Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
den uns Ellegon hätte bringen können, weit weg von Ehvenor. Danach wäre es das Klügste gewesen, die entgegengesetzte Richtung von Ehvenor einzuschlagen.
Das war jedoch nicht der Plan. Der Plan sah vor, uns an der Küste von Ehvenor abzusetzen; Fenevar schien halbwegs geeignet zu sein. Es wäre vorteilhaft gewesen, auf einigen abgeernteten Feldern in der Nähe der felsigen Küste von Fenevar zu landen. Das einzige Problem war nur, daß es dort keine felsige Küste gab.
Das Land in der Nähe von Fenevar breitete sich flach auf Meereshöhe aus und war mehr Sumpf als Ufer. Dort gab es kaum Wald oder andere Verstecke; was auch auf das meiste Ackerland um den Zirrischen See zutraf, denn Bauern hatten weit und breit alles gerodet und bis nahe an die Uferlinie des Binnenmeeres bestellt. Und jenseits davon wuchsen Seetang und wilder Reis im flachen, morastigen Wasser.
Der Drache sollte uns in den welligen Vorbergen, einen guten Halbtagesmarsch von der Stadt entfernt, auf der Straße absetzen.
Wie wir es damals in den alten Feindflugtagen gelernt hatten, hing die Gefahr bei Ellegons Landung unmittelbar von zwei Umständen ab: wie frei das Gelände erschien und wie lange er am Boden blieb. Wir taten unser Bestes, in beiderlei Hinsicht.
Wie sieht's aus? erkundigte ich mich, als Ellegon sich hart in eine enge Kurve legte.
Der Wind peitschte mir schneidend ins Gesicht und trieb mir die Tränen in die Augen. Ich konnte kaum die Hügel unter mir in der grauen Dämmerung erkennen, aber Ellegons Augen waren besser als meine. Er hatte die Straße entdeckt, die das Land sauber halbierte, indem sie durch den dichten Wald schnitt.
Niemand in der Gegend, soweit ich es beurteilen kann. Wir landen jetzt.
Luft rauschte vorbei, als uns der verschwommene Boden entgegenkam. Ellegon, dessen Flügel wild schlugen, pfefferte auf die Staubstraße.
Die Sicherheitsgurte schon abgestreift, glitten Ahira und Jason zu Boden, während Tennetty und ich die Riemen lösten und die Bündel und Rucksäcke hinunterließen. Ich reichte Andy hinunter in Ahiras offene Arme und glitt dann selbst an einem losen Seil auf die Straße.
Ellegon machte ein paar Schritte die Straße hinunter, sprang dann in die Luft und schraubte sich in einer engen Spirale empor, bevor er in den Himmel davonflatterte.
Ich werde alle zehn Tage an unserem Treffpunkt nachschauen. Bis wir uns wiedersehen, haltet euch wacker, sagte er.
Weißes Licht flammte auf, als Ahira einen Glühstahl aus seinem Beutel zog. Er hatte schon seinen riesigen Rucksack geschultert. »Auf geht's, Leute. Wir haben einen vollen Tagesmarsch nach Fenevar vor uns.«
Während Tennetty ihren Rucksack zurecht ruckte, bemerkte sie: »Mindestens. Und am Ende des Trips nichts anderes als saures Bier.«
Während eine abgewandelte Form von direktem Vorgehen - Verwirrung stiften, zugreifen und verschwinden - eine Methode ist, um etwas Bestimmtes zu erreichen, so ist sie doch völlig ungeeignet, irgendwelche Informationen zu erlangen.
Es gibt jede Menge nützlicher Strategien, wenn man nach Informationen herumschnüffelt - und ich kann stets noch mehr Informationen gebrauchen.
Eine der besten Vorgehensweisen ist zugleich eine der einfachsten. Jede Stadt entlang einer Handelsstraße - und aus offensichtlichen Gründen waren wir immer geneigt, in der Gegend von Handelsstraßen zu operieren - hat wenigstens einen Gasthof für Reisende. Wenn es sich um eine ansehnliche Stadt handelte, gewöhnlich mehrere. Reisende - es spielt keine Rolle, womit sie Handel treiben - sind immer gerne bereit zu erzählen. Nicht immer wahrheitsgemäß, daran muß man allerdings denken.
Andererseits, wer bin ich, daß ich mich über ein wenig Unaufrichtigkeit beklage?
Alles, was wir jetzt in den ersten beiden Gasthöfen erfuhren, die wir aufsuchten, war ein gedämpftes Gemurmel.
Die Unterhaltung im Blaubachhof, dem dritten Gasthof an diesem Abend, sprudelte wie saures Bier, das die Neigung hatte, auf den Boden überzuschwappen und sich in Matsch zu verwandeln.
Nach allgemeiner Praxis wurde das Bier entlang diesem Küstenstreifen in einem Krug ausgeschenkt, der kaum halb so groß wie ein gewöhnlicher Wasserkrug war. Manche Leute tranken direkt aus dem Krug, andere benutzten einen Becher. Ich schenkte Tennetty und mir ein. Dann setzte ich meinen Becher zum Trinken an, benetzte aber kaum die Lippen.
Sie nahm einen langen Zug. »Gut?« fragte sie.
»Was soll gut sein?«
»Welche umwerfenden Dinge hast du herausgefunden?«
Ich
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