Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
das anfangen betont statt des was.
»Theoretisch ist es ganz einfach«, sagte Slowotski.
»Blödsinn.« Er zeigte mit der Hand auf die Umgebung. »Einfach?«
»Alles ist im Grunde einfach.« Er hielt einen gut manikürten Finger hoch. »Zuerst mußt du dir überlegen, was du willst.«
Karl gefiel es gar nicht, wie Slowotskis Augen an Andrea hinauf und hinabglitten, als er das sagte. Aber er ließ es geschehen.
»Zweitens mußt du herausfinden, wie du es bekommst.« Noch ein Finger. »Und drittens« – er hob einen dritten und tippte mit allen drei Fingern gegen die andere Hand – »tust du es. So funktioniert das Leben.« Er zeigte mit dem Daumen auf die Stadt unter ihnen. »Auf die eine oder andere Art sind wir in der Welt, die Doc uns beschrieben hat, stimmt's?«
»Ja, aber … «
»Kein Aber, Karl. Das muß unsere Annahme für unser weiteres Vorgehen sein, bis wir etwas anderes herausfinden. Was aber ziemlich unwahrscheinlich sein dürfte, da ich Fähigkeiten habe, die ich nie hatte. Doria hat Kleriker-Zaubersprüche, die mit Gewalt aus ihrem Kopf herauswollen, und du bist fast einen halben Meter größer, als du sein solltest. James ist … «
»Schon kapiert, worauf du hinauswillst. Aber was hilft uns das schon?«
»Wieder ganz einfach. Der Name, den Doc unserer Kampagne gegeben hatte, lautet, wenn du dich erinnerst, die Suche nach dem Tor zwischen den Welten. Wie wir hierher gekommen sind, weiß ich nicht. Aber wenn wir zurück wollen, müssen wir logischerweise dieses Tordingsbums finden.« Er zeigte auf die sechs Holzkisten, die etwa fünfzig Meter weiter weg standen. Eine der Kisten war offen und leer. Die anderen fünf waren dunkel, glatt, verschlossen, ohne sichtbaren Fugen. »Ich möchte wetten, daß da etwas drin ist, was uns einen Hinweis geben wird. Vielleicht auch mehr als einen Hinweis.«
Hinter den Kisten hörte man leises Flüstern.
»Sie haben Riccetti noch nicht aufgeweckt?«
»Sie versuchen es, Jimmy – oder sag lieber Ahira, das gefällt ihm besser – Ahira denkt, daß wir einen Magier haben sollten, der bei klarem Bewußtsein ist, ehe wir die anderen Kisten öffnen. Das soll keine Beleidigung sein, Lotana … «
»Andrea.«
»Andrea, auch gut. – Nichts gegen dich, aber so, wie du zusammengebrochen bist, würde ich nicht auf dich zählen, irgendwelche Zauber an den Kisten zu wittern. Meinst du, du könntest eine Glyphe des Beschirmens erkennen?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest – warte!« Sie griff sich mit den Händen an die Schläfen. Ihre Finger schienen sich in den Kopf zu bohren. »Es ist merkwürdig. Ich weiß Dinge, die ich nicht weiß, wenn du verstehst, was ich meine.«
Karl legte liebevoll seine Hand auf ihren Arm. »Wir alle verstehen dich.«
Sie ergriff seine Hand und preßte sie so, daß ihre Knöchel weiß wurden. »Eine Glyphe ist ein Zauberzeichen, eine Ritzung, die normalerweise auf einem Eingang oder Tor angebracht ist. Es kann jeden verletzen, der versucht vorbeizukommen, es sei denn, der Zauber ist so abgestimmt, ihn in Ruhe zu lassen pder weil seine Zauberkraft gebrochen ist«, sagte sie mit ruhiger, fast geschäftsmäßiger Stimme. »So wie die Glyphen an der Stadt.« Sie deutete mit dem Kopf auf die Stadt mit der Mauer. »Stimmt's?«
»Welche Glyphen?« fragten Karl und Walter wie aus einem Mund.
Sie lachte. »Tut doch nicht so! Laßt den Blödsinn – den kann ich nun wirklich nicht brauchen!«
Karl seufzte und schaute nach unten auf die Stadt. Nur eine Stadt mit Mauern, keinerlei Schriftzeichen darauf. »Siehst du irgend etwas, Walter?«
»Nein.« Slowotski zog eine Augenbraue hoch. »Das war immer der Teil des Spiels, bei dem ich Schwierigkeiten hatte, es zu glauben.«
Karl nickte. »Ich auch.« Dann zuckte er mit den Achseln. »Na schön, dann … «
»Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich gern erfahren, wovon ihr redet. Bitte.«
»Wir können die magische Schrift nicht sehen«, sagte Karl. »Für Walter und mich ist das nur eine normale Mauer.«
»Sei doch nicht albern. Man sieht es so deutlich wie … « Sie drehte sich um. »Wirklich?«
»Wirklich. Wie Deighton gesagt hat, wenn man nicht die Gene für die Magie besitzt, ist jede Zauberschrift völlig transparent. Was steht denn nun da?«
»Ich kann die Schrift sehen, aber nicht lesen. Ich kann es niemals aussprechen; aber es würde Aristobulus und mich knusprig brutzeln, wenn wir die Stadt betreten würden.« Sie runzelte die Stirn. »Augenblick mal, woher kann ich …
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