Hüter der Flamme 01 - Die Welt des Meisters
und ihn anzuziehen; aber James Michael hatte viele ungemütliche Stunden im Aufenthaltsraum unten zugebracht, wo man ihn aus den Augenwinkeln angestarrt und insgeheim sich vor Ekel geschüttelt hatte, ehe man schließlich den zusammen gesunkenen Körper im Rollstuhl übersah.
Sein Zimmergenosse war nicht da. Wenn er mit den anderen auf ein Bier mitging, hatte er die Wahl, wenn sie zurückkamen, entweder jemanden zu bitten, ihn drei-, vielleicht viermal auf die Toilette zu tragen, bi s das Bier aus seinem System wieder raus war, oder …
Oder die nächsten Stunden in seinem Urin zu liegen.
Noch nicht. Gib dir mehr Mühe. Arbeite dich durch die Wand aus Feuer hindurch, hinein in den Kern.
Doria ließ sich auf einen Stuhl fallen. Man konnte deutlich sehen, daß sie überlegte, ob die Entfernung zu groß aussah. Dann brauchte sie etwa eine halbe Sekunde, um ihre Angst vor James Michael niederzukämpfen und den Kompromiß zu machen, den Bruchteil eines Zolls näherzurutschen.
Verdammt, Doria! Kannst du mich nicht wie einen Menschen behandeln?
Nichts. Er zerrte an den Ketten. Nicht einmal die normale Stärke eines Zwergs konnte sie sprengen. Wenn er nicht zum Berserker wurde, konnte er es nicht schaffen.
Hier bin ich, genauso hilflos, wie ich mein ganzes Leben lang gewesen bin.
Genauso
Sein Herz klopfte mit dem Schlag einer Baßtrommel …
hilflos
… ein roter Film legte sich über seine Augen, Feuer in seinem Kopf …
wie ich mein ganzes Leben
… seine Haut prickelte, als das Blut hochschoß, seine Sehnen sangen eine Hymne der Stärke … lang gewesen bin. … er wurde zum Berserker.
Irgend etwas störte ihn an den Handgelenken. Ahira wollte sie herabnehmen, um damit zu reißen, zu zerfetzen, zu zermalmen. Aber etwas hielt seine Hände zurück.
Es war eine lästige Sache, die er nicht ertragen mußte. Ohne auch nur eine Faust zu ballen, holte er seine Arme herunter.
Metall wimmerte und brach. Seine Arme waren frei. Frei. Er beugte sich nach unten und riß die Ketten um die Knöchel aus dem Fußboden.
Neben ihm waren zwei menschliche Wesen an die Bank gekettet. Warum befreiten sie sich nicht? Wollten sie nicht auch alles zerbrechen, zusammenschlagen und vernichten? Vielleicht waren sie nur zu dumm. Er griff nach den Armketten des ihm am nächsten Sitzenden und zog. Metall wimmerte und brach.
Warum waren seine Hände so naß und klebrig? Ach was, es spielte keine Rolle – zieh noch mal, und noch mal.
Aus ihren Mündern kamen Töne; aber sie ergaben keinen Sinn.
»Walter – nimm ein paar Messer und suche Ari. Er ist wahrscheinlich im Wagen der Magier, wo der auch sein mag. Ich hole die anderen.«
»Du wirst Hilfe brauchen. Besser, ich komme … «
»Beweg dich, verdammt noch mal, lauf!«
Einer der Menschen hob etwas in der Ecke des Wagens auf und schoß zur Tür hinaus. Gleichsam als Vergeltung drängten drei andere herein.
»Ahira – nimm sie. Ich muß Andy und Doria holen.«
Worte, das waren nur Worte. Sie hatten keine Bedeutung.
Aber der größte der drei neuen Menschen zog ein Schwert. Das war etwas, das er verstehen konnte.
Ahira nahm das herabhängende Ende seiner Armkette und schlug mit der Schlinge ins Gesicht des Mannes mit dem Schwert. Das unrasierte Gesicht zerplatzte. Blut spritzte auf.
Er schob den fallenden Körper aus dem Weg. Noch zwei Feinde. Bloß zwei Menschen, die mit Schwertern nach ihm stießen.
Er schlug die Schwerter mit der Kettenschlinge beiseite und ließ das Ende der Kette los. Das war das Problem mit der Kette: Sie brachte nicht befriedigende Resultate. Und da waren immer noch zwei übrig.
Kurz darauf stimmte das nicht mehr: Da gab es keine Menschen mehr, nur noch Stücke von ihnen, die überall verstreut lagen. Ahira stolperte hinaus in die Nacht.
Es mußte doch noch mehr geben, die man zermalmen konnte.
Ruhig, Karl – wir haben nur eine Chance, und die darfst du auf keinen Fall vermasseln. Der Griff von Walters Krummsäbel lag merkwürdig in der Hand. Die Balance dieser gekrümmten Waffe war nicht richtig.
Versuch also bloß keine Kunststücke. Es war leicht, festzustellen, in welchem der vier Kastenwagen Doria und Andy-Andy gefangen gehalten wurden. Hinter sich hörte er das Klirren von Stahl, die Schreie der Verletzten und ein konstantes, tiefes Brummen.
Kümmer dich nicht darum. Ahira wird schon allein fertig. Er riß die Tür auf und sprang hinein.
Das helle Laternenlicht blendete ihn. Geh nach dem Gefühl! Seine suchenden Finger blieben in einem
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