Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
Vom Netzwerk:
vor sich hin grollte.
    »Ich könnte auch gehen«, brummte er.
    Tennetty zog die Luft ein. »So wie du ihm auch helfen könntest, wenn er in Schwierigkeiten kommt?«
    Seine Stimme klang leise und bedrückt: »Ja«, sagte er. »Genauso wie ich ihm helfen könnte, aus den Schwierigkeiten wieder herauszukommen.«
    Das stimmte - er hatte mir beim letztenmal das Leben gerettet - aber das war in diesem Fall unerheblich. Wir sind einfach nicht dafür geschaffen, Gewalt auszuüben, und wir haben auch keine Flügel, um zu fliegen, aber ich sah keine Möglichkeit, das in dieser Nacht zu ändern. Wären wir etwas gnadenloser gewesen, hätten wir die Ingenieure einen weiteren Tag draußen in der heißen Sonne hängenlassen, bevor ich mich aufgemacht hätte, um die Lage auszukundschaften - dann hätten die anderen einen kleinen Vorsprung gehabt, die Stadt zu verlassen, um notfalls Fersengeld zu geben, falls irgend etwas schiefgehen sollte.
    Aber nein. Die armen Kerle schmorten schon tagelang dort oben, verbrannten langsam in der heißen Sonne und hungerten sich zu Tode, während ich keine Möglichkeit sah, sie heute nacht schon zu befreien. Je eher wir herausfänden, was wir zu tun hatten, um so eher konnten wir sie dort herausholen.
    Falls wir sie überhaupt jemals herausholen konnten.
    Denn es ist einfach eine bittere Tatsache, daß die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Sache leider keine Auswirkung auf die Durchführbarkeit eines solchen Unternehmens hat. Auf diesem Gebiet hatte ich allerdings schon einige Lektionen hinter mich gebracht. Ich hoffte inständig, daß dies hier keine weitere werden würde.
    Gerade genug Zeit für einen kurzen Schleichgang, um festzustellen, inwieweit ein Ausbruch oder vielleicht auch nur ein gnädiger Tod die Erlösung für die Ingenieure bedeuten würde.
    Vielleicht aber auch nichts dergleichen. Wenn man nichts tun kann, kann man nichts machen.
    »Es ist soweit«, sagte ich und sprang auf. Ich öffnete die Augen und konnte durch die Augenbinde erkennen, daß die Lichter noch immer brannten. »Licht aus.«
    Ich hörte Scharren und Blasen, und dann: »Das Licht ist aus.«
    Am besten kann man in der Dunkelheit sehen, wenn man als Zwerg zur Welt gekommen ist. Nicht nur, daß sie bei geringstem Licht sehr viel besser sehen können, sie können sogar drei Farbstufen im Infrarotbereich unterscheiden. So können sie selbst bei einer völlig aussichtslosen Verfolgungsjagd im Dunkeln durch fremdes Gebiet und unter Bedingungen, bei denen du und ich gerade noch beten könnten, ihren Weg finden. Diese beste Möglichkeit, im Dunkeln zu sehen, war mir also nicht vergönnt. Für die zweitbeste Möglichkeit muß man erst einmal mit einer angeborenen, ausgezeichneten Nachsichtigkeit gesegnet sein, zweitens muß man immer seine Karotten gegessen haben, ob man sie nun mag oder nicht, und ich mochte sie nun mal nicht. Und drittens muß man seine Augen lange genug an die Dunkelheit gewöhnen, bevor man sich auf ein Abenteuer einläßt. Schwarz ist eine meiner Lieblingsfarben, besonders in der Nacht. Nur schade, daß es die nahezu klassische Farbe für einen Dieb geworden ist. Es wäre bestimmt auch ganz schön gewesen, hätte ich mir Gesicht und Hände mit etwas sch war zer Wichse einreiben können. Aber auch diese Schminke hätte mich sofort als lichtscheues, herumschleichendes Individuum gebrandmarkt, so daß ich das lieber unterließ.
    Einen kurzen Moment faßte mich Ahira bei der Schulter. »Geh nicht zu dicht heran und mach uns keinen Ärger.« Er war rührend darum besorgt, mich ständig von allen Problemen fernzuhalten, und hatte auch nur deshalb meinen nächtlichen Spaziergang erlaubt, weil er einsehen mußte, daß es unbedingt notwendig war.
    »Ich und Ärger?« Ich grinste. »Wie sollte jemand, der so gut aussieht wie ich, jemals Ärger bekommen?«
    Er lächelte zwar nicht, aber sein grimmiges Gesicht glättete sich etwas. »Das ist nur zu wahr. Geh also nicht zu nahe heran - denn du bist viel zu erstklassig, um dich mit den Feinheiten der Pfähle der Bestrafung vertraut zu machen. Verschaff dir nur einen kurzen Überblick der augenblicklichen Lage und komm dann schnell zurück.«
    »Klar.«
    Was aber nun trägt der gut gekleidete Dieb in dieser Saison: schwarze Baumwollpumphosen aus strapazierfähigem dickem Gewebe, sorgfältig in einfache Lederstiefel gestopft, die einmal bessere Tage gesehen haben, ein dunkles Fellhemd mit einem frechen Schlitz bis zur Taille. Darüber hüllt er sich in einen

Weitere Kostenlose Bücher