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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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Bescheid«, sagte er.
    »Ich kann es dir jetzt schon sagen«, antwortete ich. »Es geht uns nichts an. Außerdem haben wir anderes zu tun.«
    »Kann schon sein«, entgegnete er. Darin bestätigte ihn Doria mit einem kurzen Nicken. Dorann streckte die Arme aus, damit Doria sie hochnahm. Das war wohl eine Art Entlassung für mich.
    Doria, meine kleine Tochter und mein bester Freund sollten einen wirklich schönen Tag ohne mich verbracht haben.
    Ich traf Andrea Cullinane an ihrem neuen Arbeitsplatz, als sie ihre Ausrüstung auspackte.
    Im Idealfall sollte die Werkstatt eines Zauberers von außen gegen die Mauer des Bergfrieds gebaut werden, wo sie von allem abgelegen wäre. Dafür hatte ich gesorgt, als Lou und ich die Pläne für Heim entwarfen, und Karl und Andy hatten es in Biemestren ähnlich gehalten. Aber Schloß Cullinane war zu klein dazu, denn der meiste Raum innerhalb seiner Mauern war anderweitig besetzt.
    Andrea hatte eine Vorratskammer im Kerker belegt, da nur dort noch etwas frei gewesen war. Es war die letzte, feuchte und kalte Kammer am Ende einer Reihe von Vorratskammern, in die nur durch vergitterte Fenster etwas Licht fiel. Es waren einfache, unverglaste Öffnungen, die knapp unterhalb der Decke in die Außenwand eingelassen waren. Der Weg zu Andreas Werkstatt führte durch sämtliche anderen Vorratskammern. Dazu mußte man sich zwischen Stapeln von muffigen Weinfässern hindurchwinden, vorbei an dicken Getreidesäcken und geduckt unter grünschimmernden Schinken, die von der Decke herabhingen. Währenddessen lief man durch Dunst und Dunkelheit, die von den spärlichen Streifen des Sonnenlichts zerteilt wurde.
    Ich mag keine Keller. Damals zu Hause, als ich noch ein Kind war, hörte ich jedesmal das Geraschel der Ratten, wenn ich die Treppen hinunterstieg. Ich kann mich noch erinnern, wie ich einmal eine Ratte mit einem Baseballschläger verfolgt habe. Doch - ich schwöre es - sie wandte sich gegen mich, zischte und jagte mich die verdammte Treppe wieder hinauf.
    Keller und Kerker auf Dieser Seite neigen dazu, noch schlimmer zu sein. Ich hatte große Anstrengungen unternommen, der Rattenplage in Endell Herr zu werden, was bei weitem die Summe rechtfertigte, die mir König Mahertalen zu zahlen pflegte.
    Aber hier gab es keine Ratten - oder Mäuse. Hier gab es nur Moder, Feuchtigkeit und kalte Stille.
    Mich fröstelte.
    Ich verhielt vor dem, was wohl als Tür zu Andreas Verlies dienen sollte: ein Tuch aus grober Baumwolle und von undefinierbarer Farbe, das klamm vor der Öffnung hing.
    »Andrea? Ich bin's.«
    Pause - »Einen Augenblick, Walter«, klang es dumpf heraus. Angestrengt versuchte ich, etwas zu erlauschen, doch da gab es nichts, außer einem leisen Rascheln von Papier oder Stoff - dann: »Du kannst genausogut reinkommen.«
    Als ich den klammen Vorhang zur Seite schob, schauderte ich schon bei seiner Berührung. Die Kammer war - zusätzlich zum spärlichen Sonnenlicht, das durch die vergitterten Fenster fiel - von einigen Fackeln erleuchtet. Dennoch vermochte das flackernde Licht nicht die Düsternis zu vertrei ben, die hinter jeder Kiste oder Truhe zu lauern schien. Hölzerne Kisten - einige offen, die anderen noch zugenagelt - stapelten sich auf dem Steinfußboden und den Tischen. Man sieht, es ist egal, wo man sich befindet - ob nun auf Dieser oder auf der Anderen Seite - , Umzüge arten überall leicht in Arbeit aus.
    Andrea dampfte noch vom Baden, während sie über einem lodernden Feuer etwas Wasser in einem geschwärzten Kupferkessel erhitzte. Sie war gerade dabei, ihre Hose zuzuknöpfen.
    Ich hätte ihr gern bei ihren Kleidern geholfen. Ob nun beim Anziehen oder Ausziehen. Andrea Andropolus Cullinane: schwarzes Haar, das nicht mehr von grauen Strähnen durchzogen wurde; hohe Wangenknochen; eine vornehme Nase. Ihre Zunge fuhr über die volle Unterlippe. Sie trug eine glatte, schwarze, hochgeschnittene Lederweste, die zu ihren schwarzen Lederjeans paßte. Ihre Jeans saßen so eng, als hätte man sie ihr mit einem feinen Pinsel aufgetragen. (Ich gebe es zu: auf Frauen in engen Jeans reagiere ich wie die meisten jungen Männer.) Ihre spärliche Kleidung saß knalleng um ihre schlanke Taille und ihre vollen Brüste, wobei sie ihre Figur eher betonte als verdeckte. Ihr flacher Bauch war unbedeckt.
    Ich konnte die schwache Zeichnung von Dehnstreifen auf ihrer Bauchdecke erkennen, doch nur, wenn ich genauer hinsah. Nicht, daß es mir etwas ausmachte, genauer hinzusehen; wie dem auch sei, sie

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