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Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters

Titel: Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Rosenberg
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und legte die gespreizten Hände auf die Brust des alten Mannes. Der Nagellack war von ihren Nägeln abgegangen, ebenso wie die Angst vor ihm aus ihren Gebärden. Vielleicht war Doria Perlstein irgendwo im Innern verwirrt und verängstigt; aber nicht die Klerikerin.
    »Wir schon«, flüsterte Ahira. »Es wird leicht sein. Du hast es schon tausendmal gemacht.«
    Langsam schlossen sich ihre Lider, als ihr Gewicht auf die Arme sank, auf Aristobulus' Brust. Der alte Mann schien in schlechter Verfassung zu sein. Sein Gesicht war aschgrau und sein Atem kaum wahrnehmbar.
    Fremdartige, wohltönende Silben strömten aus ihren kaum geöffneten Lippen. Es begann langsam, wurde dann aber zu einem reißenden Fluß. Ahira konnte die Worte deutlich verstehen und versuchte, sie auswendig zu lernen.
    Aber es gelang ihm nicht. Keinen Satz, kein Wort, keine Silbe. Sie lösten sich in seinem Kopf wie Schneeflocken auf, die auf der Hand schmolzen.
    Der Wortschwall ging in Aristobulus hinein. Sein Atem wurde tiefer. Ein Hauch von Rosa trat an Stelle der Blässe, so daß sein Gesicht nicht mehr wie ein Fischbauch aussah. Die Finger an einem der ausgestreckten Arme zuckten und zogen sich zusammen, als seine Augen aufgingen.
    Aristobulus saugte mit gierigen Zügen Luft ein. Aus seinem Mund kam danach ein anhaltendes Geräusch, abstoßend kehlig und mißtönend.
    Wie eine Schlange, die zustößt, schoß aus seinen Fingerspitzen ein Blitzstrahl und zerfetzte die ihm am nächsten stehende Kiste zu tausend verkohlten, rauchenden Stückchen.
    »Du Idiot!« Ahira packte den Magier an der Kehle und drückte ihm mit beiden Daumen die Luftröhre zu.
    »Hör auf! Hör auf!« Doria trommelte mit ihren Fäusten wie besessen auf seinen Rücken.
    Widerstrebend ließ Ahira Aristobulus los, schlug nur noch einmal den Kopf des alten Mannes ins Gras.
    Die Augen des Magiers waren aufgerissen. »Du hast mir doch gesagt, ich sollte den Zauber bereithalten – das hast du mir selbst gesagt, Ahira.« Er rieb sich den Kopf. »Ahira? Oder bist du James … ?« Er biß sich auf die Lippe.
    Ahira spuckte voll Verachtung aus und stand auf. »Kümmere dich um ihn, Doria. Schaff ihn mir bloß aus den Augen!« Er erhob die Stimme. »Barak, Hakim, Flinkfinger, Lotana – alle zu mir rüber! Mal sehen, ob wir noch etwas retten können aus dieser … Sauerei.«
    »Ich … ich verstehe das einfach nicht«, winselte der Magier und fing an zu weinen. Er schluchzte wie ein verängstigtes Kind.
    Nach über einer halben Stunde auf Händen und Knien, in der sie verkohlte Stücke aus Knochen und Horn, Scherben von Gefäßen aus Glas und Ton durchsucht hatten, gebot Ahira Einhalt.
    »Hat irgend jemand etwas gefunden, das noch zu retten ist?«
    Barak schüttelte den Kopf und rieb einen rußigen Finger an der Nase, um einen Fleck wegzuwischen, was die Sache nur schlimmer machte.
    »Nein. Was auch immer hier drin gewesen ist, ist verloren.« Er hielt ein zersplittertes Hornstück hoch und kratzte mit dem Fingernagel eine Stelle ab. »Was ist das eurer Meinung wohl gewesen?«
    Hakim zuckte mit den Schultern. »Ein Josuahorn?«
    Flinkfinger fluchte leise vor sich hin. »Und wenn ich mich nicht total irre, dann waren diese Fetzen von Leder und Pergament mal Zauberbücher. Waren! Wenn nicht in den anderen Kisten noch Duplikate davon existieren, können wir gleich jede Hoffnung aufgeben, daß Lot-Andrea und Ari ihre Zaubersprüche wieder lernen.« Er warf eine Scherbe nach dem Magier. »Du saudummer Scheißkerl!«
    So konnte es nicht weitergehen. Ahira stimmte Flinkfinger zu – sehr sogar; aber was geschehen war, war nicht mehr zu ändern. Jetzt stand man vor dem Problem, was man als nächstes tun mußte. Er war nicht sicher, ob er das wußte.
    Ist doch egal! Der Anführer muß nur so wirken, als wüßte er, was er tut. »Halt's Maul, Flinkfinger! Wir müssen weitermachen. Lotana?«
    »Andrea«, sagte sie mit freundlichem Nicken. Gut – wenigstens einer war auf seiner Seite. »Ja, Ahira?«
    »Traust du dir zu, die übrigen Kisten auf Zauber hin zu untersuchen? Ohne sie zu berühren, meine ich.«
    Hakim hielt die Hand hoch. »Ich untersuche sie lieber auf mechanische Fallen hin.«
    »Prima. Ihr beiden macht das. Wenn ihr es für sicher haltet, laßt ihr Barak die Kisten aufmachen.«
    Barak nickte langsam. »Du glaubst nicht, daß da eine Falle ist?«
    Nein. Glaube ich nicht. Aber, wenn es eine gibt, bist du der, den wir am leichtesten entbehren können. Ohne die Zauberbücher können wir

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