Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
Schießpulvers würde einen enormen Geldsegen bedeuten; wüßten hingegen beide um die Formel, käme dabei nur ein weiteres konkurrierendes Geschäft heraus. Als der alleinige NichtHeim-Geheimnisträger wäre Erol Lyneian ein glücklicher Schiffsbesitzer, der von Hafen zu Hafen segeln und billig hergestelltes Schießpulver zu hohen Preisen verkaufen könnte; wäre es jedoch frei erhältlich, würde es einfach nur ein weiteres Handelsobjekt werden.
Hätte ich einen ganzen Tag oder mehr Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wäre mir auch nichts Besseres eingefallen, was ich hätte sagen können, um Erol Lyneian dazu zu bewegen, sich mit uns anstatt mit Lord Daeran zu verbünden. Ich habe seitdem wieder und wieder darüber nachgedacht, aber noch immer ist mir keine Alternative dazu eingefallen.
Es gab nur einen Haken an diesem, zugegebenermaßen brillanten, Improvisationsstück: Ich konnte in Erol Lyneians Augen lesen, daß er mir nicht glaubte.
Aber ich bemerkte, daß Lord Daeran mir sehr wohl glaubte, denn er sprang auf mich zu und rang mir die Flasche aus der Hand, während er mich gegen die Reling stieß.
Rückblickend war das natürlich nur logisch. Ich hatte schließlich einige Zeit darauf verwendet, Lord Daeran von meiner Aufrichtigkeit zu überzeugen, und es hatte funktioniert - er war trotz allem hinter der Flasche mit dem mutmaßlichen Gegengift her. Er war darauf fixiert, mir zu glauben; ich hätte ihm die Brooklyn Bridge verkaufen können, obwohl er sicher noch nicht einmal die leiseste Ahnung hatte, was Brooklyn überhaupt war. Erol Lyneian hingegen hatte mich gerade erst kennengelernt und mußte erst noch entdecken, was für ein charmanter und vertrauenswürdiger Kerl ich war.
Ein einziger Plan kann nur allzu schnell zum Teufel gehen.
Zauberer stellen in jedem Gefecht das vorrangige Ziel dar. Aus diesem Grunde sind sie auf gute Leibwächter angewiesen. Hätte Andy ihre Möglichkeit einsetzen und handeln können, wären die Dinge sehr schnell in unserem Sinne erledigt gewesen.
Zwei Soldaten sprangen auf sie zu. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie Andy durch einen Schlag auf den Kopf zusammenbrach. Tennetty schlug auf einen der Soldaten ein, der versuchte, Andy auf dem Deck festzuhalten, aber ich war viel zu sehr mit meinem eigenen Kampf beschäftigt.
In den alten Zeiten war dies gewöhnlich der Moment, in dem Karl in Aktion trat.
Einst, als sich eine Falle, die wir Sklavenhändlern gestellt hatten, plötzlich gegen uns richtete, befand er sich zu guter Letzt von vier Schwertkämpfern eingekreist - und guten dazu - und war mit nicht mehr als einem behelfsmäßigen Bauernspieß bewaffnet. Nach ungefähr acht Sekunden war alles vorbei - er hatte sie schnell und nachdrücklich attackiert, und sie waren alle zu Boden gegangen.
Aber Karl war mausetot, so blieb nur noch ich.
Ich gab mein Bestes - ich schleuderte das Wurfmesser in Lord Daerans Wanst und trat mit dem Fuß gegen den S olda ten, der mir am nächsten stand. Dieser prallte gegen einen seiner Kameraden.
Das gab mir genügend Zeit, mein Schwert zu ziehen.
Ich wehrte ein Messer ab und stieß meine Klinge zwischen die Rippen eines anderen Kerls. Sein gurgelnder Schrei erstickte, als er zusammen gekrampft wegtaumelte. Meine Klinge klemmte zwischen seinen Rippen, und er nahm mein Schwert mit sich. Noch vor zehn Jahren, vielleicht sogar vor fünf, hätte ich mich schnell genug bewegt, um die Klinge herauszureißen, sie sogar herauszuwinden, bevor sie unerreichbar war, aber ich wurde allmählich alt und behäbig.
Wir hätten überhaupt keine Chance gehabt, wenn nicht Jasons Revolver und Ahira gewesen wären. Der Zwerg war irgendwie zu einer riesigen Schiffsplanke gekommen, mit der er wie mit einem Bauernspieß wild um sich schlug. Er traf einen von Lord Daerans Männern so hart damit, daß dieser auf der Stelle durch die Reling brach und unten schwer auf das Schwimmdock aufschlug.
Jasons Revolver spuckte Feuer und Rauch. Ein Soldat wurde getroffen, was mit einem Schwall von Blut und Wundflüssigkeit aus seinem Oberschenkel beantwortet wurde. Der Soldat schrie, während er langsam zu Boden fiel und quer über Bast zu liegen kam.
Basts Arme zuckten hin und her. Mit ungeschickten Händen schlug er auf das Gesicht des Soldaten ein. Er tat sein Bestes, aber er war uns keine Hilfe.
Ich duckte mich unter einem Schlag mit dem Schaft eines Speers hinweg und machte einen Satz vorwärts auf seinen Besitzer zu. Dabei zog ich eine meiner therranjschen
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