiner freien Hand griff er nach seiner Pistole. Raziel sah die Bewegung und streckte fauchend seine langen Finger nach Alex’ Lebensenergie aus.
    NEIN! Ich legte die Flügel an und stürzte wie ein Stein in die Tiefe. Mein menschliches Ich krallte sich an Alex fest, als Himmel, Erde und Flügel anfingen, in einem wilden Taumel an uns vorbeizuzrasen. Ich verlor beinahe den Halt, doch seine Arme schlossen sich fester um mich. »Ich werde dich nicht fallen lassen, ich werde dich niemals fallen lassen«, murmelte er und ich wusste, dass ihm nicht einmal bewusst war, es laut ausgesprochen zu haben. Der Wind riss an mir und mein Engel konnte seine Flügel kaum bewegen. Nein, nicht mit mir, so würden wir nicht sterben. Keuchend schlug ich panisch mit meinen Engelsschwingen.
    Gerade als ich uns wieder ins Gleichgewicht brachte, tauchte Raziel auch wieder auf. Seine glänzenden Flügel funkelten vor dem blauen Himmel, als er sich hinterrücks auf Alex stürzte.
    »Alex!«, schrie ich. Er fuhr herum, aber die Flügel meines Engels waren ihm im Weg und sie war zu erschöpft zum Manövrieren. Er fluchte, als Raziel näher kam. Mein Puls raste. Nein, das würde ich nicht zulassen. Ich holte tief Luft, zog meine Pistole und zielte auf seinen Heiligenschein.
    »Oh, ich glaube kaum, dass du das tun wirst«, spottete Raziel und reckte sich in unsere Richtung. »Inzwischen kenne ich dich sehr gut, meine Tochter.«
    Ohne Antwort drückte ich ab.
    Ich verfehlte ihn, aber es reichte aus, um ihm einen Schreck einzujagen. Er warf sich mit flatternden Flügeln nach hinten. Über uns sah ich Seb mit Sam und Liz und spürte seine Verzweiflung darüber, dass er nichts tun konnte, um uns zu helfen. Sam allerdings feuerte auf Raziel und der Engel zischte, als er es bemerkte, und flog einen Haken. Endlich bekam Alex ein freies Schussfeld und legte auf ihn an, während er mich mit seinem anderen Arm festhielt. »Oh Mann, diesmal bist du so was von tot«, knurrte er.
    Mit einem schweren Aufprall landeten wir auf einem Grasstreifen neben einem Parkplatz. Und obwohl mein Engel versucht hatte, unseren Sturz abzubremsen, fühlte es sich trotzdem so an, als hätten wir eine Mauer gerammt. Ich schrie auf, als Alex und ich zusammen über den Rasen rollten. Jemand stieß einen Schmerzensschrei aus, als Seb und die anderen in der Nähe herunterkamen. Mein Engel verband sich wieder mit mir, kraftlos und erschöpft und ich spürte, wie erleichtert sie war, dass sie uns sicher vom Turm geholt hatte.
    Einen Moment lang lag ich zitternd im Gras. Ich fühlte Alex’ Arme, die mich hielten. »Bist du okay?«, flüsterte er.
    Mein Gesicht lag an seinem Hals. Und ich schloss die Augen und genoss die Wärme seiner Haut an meinen Lippen. »Ja.« Meine Stimme klang ruhig. Ich machte mich los und setzte mich auf. Mein Herz klopfte wie wild.
    Dann schaute ich in den Himmel hinauf.
    Raziel flog jetzt in großer Höhe, wo unsere Kugeln ihn nicht mehr erreichen konnten – aber er war nicht allein. Charmeine, der weibliche Engel, den ich in seinen Gedanken gesehen hatte, raste auf ihn zu, ihr langes Haar flatterte im Wind. Mehrere Dutzend Engel folgten ihr. »Da ist der Verräter, der den Anschlag auf die Zwölf verübt hat!«, rief sie. »Lasst ihn nicht entwischen!«
    Natürlich, dachte ich benommen, als ich mich entsann, was ich in Raziels Geist über die machthungrige Charmeine so alles erfahren hatte. Er hatte gemeint, sie vollkommen durchschaut zu haben, aber sie hatte sowohl ihn als auch das Konzil an der Nase herumgeführt. Ihr Spielchen hatte sich ausgezahlt – und jetzt, nachdem er ihr geholfen hatte, die Zwölf aus dem Weg zu räumen, hatte sie keine Verwendung mehr für ihn.
    Die Flügel der Engel funkelten wie Messerspitzen, und irgendwoher wusste ich, dass dies der klägliche Rest der hundertköpfigen Entourage des Konzils war. Mit einem wutentbrannten Knurren katapultierte sich Raziel senkrecht in die Höhe, weg von der kleinen Armee. Ich war auf schreckliche Weise fasziniert. Und ich war mir bewusst, dass ich gleich miterleben würde, wie

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