Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
von Mikyn erhalten.« Sein großes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Wir Zwerge sind geduldige Leute.«
»Selbstredend!« Doch mit Sarkasmus kam man bei Ahira nicht weit. Damit meine ich nicht, daß er ihn nicht versteht - denn das tut er - , aber es macht ihm nichts aus. »Dennoch ... Mikyn hat ein etwas großes Stück vom Kuchen abgebissen. Er könnte Hilfe beim Kauen gebrauchen.«
»Das ist schon möglich, aber ich habe es nicht eilig.«
Ahira griff nach einem dünnen, ungefähr eine Spange langen Eisenstab und legte ihn ins Schmiedefeuer. »Wenn Ellegon zur Verfügung steht, könnten wir trotzdem zur Küste hinüberfliegen und ein bißchen in der Umgebung von Ehvenor herumstöbern.« Er sagte das so beiläufig, als wäre es etwas, über das er gerade erst nachgedacht hätte. Aber wir beide waren schon zu viele Jahre miteinander befreundet, als daß er mich damit noch hätte hereinlegen können. Ahira hatte schon beschlossen nachzuforschen, und er hatte bereits angefangen, mich zum Mitmachen zu überreden.
Er schaute mich an und lächelte hintergründig, als er seine Schulter rieb.
Doria hatte die unangenehme Angewohnheit, Fragen zu stellen, auch wenn sie die Antworten bereits kannte. »Vielleicht hast du ja auch vor, bei demjenigen noch einmal vorbeizuschauen, der dir das da angetan hat?«
Er schüttelte den Kopf. »Für so was ist das Leben zu kurz.«
Ein dunkler Schatten huschte über sein Gesicht, und ich begriff, daß er irgend etwas Wichtiges erlebt haben mußte, seit wir uns außerhalb von Ehvenor getrennt hatten. Aber eines hatte ich bereits vor vielen Jahren über James Michael Finnegan gelernt - er sprach nur dann über seine Probleme, wenn er es wollte. Ich glaube nicht, daß es jemand anderen gibt, dem er mehr vertraute als mir, aber sogar ich würde - wenn überhaupt - erst später davon erfahren.
»Das Leben ist zu kurz, genauso wie du«, stichelte Doria. »Warum sollte uns das überhaupt etwas angehen, was in der Nähe von Ehvenor geschieht?«
Es konnte alles oder nichts bedeuten. Man erzählte sich Geschichten über seltsame Morde in der Nähe von Ehvenor, von Tierverstümmelungen, die mich an ähnliche Vorfälle in den Südstaaten auf der Anderen Seite erinnerten. Vielleicht waren es auch weitere Drachen, die aus Faerie eindrangen, oder andere mächtige magische Kreaturen, von denen die meisten das Gebiet von Eren seit der Ankunft des Menschen verlassen hatten.
An einigen der Geschichten war wahrscheinlich etwas dran - als Jason und sein Trupp auf den zerspellten Inseln waren, hatten sie eine dieser riesigen Kreaturen getötet. Doch die jüngsten Berichte aus Ehvenor klangen anders als alles, von dem ich je gehört hatte.
Er sah zu mir auf. »Was hältst du davon?«
»Ich glaube, Doria hat recht. Wir haben so schon genug zu tun, auch wenn wir uns diesmal kein Stück von dem magischen Problem abbeißen.«
Und außerdem hatte er seinen Plan noch nicht genau genug durchdacht, denn mit einem magischen Problem konnten wir uns nicht beide allein befassen.
Im Zentrum der Stadt Ehvenor stand seit langem ein Gebäude, das eine Art Außenposten von Faerie im Gebiet von Eren darstellte. Vielleicht war es sogar der einzige Außenposten in Eren. Ich hatte es mehrmals aus größerer Entfernung gesehen - ein riesiges, strahlend weißes Gebäude, das jedesmal, wenn man es von neuem betrachtete, eine leicht veränderte Form zu haben schien. Ich hatte nie versucht, näher heranzukommen, und verspürte auch nicht den Wunsch danac h. Ob man es nun die Faerie-Bot schaft oder den Faerie-Außenposten nennt - oder wie immer man es auch bezeichnen mag - , es gab für mich nie einen Grund, mich näher mit dem Bauwerk zu beschäftigen. Wenn man in Faerie ist - da gibt es etwas, das die Menschen in den Wahnsinn treibt, obwohl die äußeren Bezirke von Ehvenor schon wild und verrückt genug sind. Das kann man mir glauben.
Ich rieb mir den linken Handrücken - die Stelle, an der eigentlich eine längst verheilte Narbe hätte sein sollen, wenn ich damals nicht ein Fläschchen mit einem Heiltrank zur Hand gehabt hätte.
Er hatte es tatsächlich nicht richtig durchdacht - wir beide würden es allein nicht schaffen können. Selbst mit Jason wären wir noch immer zu wenige. Aber erst einmal genug davon. Wenn wir es lange genug aufschieben konnten, mußten wir vielleicht nichts mehr unternehmen. Wir könnten es doch das Problem von irgend jemand anderen sein lassen.
»Denk darüber nach und gib mir dann
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