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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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andere taumelnd auf die Füße kamen. Und dann schwankten wir alle in die Nacht hinaus.
    Wir wankten die Straße entlang, den Hügel hinunter und auf das Zentrum der Stadt zu. Dabei schmetterten wir ein sehr hübsches Seemannslied, das gewöhnlich angestimmt wird, um den Takt beim Ziehen des Tampens anzugeben.
    Ich sang den lautesten Bariton. Einst hatte ich ziemlich lange damit verbracht, einen Seemann darzustellen, oder besser gesagt, tatsächlich einer zu sein, denn es bot die Möglichkeit, sich an der Küste und auf den zerspellten Inseln zu bewegen, ohne irgendwie auffällig zu werden. Außerdem wurden auf Schiffen immer Leute gebraucht.
    Der Lichtschimmer, den ich weiter oben auf dem Hügel gesehen hatte, war im Zentrum der Stadt nicht mehr zu sehen. Die Pfosten waren von einem Dutzend Laternen umgeben. In der Nähe hielt ein Trupp von zehn Soldaten Wache. Wetten, daß sich eine weitere Wache auf der anderen Seite im Schatten des Her renhauses verbarg? In den Kaser nen lagen sicher noch viel mehr Soldaten in Bereitschaft. Küstenstädte wurden immer wieder Opfer von Piratenzügen, und die hiesigen Herrscher wußten, wie man die Truppen einsatzbereit hielt.
    ...so holt tüchtig ein, Matrosen.
Zieht runter den Haufen,
für euer Geld müßt ihr hart arbeiten.
Heute gibt's nichts zu saufen,
so holt tüchtig ein, Matrosen ...
    Einer verließ die Wachtruppe und schritt über den dunklen Platz zu uns herüber.
    »Seid still, ihr da«, sagte er lächelnd. »Mein Herr schläft bei offenen Fenstern, und wenn ihr ihn aufweckt, wird er nicht gerade erfreut sein.«
    Mein neuer Freund legte dem Soldaten kameradschaftlich den Arm um die Schulter. »Er kann Gesang nicht leiden? Was ist denn das für ein Herr?«
    Der arme Soldat würgte beim Geruch seines Atems. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Der Seemann entließ ihn aus seiner Umarmung und ging auf den nächstgelegenen Pfosten zu. Er zog mich am Arm hinterher.
    »Komm und sieh dir an, was wir hier haben. Holla, was haben wir denn hier? Abgemagerte, kleine komische Vögel auf ihren Stangen. Ahoi, magerer kleiner Vogel! Würdest du gerne von da oben herunterfliegen und dich auf meine Hand niederlassen?«
    Bast blickte mit ausgemergeltem Gesicht und stumpfen Augen gleichgültig aus dem Käfig herab. Es gab kein Anzeichen dafür, daß er irgend jemanden wiedererkannte. Wahrscheinlich konnte er überhaupt nicht richtig sehen. Ich hätte nicht darauf wetten mögen, daß er den nächsten Tag überleben würde. Kenda sah noch schlimmer aus. Die beiden in den Käfigen darunter bewegten sich nicht mal; vielleicht waren sie schon tot. Die Käfige waren geschlossen, aber anscheinend nicht zugeschweißt.
    Nein, sie waren überhaupt nicht verschweißt. Als Kenda nämlich ihre Lage leicht änderte, quietschte die Tür in den Angeln. Das war einerseits nicht gut, aber andererseits auch nicht so schlecht, wie es hätte kommen können. Denn immerhin wäre es ja möglich gewesen, daß man sie dort eingeschweißt hatte. Es gab kein Schloß auf Dieser Seite, das ich nicht öffnen konnte, wenn ich die richtigen Werkzeuge und ein paar Minuten zur Verfügung hatte. Das richtige Werkzeug trug ich in meinem Gepäck - die paar Minuten würden allerdings ein Problem werden.
    Das spielt im Moment keine Rolle. Hol jetzt nur Auskunft ein.
    Eine Wache saß in der Tür am Fuße des Belagerungsturms, der wie eine hohe, dicke Säule aussah. Wahrscheinlich war eine Wendeltreppe darin verborgen, denn für eine bloße Leiter hätte der Turm nicht so dick sein müssen. Außerdem war es sehr viel leichter, gefesselte Gefangene über eine Treppe hinaufzuschaffen.
    »Hehehe«, sagte die Wache. »Nicht mit den Verurteilten sprechen. Verschwindet und geht eurer Wege.«
    Wir staksten hinaus in die Nacht und gaben noch ein Lied zum Besten.
    Bei den Docks schickte mein dickfingriger Freund die anderen beiden vor. »Ich möchte mich ein bißchen mit unserem neuen Kumpel unterhalten, klar?« sagte er.
    Die anderen beiden lachten, als sie die Docks hinunter zur schmalen Laufplanke taumelten. Sie kannten seine Vorliebe.
    Ich hätte sie noch eine Weile aufhalten können, aber auf das, was jetzt kam, war ich nicht vorbereitet. Er legte seinen Arm schwerfällig um meinen Nacken und sagte: »Na, war das gut genug, Walter Slowotski ?«
    Er hörte sich auf einmal überhaupt nicht mehr betrunken an.
    Plötzlich war es viel kälter.
    Sein Lächeln war schräg. »Ich habe dich gefragt, ob wir genug herausgefunden haben«, sagte

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