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Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters

Titel: Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Rosenberg
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um sicherzugehen, daß alle abrufbereit und vollständig waren. Das war zwar nicht nötig; ein unvollständiger Spruch würde ihm den Puls nicht schneller schlagen lassen, nicht Tag und Nacht drängen, herausgelassen zu werden, als wäre er ein gewaltiger Nieszwang, der in der Nase steckte. Damit konnte er als Entgelt für die Macht leben.
    Er konnte sogar mit dem Wissen leben, daß sein bester Freund tot war. Sein einziger Freund. Vielleicht sollte er Jason betrauern. Lou Riccetti würde vielleicht alle Begegnungen mit Jason durchgehen und aus der Freundschaft Freud und Leid heraufbeschwören und beklagen, daß Jason dahingegangen war.
    Aber er konnte es nicht. Nicht mit dieser Macht, die ihn einhüllte und wärmte. Der Tod eines machtlosen Mensehen schien einfach nicht wichtig zu sein. Dagegen der Verlust der Zauberspruch bücher, der schmerzte.
    Das macht mich zu einem kleinen Menschen, vielleicht?
    Wenn das so war, dann war es eben so. Er …
    »Schläfst du ein?« fragte Andrea und stieß ihn in die Seite. »Im Stehen?«
    Mit Bedauern öffnete er die Augen. Das helle Sonnenlicht verdrängte das warme Leuchten seiner Macht. »Nein.«
    »Gut. Ahira hat gesagt, nach jedem, der irgendwie nach Amtsperson aussieht, Ausschau zu halten – weil die Soldaten, die Hakim verfolgt haben, nicht zurückgekommen sind. Es könnte sein, daß die Einheimischen nach ihm suchen. Und ich glaube kaum, daß das für uns besonders günstig wäre.«
    »Na schön.« Obwohl Aristobulus nicht einsah, warum er Ausschau halten sollte – wahrscheinlich spielte sich auf dem Boot etwas Interessantes ab. Er behielt die Menge am Ufer im Auge, schob sich aber näher zu Hakim hinüber, der mit dem Kapitän feilschte.
    Avair Ganness schlug mit den nackten Zehen gegen das Holz. Es klang wie das Klappern von Würfeln. »Nun entscheidet Euch endlich. Mir ist es egal. Ich kann einen Gewinn von fünf, vielleicht sechs Goldstücken machen, wenn ich guten Lundesswein fahre statt euch.« Er sprach Erendra mit einem angenehmen Rhythmus und rollte die Rs melodisch. In seiner schweißbefleckten Tunika aus Segeltuch, die in der Mitte von einem Strick zusammen gehalten wurde, steckten kräftige Schultern. Die Tunika hörte unvermittelt auf den Oberschenkeln auf. Seine Beine ragten wie Baumstümpfe darunter hervor.
    Hakim lächelte und zog eine Augenbraue hoch. »Es wäre vielleicht doch von Vorteil, uns statt des Weins zu fahren.«
    Ganness nickte. »Das stimmt.« Er seufzte. »Ich habe da ein Problem – passiert vielen Männern in meinem Alter. Es würde mich sehr viel kosten, wenn ich es in Pandathaway beheben ließe, vielleicht sogar mehr als eure Überfahrt mich kosten wird, wenn ich es recht überlege. Aber nur vielleicht.«
    Problem? Er sah doch völlig gesund aus.
    »Das habe ich nicht gemeint.« Hakim zeigte auf die Mannschaft, die auf der Schaluppe herumlief, die Leinen überprüfte, die Ladung verstaute und ab und zu einen lüsternen Blick auf Doria und Andrea warf. »Ich habe beobachtet, wie die Leute Pfeile und Bogen überprüfen. Es gibt auf Deck kaum eine Stelle, wo nicht Waffen in Reichweite sind. Ihr seid wegen der Piraten besorgt, stimmt's?«
    »Nicht besorgt, nur vors ichtig. Ich segle auf dem Zirrisc hen See nun … vierzig Jahre, Mann und Junge. Bin auf Piraten nur sieben, acht Mal gestoßen.« Er grinste. Das Lächeln durch die Zahnlücken war keineswegs freundlich. »Und ein paar Male habe ich meine Gegner recht gut erledigt.« Er warf den Kopf zurück. Sein Zopf, der bis zur Taille reichte, ringelte sich um ihn wie eine Schlange. »Ich brauche also keine Magier oder Krieger, um mich zu schützen. Aber« – er streckte den Arm in Richtung von Doria und runzelte die Stirn, als Hakim sich dazwischen stellte – »ich brauche die Hilfe eines Klerikers.« Sein Gesicht war ganz ausdruckslos. »Aber das kann warten, bis wir in Pandathaway anlegen. Ich brauche … ich habe keine Verwendung dafür … erst dort. Meinen Matrosen trete ich nicht zu nahe.« Er lächelte Doria an.
    Das erklärte, worin sein »Problem« bestand – ein Fall von Impotenz. Und vielleicht war Abair Ganness doch erpichter, geheilt zu werden, als er tat – sonst hätte er den Preis für die Überfahrt so hoch angesetzt, daß der Verlust an Laderaum mehr als wettgemacht würde.
    Aristobulus nickte vor sich hin. Ja, das ergab einen Sinn – aber es war besser, es Ahira oder Hakim still zuzuflüstern, als Ganness damit zu konfrontieren. Das Problem war, daß die meisten

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