Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor
den ich je kennengelernt habe, der einen Waschzuber benutzt.
Es ist eigentlich offensichtlich, wenn du einmal darüber nachdenkst, warum ein Mensch mit Lungen voller Luft leichter ist als Wasser. Für uns ist Schwimmen nur eine Methode, mit den natürlichen Kräften umzugehen. Rhythmisch tauchen wir auf und unter und atmen ein, ohne Wasser in Mund und Nase zu bekommen. Zwerge sind anders gebaut, sie haben eine größere Dichte als wir. Ihre Knochen sind nicht nur dicker, sondern haben auch die entsprechenden größeren Gelenke, die ihnen einen mechanischen Vorteil verschaffen. Zudem sind sie aus einer etwas anderen, kompakteren Kalziumverbindung aufgebaut. Ihre Muskelfasern sind kürzer, aber viel zahlreicher. Das Verhältnis zwischen Fett und Muskeln ist bei ihnen kleiner, was einer der Gründe dafür ist, daß sie so verrückt nach Bier sind. Stärke und Alkohol sind bekanntlich gute Kalorienlieferanten.
Fällt ein Zwerg ins Wasser, dann sinkt er wie ein Stein.
Ich gab Lou Riccettis alten Witz zum Besten: »Wie bringst du einen Zwerg zum Schwimmen?« Dabei bemühte ich mich zu grinsen, aber die Anstrengung verursachte Schmerzen.
Ahira lächelte pflichtschuldigst, während Andy antwortete: »Zwei Kugeln Eiscreme, einen Zwerg, und das ganz aufgefüllt mit Cola.«
Tja, das ist tatsächlich die einzige Methode. Ich glaube, man muß von der Anderen Seite sein, um das komisch zu finden.
Jason hatte nichts für Humor übrig. »Ich mag so was nicht, aber wir müssen ihn finden.«
Tennetty lächelte spöttisch. »Das Vorhaben ersetzt noch nicht die Tat. Er ist schon vor einigen Wochen verschwunden. Er kann jetzt sonstwo sein.«
Andy schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn er seine Tarnung als umherziehender Hufschmied beibehält.«
»Wir müssen ihn unbedingt finden.«
Jason hatte recht. Es war eine Sache, Sklavenhändler zu töten. Niemand vergoß Tränen um sie. Natürlich fürchtet man sie oder handelt mit ihnen, und das ist auch in Ordnung. Was sollte man sonst mit besiegten Nachbarn tun?
Aber seine Sympathie für sie auszudrücken und sich mit ihnen zu identifizieren oder Heim-Plünderer sogar als eine gemeine Bedrohung zu betrachten?
Das ist unmöglich.
Das Problem, das entsteht, wenn man eine Legende schafft, ist, daß die Leute daran glauben. Ahira und ich, später auch Jason, hatten einige Schwierigkeiten, Karls Legende in den Geschichten über den Krieger am Leben zu erhalten, obwohl Karl der Archetyp eines Heim-Plünderers war. Mikyn scherte sich einen Dreck um die Legende, denn er tötete die Ortsansässigen und hinterließ sein Zeichen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mehr erstaunt oder verärgert darüber war. Wahrscheinlich war ich beides. Mikyn ist in Heim aufgewachsen, und er hätte es besser wissen müssen.
Ich nahm noch einige kleine Schlucke von dem heißen Tee und legte mich zurück. Da w ar ich schon dabei, mit zittern der Hand die kleine Messingflasche zu nehmen und das Wachssiegel mit dem Da umen zu lösen, schob das Fläsch chen dann aber wieder zurück.
Nein.
Ahira hatte nachgedacht. »Besteht die Möglichkeit, daß du einen Ortszauber über ihn verhängen kannst?« fragte er Andrea.
Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht.« Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Sicherlich. Ich bin ziemlich gut darin geworden.«
Ich wollte sie gerade fragen, wie sie dazu gekommen wäre, aber ich hielt mich zurück. In der Vergangenheit hatte sie gedacht, daß Karl noch am Leben wäre, und lange hart daran gearbeitet, ihn ausfindig zu machen. In Dingen, die man lange genug macht, wird man auch gut.
»Ich brauche etwas von ihm«, sagte sie. »Vorzugsweise ein Haar, ein Stück von seinen Nägeln oder etwas, mit dem er eng zu tun hatte.«
»Das Zeichen ist angeblich mit Blut geschrieben worden.«
»Mit seinem eigenen?« erkundigte sich Ahira skeptisch.
»Das ist zwar nicht genau das, was ich wollte, aber es ist immerhin etwas für den Anfang.« Andrea stand auf. »Es gibt einen Heckenzauber in der Stadt. Soweit ich weiß, ist er ein Vertrauter von Lord Ulven. Ich denke, es wird Zeit für einen kleinen Höflichkeitsbesuch unter Kollegen.« Sie trug natürlich nicht die Robe der Zauberer, aber wenn es nötig werden sollte, konnte sie jederzeit schnell demonstrieren, was sie war.
»Warte, bitte.« Ahira hielt eine Hand hoch. »Du hast so etwas schon eine ganze Weile nicht mehr gemacht.«
»Magie?«
Ein Stirnrunzeln verfinsterte sein Gesicht. »Nein. Das übrige.« Er spitzte für einen Moment
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