Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
Vom Netzwerk:
unter einem blauen Kopftuch nach hinten gebunden ist. Ihre Schultern sind durch zu viele Jahre harter Arbeit gekrümmt. Vielleicht ist es auch gar nicht Jefferson - sein Haar hat eher die Farbe von staubigem Rot als von klarem Weiß. Doch das spielt keine Rolle - er gehört hierher.
    »Bitte, Madame«, sagt er mit fester Stimme, »gehen Sie mit den anderen.«
    Sie schnauft. »Ich habe ja nur siebenunddreißig Jahre lang auf meinen Knien die Fußböden weißer Leute geschrubbt, um für meine sechs Kinder das Essen auf den Tisch zu bringen und danach diese sechs Kinder auch noch zur Schule zu schicken.« Ihre Hände ballen sich zu Fäusten. »Denkst du, ich lasse die an meine Babies ran, du Arschloch?«
    Franklin lacht in sich hinein. »Er bittet Sie um Verzeihung, Madame.«
    Jefferson verbeugt sich tief. »Selbstverständlich tue ich das.«
    Ein anderer Mann mit schneeweißem Walroßbart und gewaltigen Augenbrauen, die sich über Augen erheben, denen nichts entgeht, beißt seine Zigarre durch und wirft sie dann mit einem gemurmelten Fluch fort. »Wir können die Stellung halten«, sagt er, wobei seine Stimme quiekender klingt, als ich angenommen hätte. Doch er hört sich nicht wie Hal Holbrook an. »Aber wir brauchen noch mehr.«
    Karl schaut mich an - alle schauen mich an: Jefferson, Twain, Ahira, der verrückte alte Semmelweis, alle schauen mich an - , Erstaunen liegt auf Karls blutverschmiertem Gesicht. »Walter? Worauf wartest du noch?«
    Dann wache ich auf.

Kapitel drei
In dem Schluckauf geheilt, Abendbrot gegessen und ein Ausflug arrangiert wird
    Das offenkundige Zeugnis von Unsterblichkeit ist unsere Unzufriedenheit mit jeglicher anderen Lösung.
    - RALPH WALDO EMERSON -
    Etwas zu wollen reicht noch nicht. Wenn es das täte, hätten wir alle gelernt, entschlossener zu wollen. Ich kann schon ganz energisch wollen, danke schön.
    - WALTER SLOWOTSKI -
    Man nennt es den pathetischen Trugschluß, aber das ist lediglich der Terminus technicus dafür, denn es ist nichts Pathetisches dran.
    Ich erinnere mich - damals, als ich anfing, Dinge zu personifizieren, war ich ungefähr fünf oder sechs Jahre alt.
    Das liegt in der Familie. Stash - als Kind hielt ich ihn für meinen Vater - hatte noch das Große Auto, den 57er Buick Starfire 98, den er in Las Vegas auf seinem ersten und letzten Trip dorthin gekauft hatte. Der Wagen war einer der letzten und absolut besten Riesenschlitten, die in Amerika serienmäßig hergestellt wurden. Ein gewaltiges Auto, das von einem dreihundert PS starken V8 umhergezogen wurde, was für diese Monstermaschine, die aufbrüllte wie ein Löwe, ein Kinderspiel war. Es war zweifarbig, schwarz und gelb wie eine Hummel, mit einer gebogenen Windschutzscheibe, geschwun genen Kotflügeln und einem Heck, das groß genug war, um darauf zu zelten.
    Das Große Auto hatte Sitzbänke wie eine Couch. Es war groß wie ein Haus, und wenn ich mitfuhr, festgehalten von den Sicherheitsgurten mit den großen Schnallen, für deren Einbau Vati und sein Freund Mike ein ganzes Wochenende gebraucht hatten, fühlte ich mich so sicher wie zu Hause auf der Couch.
    Manchmal kam es vor, daß uns Leute in Volkswagen spöttisch anhupten.
    Vati hatte immer nur in sich hineingelächelt. »Sie haben's nicht drauf, was, Em?«
    Mutti stieß dann immer ihren tiefen Seufzer aus, mit dem sie sagen wollte, jetzt geht das schon wieder los, und dann sagte sie meistens: »Was haben sie nicht drauf?«
    Er erwiderte dann immer so etwas wie: »Wie all dieses Metall um uns herum uns schützt, wie es diese kleinen Scheißautos ...«
    »Stash. Schhh.«
    » ... über die ganze Landschaft verstreuen wird, wenn wir mit ihnen zusammenstoßen - aber unsere alte Schönheit hier wird uns beschützen.«
    Für die beiden war es so etwas wie ein Mantra, obwohl ich bezweifle, daß einer von ihnen jemals dieses Wort gekannt hat.
    Sie hörten an dem Tag auf, dieses Mantra zu wiederholen, als irgend so ein Idiot in einem blauen Corvair auf unserem Heimweg in uns hineinpflügte, als wir gerade in unsere Auffahrt einbiegen wollten. Wir wurden hart gerammt - die Windschutzscheibe zersplitterte in einem einzigen Augenblick. Der volle Aschenbecher versprühte seinen Inhalt in die Luft und ließ mich so lange erblinden, bis meine Tränen die Asche aus den Augen herausgespült hatten. Die Schnalle meines Sicherheitsgurts hinterließ an meiner rechten Hüfte blaue Flecken, die noch wochenlang gelb und purpurn schillerten - aber uns war nichts weiter passiert. Am

Weitere Kostenlose Bücher