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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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zwischen Löwen und Menschen, und Wölfe und Schafe haben kein Abkommen.
    - HOMER
    Wie kommt es, daß du niemals einen Drachen findest, wenn du einen brauchst?
    - WALTER SLOWOTSKI
    Als wir die Habichte schließlich erreichten, war es später Vormittag geworden. Die Vögel hatten sich auf dem Tierkadaver und in den umliegenden Maisfeldern niedergelassen.
    Ohne auf den Schaden zu achten, den sie in den hüfthohen Maisreihen anrichtete, galoppierte Tennetty auf die Hühnerhabichte zu und ließ sie in alle Richtungen auffliegen.
    Ich nehme an, die Vögel kannten sie nicht. Doch Tennetty nahmen sie ernst genug, um mit trägem Flügelschlag aufzusteigen. Aber ein halbes Dutzend von ihnen ließ sich auf einer benachbarten Eiche nieder und schrie seine Einwände und Schmähungen heraus. Der Mittelländer-Hühnerhabicht ist kleinwüchsiger, als ich immer gedacht hatte. Der Habicht der Anderen Seite (ehrlich gesagt, habe ich niemals einen Habicht der Anderen Seite gesehen, so daß ich nicht sicher bin) hat ungefähr die Größe einer großen Krähe. Große häßliche Kehllappen hängen unter ihren boshaften, gebogenen Schnäbeln. Widerliche Biester.
    Mit schmerzenden Gliedern zog ich die Bremse und kletterte vom Wagen.
    Was wir hier vorfanden, war eine typisch hiesige Landschaft: ein schmutziger Fuhrweg verlief diagonal über ein ungefähr rechteckiges Stück Land und verschwand in der Finsternis des Waldes. Die Gehölze konnten entweder nur Streifen von einigen Dutzend Metern Breite sein, die man hauptsächlich als Windschutz stehengelassen hatte, oder sie waren viel tiefer.
    Der Fuhrweg wurde durch einen niedrigen, mit Steinen belegten Wall begrenzt, der sich ungefähr zwei Fuß über das flache Land erhob. Ich habe schon besser gepflegte Begrenzungswälle gesehen. Dieser hier war ein bißchen verfallen. Aber das war ja nicht mein Problem. Es war das Problem des Barons und seiner Steuereintreiber - von ihnen wurde erwartet, sich darum zu kümmern, daß die Bauern ihren Besitz und die Wege in Ordnung hielten.
    Das Haus, so wie wir es vorfanden, war eine Fachwerkhütte mit Wänden aus Flechtwerk, die mit Lehm verschmiert waren. Es stand direkt an der Straße. Zwischen Hecken ein stilles Örtchen, ein windiger Hühnerverschlag und der unvermeidliche Steinbrunnen waren die einzigen übrigen Bauten.
    Drüben in der Pächterhütte regte sich etwas, und darum würden wir uns kümmern müssen. Aber zuerst wollte ich einen Blick auf die Kuh werfen.
    Oder was von ihr übriggeblieben war. Die Wölfe hatten gute Arbeit geleistet und die Habichte hatten sich sehr darum bemüht, den Rest zu erledigen. Sie - das waren die Wölfe; denn Habichte essen keine Mitnehm-Gerichte - hatten die Kuh vielleicht dreißig Fuß durchs Feld gezerrt und dabei größeren Schaden an dem jungen Mais angerichtet als Tennetty es getan hatte.
    Die Kuh war ein blutiger, stinkender Haufen.
    Ich war irgendwie erleichtert. Damals, als ich Fleischwissenschaft studiert hatte, mußte ich viele Kühe schlachten. Und was ich am meisten dabei haßte, war das Töten und Hantieren mit dem frisch Geschlachteten. Du hast dieses pneumatische Betäubungsgerät, das aussieht wie eine Art Großwildbüchse, die mit einem Schlauch an einen Kompressor angeschlossen ist, und du legst sie an die Stirn der Kuh und ziehst den Abzug. Die Preßluft löst den Hammer aus - im Grunde genommen nur ein Bolzen -, welcher der Kuh einen harten Schlag auf den Schädel versetzt, hart genug, um sie zumindest bewußtlos zu schlagen, meistens aber den Knochen sprengt. Wenn das geschehen ist, ziehst du sie hoch, schneidest sie auf und läßt sie ausbluten.
    Eine schmutzige Arbeit, aber innerhalb weniger Minuten hast du nichts mehr, was an eine Kuh erinnert; du hast Teile, Rinderseiten, Eingeweide, Zunge. Die abgezogene Haut wartet darauf, gegerbt zu werden.
    Hier fanden wir weniger vor. Die Wölfe hatten ungefähr die Hälfte der Kuh gefressen. Genauer gesagt, die hintere Hälfte der Kuh, die Beine und so weiter, waren von ihnen gefressen oder weggeschleppt worden. Das Vorderteil hatten sie liegenlassen, es war mehr zerrissen als angefressen.
    Etwas war merkwürdig. Der Kadaver war nicht zerfetzt, verwüstet, im Gegenteil, es war zu ordentlich - an zu vielen Stellen war das Fleisch ein bißchen zu sauber. Ich vermute, daß ein Wolf dazu fähig ist. Allerdings würde es ihm sehr schwerfallen, so ordentlich vorzugehen. Und warum sollte er auch? Wer würde einem Wolf beibringen wollen, mit seinem Futter

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